Netflix ließ einen digitalen Albtraum ohne Biss aus Italien produzieren.
In einer Welt, in der Technologie allgegenwärtig ist, sind Filme, die die dunklen Seiten der digitalen Vernetzung beleuchten, keine Seltenheit mehr. Der italienische Netflix-Thriller
«The App» aus dem Jahr 2019 unternimmt den Versuch, sich mit den dunklen Seiten der digitalen Vernetzung auseinanderzusetzen, kann jedoch auf nahezu allen Ebenen nicht überzeugen. Unter der Regie von Elisa Fuksas, die bisher vor allem in der italienischen Filmindustrie tätig war, bleibt der Spielfilm ein uninspirierter Versuch, ein komplexes Thema in einen spannenden Thriller zu transformieren. Das IMDb-Ranking von 2,8 von 10 zeigt, dass der Film sein Publikum kaum überzeugen konnte.
Die Handlung des Films «The App» kreist um die Figur des Niccolò, einem jungen, privilegierten Schauspieler, der kurz davor steht, in einer Verfilmung von Dostojewskis "Der Idiot" seine erste große Hauptrolle zu übernehmen. Während seines Aufenthalts in Rom verwendet er eine zunächst harmlos erscheinende Dating-App namens "Noi". Die anfängliche Spielerei entwickelt sich rasch zu einer gefährlichen Obsession, welche das Leben des Protagonisten Niccolò vollständig aus der Bahn wirft. Die Anwendung suggeriert, dass sie dazu imstande ist, den perfekten Partner zu finden. Allerdings führt sie den Protagonisten statt in eine erfüllte Beziehung in eine Spirale der Isolation und Verzweiflung. Die virtuelle Beziehung zu einer mysteriösen Frau namens Laura nimmt zunehmend bizarre Züge an, sodass Niccolò schließlich nicht mehr in der Lage ist, Realität und Fiktion voneinander zu unterscheiden.
Die Handlung, die auf den ersten Blick durchaus als spannend wahrgenommen werden könnte, entpuppt sich schnell als oberflächlich und vorhersehbar. Die als psychologischer Thriller beworbene Produktion offenbart sich bei näherer Betrachtung als Aneinanderreihung von Klischees sowie als müder Abklatsch besserer Filme. «The App» verfehlt die Entwicklung einer originären Form von Originalität oder Tiefgang und präsentiert stattdessen generische Plot-Twists, die weder in der Lage sind, zu überraschen, noch zu fesseln.
Das zentrale Thema des Films ist die Gefahr, die von moderner Technologie und insbesondere von sozialen Medien und Apps ausgeht. Bedauerlicherweise verbleibt die filmische Darstellung dieser Gefahren jedoch auf einer oberflächlichen Ebene. Die App "Noi", die als zentrales Element der Handlung fungiert, wird zwar als bedrohlich und mysteriös dargestellt, doch die Ausführung lässt zu wünschen übrig. Eine fundierte Auseinandersetzung mit den psychologischen und sozialen Auswirkungen solcher Technologien bleibt aus; stattdessen verstrickt sich der Film in oberflächliche Darstellungen und unglaubwürdige Szenarien.
Es gelingt dem Film nicht, die tatsächliche Bedrohung, die von allgegenwärtiger Technologie ausgeht, nachvollziehbar zu machen. Der Film präsentiert sich vielmehr als eine verwässerte Version von Filmen wie «Black Mirror», wobei es ihm an der erforderlichen Tiefe und Raffinesse mangelt. Die Darstellung der Technologie als eine beinahe übernatürliche Kraft ist wenig glaubwürdig und wirkt unfreiwillig komisch.
Ein weiteres signifikantes Defizit des Films «The App» manifestiert sich in der unzureichenden Charakterisierung der Figuren. Die Figur des Niccolò bleibt über die gesamte Filmlänge hinweg blass und uninteressant. Die mit der App einhergehende Obsession des Protagonisten wirkt unmotiviert und unglaubwürdig, was es dem Zuschauer erschwert, sich in dessen Situation hineinzuversetzen. Auch die Nebencharaktere, insbesondere seine Freundin Eva (Jessica Cressy), werden lediglich als blasse Schablonen dargestellt, deren Handlungen häufig als unlogisch und klischeehaft wahrgenommen werden.
Die Dialoge sind von geringer Qualität und ohne Inspiration, was die ohnehin schon schwache Handlung weiter schwächt. Anstelle von tiefgründigen Gesprächen oder psychologischer Komplexität präsentiert die italienische Produktion überwiegend oberflächliche und vorhersehbare Dialoge, welche die Charaktere und ihre Motive nur unzureichend beleuchten. In der Konsequenz bleibt der Film emotional distanziert und vermag es nicht, den Zuschauer zu berühren.
Als einer der wenigen positiven Aspekte des Films kann die visuelle Umsetzung identifiziert werden. Die kühle, sterile Ästhetik korrespondiert mit dem Thema der Entfremdung durch Technologie. In dieser Hinsicht vermag der Film ebenfalls nicht, die an ihn gestellten Erwartungen zu erfüllen. Obschon die Bildsprache und die Kameraführung als solide zu bezeichnen sind, mangelt es dem Film an visueller Kreativität, welche erforderlich gewesen wäre, um die düstere Thematik adäquat zu vermitteln.
Die optische Inszenierung kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film inhaltlich weitgehend leer ist. Die ansprechende Optik vermag es nicht, die Defizite hinsichtlich der Handlungstiefe und der Charakterzeichnungen zu kompensieren. Obgleich der Film über visuelle Qualitäten verfügt, bleibt er dennoch unbefriedigend und oberflächlich.
Der finale Akt von «The App» besaß das Potenzial, den Film zu retten oder zumindest einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Der ohnehin bereits schwache Plot wird in ein Finale geführt, das in höchstem Maße unglaubwürdig und enttäuschend ist. Die zunehmende Paranoia des Protagonisten sowie die Eskalation seiner Situation hätten durchaus spannungs- und dramatiksteigernd inszeniert werden können. Stattdessen präsentiert der Film ein uninspiriertes und verwirrendes Ende, das mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet.
Im letzten Drittel des Films, in dem die Handlung zunehmend surreal und bizarr wird, verliert die Erzählung jegliche Bodenhaftung. Anstelle einer schlüssigen Auflösung oder einer tiefgründigen Botschaft endet «The App» in einer chaotischen Abfolge von Ereignissen, die weder logisch noch spannend sind. Der Versuch, durch symbolische Bilder oder pseudo-philosophische Andeutungen Bedeutung zu erzeugen, ist als gescheitert zu betrachten.
«The App» ist ein Film, der ein beträchtliches Potenzial aufweist, dieses jedoch in jeder Hinsicht ungenutzt lässt. Die Handlung ist schwach, die Charaktere uninteressant und das Ende enttäuschend. Der Film kann somit die Erwartungen nicht erfüllen. Das Thema der technologischen Bedrohung, das ein breites Spektrum an spannenden und tiefgründigen Erzählmöglichkeiten bietet, wird in diesem Film lediglich oberflächlich und klischeehaft behandelt. Wer sich für Techno-Thriller interessiert, sollte diesen Film eher meiden und sich nach Alternativen umsehen, die das Thema besser behandeln.