Lavinia Nowak: ‚Das Eislauf-Training hat mir unheimlich viel Freunde gemacht‘

In «Kati Eine Kür, die bleibt» schlüpft die Schauspielerin in die Haut von Kati Witt. Im Gespräch mit Quotenmeter sprechen wir auch über den legendären achten Platz – hinter Tanja Szewczenko – bei den Olympischen Spielen.

Sie spielen die Hauptrolle in dem neuen Film «Kati Eine Kür, die bleibt». Sie wurden ein Jahr später nach den Ereignissen geboren. Wie haben Sie sich auf die Arbeit vorbereitet?
Ich hatte im Vorfeld fünf Monate Zeit um mich vorzubereiten. Ich habe das gesamte Internet nach Katarina -Witt-Videos durchforstet, ich habe ihre Autobiografie gelesen und konnte mir dann, durch meine Detektivarbeit, langsam ein Bild von der Person Katharina hinter der medialen Maske machen. So konnte ich einen Bogen für die Figur entwickeln, der widerspiegelt was ich mit der Rolle erzählen möchte. Und ich glaube es ist uns gelungen K.W. von einer Seite zu zeigen die bisher nur wenige kannten.

Im nächsten Schritt habe ich mir ihre Mimik, Gestik und Sprechweise angeeignet. Und dann war da natürlich das Eislaufen: Das letzte Mal auf dem Eis war ich mit vierzehn. Ich konnte geradeausfahren, gebremst habe ich, indem ich in die Bande knallte. 😀 Ich ging nun also vier Mal die Woche zum Training. Morgens um 8 stand ich drei Stunden auf dem Eis, musste dann direkt zur Theaterprobe und hatte abends Vorstellung, mit Muskelkater in den Beinen. Es war also ein ziemlich taffer Zeitplan.

Als Theaterschauspielerin bin ich hartes trainieren aber gewöhnt. Das Eislauf-Training hat mir unheimlich viel Freunde gemacht und ich bin schnell vorangekommen. Trainiert habe ich mit Inge Strell, die selbst Olympionikin war. Sie ist inzwischen über 80 und unterrichtet immer noch von morgens bis abends mit Leidenschaft. Dank ihr kann ich nun sehr gut Rückwärtsübersteigen, Pirouetten und einen ersten Sprung!

Kati Witt hatte nach sechs Jahren Abstinenz nur den achten Platz hinter Tanja Szewczenko geholt. Hatten Sie sich im Vorfeld mit diesem Aufgang auseinander gesetzt?
Das ist ein interessanter Punkt im Film und definitiv mein Lieblingsmoment zum Spielen gewesen. Sie gewinnt nicht die Medaille. Dadurch ist es keine klassische Heldengeschichte, sondern eine Geschichte über Katharinas erste Niederlage. Es geht aber eben nicht darum zu gewinnen oder zu verlieren.

Welche Geschichte erzählt «Kati – Eine Kür, die bleibt»?
Katharina, mittlerweile ein Weltstar kommt aus den USA zurück in ein Land, dass es nicht mehr gibt und beschließt um den Stolz ihrer Nation zu verteidigen nochmal bei den Olympischen Spielen anzutreten, diesmal für ganz Deutschland. Siegessicher begibt sie sich gemeinsam mit ihrer Trainerin auf den Weg und muss merken wie viele Steine ihr im Weg sind. Sie kämpft wie niemals zuvor.

Was hat Sie an der Rolle der Katarina Witt besonders gereizt?
Katarina ist eine reale Person und alle die sie kennen haben ein Bild von ihr, eine Meinung über sie etc. Anfangs habe ich mich gefragt, wie ich es schaffe, diesem Bild gerecht zu werden bis ich irgendwann darauf gekommen bin, dass ich das gar nicht muss und das es viel spannender ist dem Publikum eine Seite Katharinas zu zeigen die sie noch nicht kennen.

Außerdem stehen hier zwei Frauen im Mittelpunkt deren Geschichte erzählt wird, befreit von allen Klischees von Weiblichkeit.

Wie war es, die Beziehung zwischen Katarina Witt und ihrer Trainerin Jutta Müller darzustellen, insbesondere angesichts der historischen und emotionalen Tiefe dieser Beziehung?
Katharina kommt aus den USA zurück zu ihrer alten Ost Trainerin und bittet Frau Müller, sie bei einem erneuten Olympiaantritt zu unterstützen. Hier prallen zwei Welten aufeinander. Die Verbindung der beiden war damals geprägt von Drill und Gehorsam. Katharina ist aber nun eine unabhängige, erwachsene Frau und ihrer Trainerin fällt es schwer das zu akzeptieren. Da entstehen natürlich Spannungen. Und auch der Kapitalismus prallt auf den Kommunismus. So müssen die beiden neue Wege finden miteinander umzugehen.

Welche Herausforderungen gab es für Sie bei den Dreharbeiten zu den Eiskunstlauf-Szenen?
Fast hätte ich es geschafft in den zwei Monaten Vorbereitungszeit auf Olympia-Niveau zu kommen. Aber nur fast, deswegen hatte ich zwei Double aus dem tschechischen Olympia-Kader, die uns unterstützt haben. Die Eishalle war leider unbeheizbar und hatte konstant vier Grad. Das war fast das Härteste während des Drehs, weil man am Set ja bekanntlich gerne mal ein paar Stunden warten muss. Wenn ich dann laufen durfte war alles in Ordnung.

Wie war die Zusammenarbeit mit Dagmar Manzel, die Jutta Müller spielt, und wie haben Sie gemeinsam die Chemie zwischen Ihren Charakteren entwickelt?
Wir haben uns beide unabhängig voneinander vorbereitet. Anders als mit anderen Kollegen, haben wir uns gar nicht miteinander besprechen müssen. Die Chemie war sofort da. Diese zwei Figuren haben unglaublich viel Respekt voreinander. Sie tanzen umeinander herum und man weiß nie, was als nächstes passiert. Wir haben unsere Geheimnisse voreinander bewahrt, dadurch entsteht eine Dauerspannung, der man sich nicht entziehen kann.

Der Film thematisiert den Identitätsverlust nach dem Zusammenbruch der DDR. Wie haben Sie diese komplexe emotionale Situation für Ihre Rolle interpretiert und dargestellt?
Als Kati den Identitätsverlust ihres Landes zu spüren bekommt, beschließt sie etwas dagegen zu tun. Dieser Moment ist der Schlüsselpunkt des Films. In meinem Umfeld gibt es viele Ex-DDRler, die diese Zeit alle sehr unterschiedlich wahrgenommen haben. Ich habe viele Gespräche geführt, auch mit Katarina und konnte mich in alle diese Menschen einfühlen. Das hat mir auf meiner Suche sehr geholfen.

Gibt es bestimmte Szenen oder Momente im Film, die Ihnen besonders am Herzen liegen oder auf die Sie besonders stolz sind?
Ich mag besonders die Einsamkeit der Figuren und die Momente mit Katarinas Eltern, weil in dieser Beziehung so viel Liebe steckt.

Können Sie uns schon verraten, welches Projekt als nächstes ansteht?
Sie können mich im Volkstheater Wien besuchen kommen. Momentan kann man mich als „Brutus“ den Cäsar-Mörder erleben in der Rom-Tragödie nach Shakespeare unter der Regie von Luc Perceval.

Außerdem freue ich mich auf den Western „Bullettime“. Regie: Kay Voges den wir jeden Abend mit live Kamera drehen werden. Man kann uns also sowohl auf der Bühne spielen, als auch in einem live gedrehten Film, der darüber läuft zusehen.

Danach kommt „Camino Real“ von Tennessee Williams indem ich die Zigeunerin Esmeralda spiele und die Bühne mit der Band Calexico teilen werde, was ziemlich spannend wird (Regie Anna - Sophie Mahler) und zum Krönenden Abschluss freue ich mich auf eine Arbeit mit der Regisseurin Claudia Bauer, die ich sehr schätze. Filmprojekte gibt es auch, aber über die darf ich leider noch nicht sprechen...

Viel Erfolg!

«Kati Eine Kür, die bleibt» ist bereits in der ZDFmediathek abrufbar. Das ZDF strahlt den Film am Donnerstag, den 3. Oktober 2024, um 20.15 Uhr aus.
29.09.2024 12:40 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/155037