‚Das Leben hat nicht immer ein Happy End‘
Das Drama «Aus dem Leben» mit dem Ehepaar Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer geht am Mittwoch auf Sendung. Die Produzenten des Filmes Dagmar Konsalik und Bernd von Fehrn sprachen über das Thema Schlaganfall mit Quotenmeter.
«Aus dem Leben» thematisiert einen Schlaganfall als eine der dritthäufigsten Todesursachen in Deutschland. Was hat Sie dazu bewogen, dieses Thema als Produzent aufzugreifen und filmisch umzusetzen?
Dagmar Konsalik: Es hat uns und die beiden Hauptdarsteller, die von Anfang an bei der Erarbeitung des Stoffes intensiv eingebunden waren, gereizt, ein Thema aufzugreifen, das leider viele Menschen betrifft und von einer auf die andere Sekunde das Leben komplett verändert. Angst, Verzweiflung, Hoffnung – alle Gefühle brechen auf. Was macht das mit den Betroffenen, wie verarbeitet man diese Ausnahmesituation. Was bedeutet das für eine Beziehung, wieviel erträgt Liebe?
Bernd von Fehrn: Unsere Gesellschaft denkt immer noch in binären Dimensionen. Es gibt meist nur „gut“ und „böse, „hell“ und „dunkel“ oder eben auch „krank“ und „gesund“. Die Zwischentöne, die viel authentischere Realität jenseits dieser Pole – die wollten wir mit „Aus dem Leben“ exemplarisch – und sinnlich – aufgreifen. Eine schwere Erkrankung und/oder Krankheit stellt immer eine immens große Herausforderung für die betroffene Person und ihr Umfeld dar. Und wahrscheinlich auch die größtmögliche Erschütterung in einer Beziehung. Es ist aber dennoch möglich, eine durchaus „gesunde“ und schöne Beziehung zu l(i)eben, auch wenn eine Krankheit den gemeinschaftlichen Alltag dominiert.
Die Kombination aus einem schweren Krankheitsverlauf und einer über 25 Jahre andauernden Ehe macht den Film besonders intensiv. Was hat Sie an dieser Verbindung von Krankheit und langjähriger Beziehung als Produzent fasziniert?
Bernd von Fehrn: Gemeinsam mit Drehbuchautor Johann Bunners wollten wir eine Geschichte erzählen, welche die Belastbarkeit einer Beziehung so plastisch wie möglich zeigt. Denn wir bleiben ja nicht verliebt wie am ersten Tag. Die Dinge ändern sich, werden ritualisiert, verlieren vielleicht an Reiz aber gewinnen womöglich an Vertrauen, Tiefe und Verbundenheit. Wie aber gehen wir mit größeren Unruhen um, die die Zweisamkeit aus der Balance werfen kann? Wieviel davon kann eine Beziehung aushalten? Der Schlaganfall war dabei in der Erzählung eine kraftvolle Metapher für die größtmögliche Erschütterung, die einer Beziehung widerfahren kann.
Dagmar Konsalik: Eigentlich ist „Aus dem Leben“ ein Film über die Liebe – und über einen Schlaganfall mit dessen Folgen, der ein Paar unerwartet in eine völlig veränderte Lebenswirklichkeit katapultiert. Besonders reizvoll war dabei, dass die Hauptrollen von zwei Darstellern gespielt werden, die auch im echten Leben ein Ehepaar sind.
Die Regiearbeit übernahm Katrin Schmidt. Wie haben Sie im Vorfeld mit ihr den Film vorbereitet? Welche Kontroversen und welche Gemeinsamkeiten gab es zu Beginn?
Bernd von Fehrn: Katrin Schmidt – ebenso wie ihr kongenialer Kameramann Markus Schott - waren echte Glücksfälle für das Projekt, da beiden an absoluter Authentizität, Nahbarkeit und Wahrhaftigkeit abseits von unnötiger Romantisierung gelegen war. Beide haben es dank einer manchmal kühnen und dabei doch zurückhaltenden und sensiblen Inszenierung und Bildsprache geschafft, die Kraft der Resilienz spür- und erlebbar zu machen.
Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer sind im echten Leben verheiratet und spielen im Film ein Ehepaar. Wie hat ihre persönliche Beziehung die Dynamik am Set und die Arbeit an diesem Projekt beeinflusst?
Dagmar Konsalik: Viele Szenen strahlen eine besondere Kraft und Innigkeit aus. Einen schweren Schlaganfall mit all den optischen Veränderungen, den Einschränkungen der Mobilität und dem teilweisen Verlust der Sprache zu spielen, ist eine ganz besondere, emotionale Herausforderung. Darauf haben sich die beiden bis zur Schmerzgrenze eingelassen. Diese Intensität hat jeden am Set sehr berührt.
Was waren aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für das Schauspielerteam bei der Umsetzung der emotionalen Tiefe, die diese Geschichte erfordert?
Dagmar Konsalik: Die Szenen im Krankenhaus z.B. gehen wirklich an die Substanz. Obwohl es eine Rolle ist, begegnet man den eigenen Ängsten. Das ist herausfordernd. Die aufwändige Maske tat ein Übriges. Das war so echt und real, die Verzweiflung wurde greifbar und die aufkeimende Hoffnung berührte tief.
«Aus dem Leben» handelt auch davon, wie Liebe und Beziehungen in Krisenzeiten getestet werden. Welche Kernbotschaft wollten Sie als Produzent diesbezüglich vermitteln?
Dagmar Konsalik: Liebe kann angeblich auch Berge versetzen, aber wenn Traumvorstellung auf harte Realität trifft, helfen keine romantischen Allgemeinplätze mehr. Dann geht es um alles. Kann eine langjährige Beziehung so eine Herausforderung meistern? Überlebt die Liebe, siegt das Mitleid oder zerbricht alles. Solch ein Spannungsfeld wollten wir zeigen.
Bernd von Fehrn: Aber eben auch das „Sich-selbst-in-die-Verantwortung-respektive-in-die-Pflicht- Nehmen“ spielt eine bedeutsame Rolle. Parallel zur Haupthandlung verfolgen wir ja im B-Plot den Entscheidungsweg der Tochter unser Protagonist*innen, die anfänglich in den unterschiedlichsten Beziehungsgeflechten (zu ihren Eltern, zu ihrem Freund etc.) Halt und Unterstützung sucht und das Ruder nicht selbst übernehmen mag. Sie wächst an den auf sie einstürzenden Ereignissen, weil sie zunehmend bereit ist, eigene – auch unbequeme - Entscheidungen zu fällen.
Die realistische Darstellung eines Schlaganfalls erfordert viel Vorbereitung. Wie haben Sie und das Team sichergestellt, dass der Krankheitsverlauf authentisch und nachvollziehbar dargestellt wird?
Bernd von Fehrn: Drehbuchautor Johann Bunners hat schon ab dem ersten Ideenpapier und die gesamte Bucharbeit hindurch akribisch recherchiert und Fachberatung eingeholt. Vor allem den Kolleg*innen der „Stiftung Deutsche Schlaganfall Hilfe“ sei hier noch einmal herzlich gedankt.
Dagmar Konsalik: Auch unmittelbar vor und während dem Dreh wurde sich regelmäßig mit Experten abgestimmt. Vor allem Ann-Kathrin Kramer hat sich sehr akribisch vorbereitet und mit den physischen und psychischen Auswirkungen eines Schlaganfalls intensiv auseinandergesetzt, um den Verlauf der Krankheit authentisch darzustellen.
Der Film lässt den Ausgang des Kampfes gegen die Krankheit offen. Welche Intention hatten Sie mit diesem Ende, und was wollten Sie in Bezug auf Hoffnung und Resilienz ausdrücken?
Dagmar Konsalik: Das Leben hat nicht immer ein Happy End parat, so sehr man auch kämpft. Man soll sein Schicksal annehmen, sich auf das fokussieren, was bleibt, loslassen und Hoffnung schöpfen– das ist leicht gesagt. Denn der Weg ist steinig und steil – aber es gibt einen Weg. Das ist die Botschaft.
Inwieweit haben persönliche oder emotionale Erfahrungen Ihre Entscheidungen als Produzent bei diesem Film beeinflusst?
Dagmar Konsalik: Wahrscheinlich ist fast jeder schon entweder im nahen oder erweiterten Umfeld mit einem Schlaganfall konfrontiert worden. Insofern war es auch ein Bedürfnis, eine lebensnahe und authentische Geschichte zu erzählen, die nicht beschönigt, aber auch nicht hoffnungslos macht.
«Aus dem Leben» stellt schwierige Fragen zu Liebe, Verlust und Kampfgeist. Was hoffen Sie, dass die Zuschauer aus dem Film für ihre eigenen Beziehungen und Herausforderungen mitnehmen?
Bernd von Fehrn: Ausdauer zu beweisen, den Moment in seiner Gänze auszukosten und anzuerkennen, dass auch in Hindernissen – mögen sie noch so unüberwindbar wirken – immer eine Chance liegt. Ich habe gerade ein Sachbuch mit dem Titel „Leben heißt, das Verlierbare lieben“ geschenkt bekommen. Und diese Überschrift trifft es eigentlich sehr schön.
Das Erste strahlt «Aus dem Leben» am Mittwoch, den 9. Oktober 2024, um 20.15 Uhr aus.