Florian Schott über die Dreharbeiten: ‚Es braucht natürlich sehr sehr viel Planung‘

Am Donnerstag strahlt Das Erste den dritten «Dänemark-Krimi» aus. Florian Schott verfilmte das Drehbuch von Timo Berndt.

Herr Schott, der dritte «Dänemark-Krimi» dreht sich um die Verwicklungen innerhalb der Polizei. Was hat Sie an dieser Thematik besonders gereizt?
Vor allem hat mich an der Geschichte das Thema des Umgangs mit Schuld interessiert. Die Polizistin Ida Sörensen hat ja im zweiten «Dänemark-Krimi» den Tod ihres Ex-Freundes mitverschuldet und daher versucht sie nun, sich besonders um ihre jüngere Kollegin Emma zu kümmern, die zu Beginn des Films zwei Tode mitzuverantworten hat, aber einen ganz anderen Umgang mit der eigenen Schuld wählt als Ida.

Diese Schuldverarbeitung als Motivation für Ida und ihre Ermittlungen zu wählen, fand ich sehr spannend. Natürlich auch die Art, in der Ida im Verlauf des Films lernen muss, die eigene Schuld zu verarbeiten und loszulassen.

Marlene Morreis verkörpert erneut die eigenwillige Polizistin Ida Sörensen. Was schätzen Sie an ihrer Darstellung und wie beeinflusst sie die Dynamik des Films?
Ich mochte Marlene schon sehr in den ersten beiden Teilen des Dänemark-Krimis und es war eine wirklich tolle Zusammenarbeit. Marlene ist eine tolle, sehr intuitive Schauspielerin und von unseren ersten Gesprächen an war es klar, dass wir die Rolle von Ida sehr ähnlich sehen.

Das Schöne am «Dänemark-Krimi» ist ja, dass man nicht Kommissaren folgt, deren Job ist, Fälle aufzuklären, sondern zwei normalen Polizisten. Und Marlene hat eine wunderbare Art, diese Sturheit, wenn Ida ihre Alleingänge macht, darzustellen. Gerade die Dynamik mit ihr und Nicki von Tempelhoff hat einen sehr großen Spaß gemacht, zu inszenieren und gibt der Geschichte eine eigene Dynamik.

Die Handlung beginnt dramatisch mit einem tödlichen Vorfall am Dom von Ribe. Welche Herausforderungen bringt es mit sich, solche intensiven Szenen zu inszenieren?
Erstmal braucht es natürlich sehr sehr viel Planung. Die Sequenz der ersten 10 Minuten spielen in Ribe, sind aber gedreht in einer Mischung von Drehorten in Ribe, Lüneburg und einem Kirchturm in Hamburg. Jede Gasse, jeder Winkel ist hier genau ausgewählt.

In einem Kirchturm auf fünfzig Metern Höhe zu drehen bedarf sehr genauer Planung, Kommunikation und Sicherheitsvorkehrungen. Für uns alle war diese Sequenz sehr wichtig, daher war klar, dass wir hier in Sachen Zeit und Budget viel des Films in die ersten 10 Minuten investieren müssen.

Ich habe mit Kameramann Simon Schmejkal jeden Kamerawinkel und den Rhythmus des Prologs genau geplant und dann waren wir sicherlich fünf- oder sechsmal vor dem Dreh auf dem Kirchturm, um mit Produktion, Ausstattung, Kamera, Licht, Stunt und dem Sicherheitsteam zu besprechen, was wir wann genau dort drehen.

Diese Sequenz war sehr viel Arbeit aber ich bin stolz auf das Ergebnis.

Der Dom in Ribe ist ein eindrucksvoller Drehort. Wie wichtig war Ihnen die Wahl dieser Originalschauplätze für die Atmosphäre des Films?
Der «Dänemark-Krimi» lebt von natürlich von Dänemark und seinen Orten und Landschaften. Und auch wenn man bei diesen Produktionen leider immer nur eine begrenzte Zeit hat, die man wirklich in Dänemark drehen kann, so ist es doch umso wichtiger, diese besonderen Orte auch zu zeigen. Ribe und die Dänischen Landschaften und deren einzigartige Atmosphäre sind ja auch etwas, was den Dänemark-Krimi von vielen anderen Reihen abhebt.

Daher habe ich sehr großen Wert darauf gelegt, so viel wie möglich außen zu drehen, Szenen in den Ort oder die Umgebung zu legen und gerade die Landschaften auf Rømø auch wirkungsvoll zu fotografieren. Es hat uns natürlich sehr geholfen, dass der Dänische Herbst so bewölkt und nass war, wie wir es für diesen Film brauchten.

Ida Sörensen zweifelt an der offiziellen Version des Falls. Wie haben Sie diese Zerrissenheit der Figur filmisch umgesetzt, um ihre inneren Konflikte sichtbar zu machen?
Ich habe viele Gespräche mit Marlene Morreis geführt, so dass wir immer wussten, was gerade in Ida vorgeht. Es ist natürlich in dem Fall sehr dankbar, eine Schauspielerin wie Marlene zu haben, da muss man am Ende gar nicht groß tricksen, so gerne schaut man ihr zu. Wir haben aber auch immer versucht, mit der Kamera physisch nah bei ihr zu sein. Und viel der Geschichte aus Idas Perspektive zu erzählen, nie zu weit weg von ihr, nie zu objektiv zu erzählen.

Tobias Oertel und Lukas Zumbrock spielen zwei zwielichtige Charaktere in einer Dealerbande. Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit diesen Schauspielern und die Inszenierung ihrer Rollen erlebt?
Es hat großen Spaß gemacht, mit Tobias und Lukas zu arbeiten. Lukas ist ja eher gegen den Typ besetzt, aber er ist ein wirklich toller Schauspieler und ich hoffe, bald wieder die Gelegenheit zu haben, mit ihm zu drehen. Und Tobias ist nicht nur ein toller Schauspieler, sondern auch ein wahnsinnig angenehmer Mensch, mit dem man gerne Zeit verbringt.

Auch hier habe ich mit beiden vor dem Dreh über ihre Rollen und die Ideen, die man hat, gesprochen. Und beim Dreh setzen wir das dann um. Es war sowieso ein großer Glücksfall, dass das gesamte Ensemble des Films wirklich nicht nur sehr gut war, sondern auch noch total nett, das hilft definitiv, wenn man soviel Zeit miteinander verbringt.

Das Drehbuch stammt von Timo Berndt. Wie war Ihre Zusammenarbeit mit ihm und wie haben Sie seine Vision des Films in Ihre Regiearbeit eingebracht?
Ich hatte das Glück, dass Timo bereits ein sehr gutes Buch geschrieben hat, als ich im März 2023 zum Projekt kam. Ein gutes Buch macht meine Arbeit natürlich deutlich leichter. Dazu kannte ich Timo bereits, wir haben uns 2017 bei einer Folge von «Die Chefin» kennengelernt und unsere Zusammenarbeit hat da schon gut funktioniert.

Wir hatten dann die nächsten Monate einige Besprechungen, mit Timo, der Produktion und Redaktion, um an Struktur des Films, den Charakteren und ihren Beziehungen zu arbeiten. Mir war vor allem wichtig, die Rolle von Emma zu vertiefen und das Thema des Umgangs mit der Schuld deutlich zu machen. Ein gutes Buch spornt natürlich auch an, die passenden Bilder dazu zu finden und es so umzusetzen, dass auch der Autor stolz auf den Film sein kann.

«Der Dänemark-Krimi» verbindet Krimi mit persönlichem Drama. Wie gelingt es Ihnen, diese beiden Genres harmonisch miteinander zu verknüpfen? Versuchen Sie sich von anderen Reihen bewusst zu unterscheiden – und wie?
Ich habe ja diverse Serienfolgen von Krimis inszeniert und für mich ist es immer das Persönliche, der Umgang von Menschen mit dem Tod, mein eigener Zugang in die Geschichten. Das hat mich auch bei anderen Formaten immer mehr interessiert als die Frage nach dem Täter. Daher war hier das Drama ein schöner Zugang, den ich mir ansonsten sowieso suche.

Aber ich habe natürlich auch probiert, dem «Dänemark-Krimi» eine eigene Marke zu geben. Dafür habe ich mir viele skandinavische Filme, gerade Krimis, angesehen und habe versucht, das Besondere, eher wortkarge, dafür sehr atmosphärische, sowohl in Bildsprache und Rhythmus, in Ton und Musik als auch im Spiel der Schauspieler, umzusetzen und somit einen Film zu machen, der sich von anderen deutschen Krimis abhebt.

Welche Bedeutung hat die Figur der investigativen Journalistin Bente Bruun für die Handlung, und wie wichtig war es, ihre Geschichte zu erzählen?
Bente ist Idas erster Zugang zu den verborgenen Machenschaften in Ribe. Der Film braucht ein Krimi-Element und einen "Fall", dem Ida nachgehen muss, und da passt eine investigative Journalisten, dessen Spuren Ida verfolgen kann, natürlich gut in die Geschichte. Mir war es aber sehr wichtig, dass die Tote, das Mädchen im Kirchturm, im Film durch Fotos und Videos immer wieder präsent bleibt und wir dem Zuschauer klar machen, dass es sich bei ihr nicht nur um einen Fall sondern ein echtes, menschliches Schicksal, handelt.

Nach diesem dritten «Dänemark-Krimi»: Wie sehen Sie die Weiterentwicklung der Serie und gibt es Pläne für zukünftige Episoden?
Diese Frage kann ich gar nicht beantworten. Natürlich sprechen wir grob darüber, wie es weitergehen könnte, aber das ist nicht in meiner Hand. Was wir aber mit dem Ende des Films gesetzt haben ist eine Veränderung in der Beziehung zwischen Ida und Magnus und ich hoffe, dass zukünftige Filme das fortsetzen werden und sich die Dynamik zwischen den beiden noch einmal vertieft.

Die Arbeit mit allen Beteiligten hat mir aber so großen Spaß gemacht, dass ich sehr hoffe, wieder dabei zu sein, wenn es mit dem Dänemark-Krimi weitergeht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Erste strahlt «Der Dänemark-Krimi» am Donnerstag, den 10. Oktober 2024, um 20.15 Uhr aus.
09.10.2024 12:36 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/155284