Ein geopolitischer Atlas legt die Karten zu Konflikten der Gegenwart auf den Tisch.
Wenn es in den Medien um internationale Politik geht, sind die Sympathien oft einfach verteilt. Erst beim näheren Blick zeigt sich, wie viele Faktoren in festgefahrene Auseinandersetzungen einfließen und was manche Region zu einem Pulverfass macht. Alte Konflikte und neue Bündnisse spielen eine Rolle. Rohstoffe, wirtschaftliche Einflussnahmen und kulturelle Hintergründe sind relevant. Aber wie lässt sich diese komplexe Gemengelage verstehen?
Das neue Buch des französischen Autorenduos Émilie Aubry und Frank Tétart hilft aus. In "Die Welt der Gegenwart. Ein geopolitischer Atlas" legen die Journalistin und der geopolitische Berater die Karten auf den Tisch. Und sie ergänzen sie um jene Schlüsselinformationen, mit denen sich aktuelle Konflikte geografisch einordnen und politisch besser verstehen lassen. Über 100 Karten versammelt das Buch und es hat sämtliche Kontinente im Blick.
Manchem Leser dürften die Autoren vorkommen. Tatsächlich handelt es sich um die Macher der Fernsehsendung «Mit offenen Karten». Und auf dem Prinzip dieses geopolitischen Magazins, das über den öffentlich-rechtlichen Fernsehkanal Arte ausgestrahlt wird, basiert auch das Buch. Gegenüber dem faktengesättigten Kurzformat hat der gedruckte Atlas aber einige Vorteile. Das Buch lässt sich als ein praktisches Nachschlagewerk nutzen. Die Karten heben Konfliktursachen konzise und sachlich hervor. Auch die kombinierte Lektüre verschiedener Karten lohnt sich. Sie baut ein tieferes Verständnis der internationalen Lieferketten und Bündnispolitiken auf.
Geordnet ist der Atlas - wie sollte es anders sein - anhand geografischer Abschnitte. Die Großkapitel orientieren sich entlang der Kontinente. Die einzelnen Beiträge widmen sich den wichtigsten Konflikten, die sich vor Ort und entlang der Grenzlinien abspielen. Den Anfang innerhalb Europas macht der aktuelle Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Im letzten Buchteil finden sich außerdem Karten zu Themen, die sich nicht auf eine einzelne Region beschränken. Dazu zählen brisante Themen wie die Klimakrise, die Frage der Auswirkung von Epidemien, die weltweite Digitalisierung und der geopolitische Blick auf die Verkehrspolitik.
Der gelungene Brückenschlag zwischen Geografie und Politik anhand konkreter Beispiele vermittelt Wissen auf unterhaltsame Weise. Das Buch zeigt, dass niemand einen Doktor in Politikwissenschaft benötigt, um das Weltgeschehen zu begreifen. Und es verdeutlicht, dass hinter Konflikten konkrete politische Interessen stehen - und nicht etwa Verschwörungen oder abstrakte Handlanger. In dem Sinne leistet dieser Atlas elementare Aufklärungsarbeit. Das Buch ist im Juli 2024 im C.H. Beck Verlag erschienen. Es ist 224 Seiten stark und kann als Broschur zum Preis von 29 Euro erworben werden.