Montags blickt Quotenmeter auf aktuelle Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops und ordnet diese ein. In dieser Woche steht Louis Klamroth im Mittelpunkt, denn «Hart aber fair» zeigte sich zuletzt konstant stark – außer beim jungen Publikum.
In der Begründung der Jury des Deutschen Fernsehpreises zur Nominierung von
«Hart aber fair» in der Kategorie „Beste Information“ hieß es wie folgt: „Hohe Reichweiten von AfD-Politikern auf Social-Media-Plattformen wie TikTok haben für Aufsehen gesorgt. Was müssen die anderen Parteien tun, um bei den Jüngeren nicht vollständig ins Abseits zu geraten? Wie gefährlich ist die Verbreitung von Hassrede und Populismus im Netz? «Hart aber fair»-Gastgeber Louis Klamroth geht diesen Fragen mit einer kompetent besetzten Gesprächsrunde nach, die die Vielschichtigkeit des Themas aufzeigt. Dabei wird durchaus kontrovers, aber angenehm unaufgeregt diskutiert.“ Gewonnen hat die ARD-Talkshow aus dem Hause Florida Factual letztlich nicht, er ging an die hauseigene Konkurrenz von
«maischberger», die zuletzt auch auf dem «Hart aber fair»-Sendeplatz am Montag ausprobiert wurde.
Dennoch läuft es für Louis Klamroth derzeit so gut wie nie, seitdem er die Sendung von Frank Plasberg übernommen hatte. Im ersten Halbjahr 2023 produzierte die damalig verantwortliche Produktionsfirma Ansager & Schnipselmann 19 Folgen zwischen Anfang Januar und Mitte Juni 2023, die im Durchschnitt 2,18 Millionen Zuschauer (vorläufig gewichtete Daten) verfolgten. Der Marktanteil wurde damals von der AGF Videoforschung auf 8,6 Prozent beziffert. Nach der Sommerpause sank das Interesse bis zum 11. Dezember in 15 Folgen auf 1,93 Millionen, der Marktanteil stieg auf 9,0 Prozent.
Mit dem Wechsel der Produktionsfirma zum Jahreswechsel – fortan war Klamroths Firma Florida Factual verantwortlich – waren die Werte ansteigend. Die zwischen dem 29. Januar und 10. Juni gesendeten 14 Ausgaben erreichten im Schnitt 2,10 Millionen Zuschauer, der Marktanteil lag bei 9,2 Prozent. Zwar war die Reichweite nie so konstant, dass immer eine Zwei vor dem Komma stand, aber zumindest die Phase ab Ende April gab Anlass zur Hoffnung, dass 2,xx Millionen Zuschauer künftig eher die Regel als die Ausnahme sein würden.
«Hart aber fair» kehrte am 5. August aus der Sommerpause zurück – also mitten im Sportsommer. Die Eröffnungsfrage lautete: „Trump oder Harris – was steht bei der US-Wahl auf dem Spiel?“ Obwohl US-Präsident Joe Biden zwei Wochen zuvor seine Kandidatur zurückgezogen hatte, drängte sich das Thema drei Monate vor der US-Wahl offenbar in vielen deutschen Haushalten nicht auf. Es schalteten lediglich 1,56 Millionen Zuschauer ein. Eine Woche später ging es um den Krieg in Nahost und die Frage nach der Solidarität mit Israel, was ebenfalls kaum Menschen zum Einschalten bewegte. Es wurden 1,66 Millionen Menschen gezählt. Die ersten beiden Sendungen verloren jeweils 400.000 Zuschauer im Vergleich zum Vorlauf
«Unsere Wälder», was sich in jeweils rund zwei Prozentpunkte Marktanteil weniger niederschlug. Das Erstaunliche war sogar, dass die jeweils anschließenden
«Tagesthemen» die Reichweite zu später Stunde teils massiv steigern konnte. Mitte August kamen die abgesprungenen 400.000 Zuschauer zur blauen Eins zurück, was den Marktanteil von 8,4 auf 13,1 Prozent steigen ließ.
Punktsieg Klamroth
Nach einer Fußball-Pause sollte sich aber alles ändern. Statt einer Naturdoku setzte Das Erste auf einen passenderen Vorlauf für seinen Polittalk. Am 26. August präsentierte man die Jessy-Wellmer-Doku
«Machen wir unsere Demokratie kaputt?», die fast drei Millionen Menschen sahen. Louis Klamroth diskutierte im Anschluss das aktuelle Thema „Nach dem Attentat, vor den Wahlen: Welche Folgen hat der Angriff von Solingen?“, der 2,87 Millionen Zuschauer im Ersten hielt und damit auch mehr Zuseher als bei den «Tagesthemen» im Anschluss vorzufinden waren. So tagesaktuell war «Hart aber fair» auch am 2. September, als es nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen um die guten Ergebnisse von AfD und BSW ging.
Nach dem
«Brennpunkt: Verlorenes Vertrauen» blieben die Werte des Talks mit 2,53 Millionen und 11,9 Prozent recht konstant. Auch am 9. September fuhr man mit dem Thema „Die große Vertrauenskrise: Versteht die Politik die Bürger noch?“ gute Werte ein. Man übertrumpfte die zuvor gesendete Doku
«Die große Angst» über die Zukunft in Ostdeutschland sogar um Längen. Die Reichweite erhöhte sich von 1,83 auf 2,26 Millionen, der Marktanteil von 7,5 auf 9,5 Prozent. Seither hat sich «Hart aber fair» wieder als Ankerpunkt beim Publikum festgesetzt, denn auch ohne Politreportage im Vorlauf konnte die Talkshow zuletzt überzeugen. Am 23. und 30. September standen 2,28 und 2,59 Millionen Zuschauer zu Buche. Die Marktanteile beliefen sich auf 9,8 und 10,7 Prozent, womit man auf Augenhöhe sowie über dem Niveau der beiden Naturdokus
«Der Sturm – Tiere bei Blitz und Donner» (2,46 Mio. / 9,9%) und
«Das Ende der Insekten?» (2,31 Mio. / 9,0%) lag. Das ist durchaus bemerkenswert, denn Ingo Zamperoni konnte mit seiner umstrittenen Sendung
«Die 100» aus Quotensicht nicht überzeugen. «Die 100» fuhr nur 1,77 Millionen Zuschauer und 7,8 Prozent Marktanteil ein, obwohl im Vorlauf
«Harry – Schicksalsjahre eines Prinzen» 2,49 Millionen und 10,0 Prozent verbucht hatte – Punktsieg Klamroth.
Probleme ausgerechnet bei den Jüngeren
Aber es ist nicht alles Eitel Sonnenschein im Staate Florida (Factual). Die ARD fordert von «Hart aber fair» bekanntlich, dass die Sendung sich gezielt auch an ein jüngeres Publikum richten soll. Das funktioniert zumindest linear nicht. Im ersten Halbjahr 2024 markierte man im Schnitt 0,35 Millionen lineare Zuschauer im Alter zwischen 14 und 49 Jahren, in den vergangenen sieben Folgen waren es 0,32 Millionen. Der Marktanteil sank folglich von 7,1 auf 6,6 Prozent. Wie hoch die Abrufe derzeit in der ARD Mediathek sind, ist nicht bekannt. Die ARD ließ eine Anfrage dieser Redaktion diesbezüglich unbeantwortet. Fakt ist: In der zweiten Jahreshälfte kam «Hart aber fair» auf dieselbe durchschnittliche Sehbeteiligung, der Marktanteil wurde damals auf 6,9 Prozent taxiert.
Seit dem 5. August ist aber auch auffällig, dass sechs von sieben «Hart aber fair»-Sendungen an Reichweite gegenüber ihres jeweiligen Vorlaufs verloren hatten. Im Durchschnitt verringerte sich damit der Marktanteil um 2,3 Prozentpunkte. Einzig die bislang letzte Ausgabe konnte die Sehbeteiligung um 0,01 Millionen junge Zuschauer erhöhen, aber selbst da nahm der Marktanteil minimal ab.
Louis Klamroth zeigte sich in der vergangenen Woche im Interview mit Korbinian Frenzel in der Deutschlandfunk-Kultur-Sendung
«Studio 9» dennoch stolz auf die Leistung seiner Talkshow und taxierte die durchschnittliche Reichweite auf 2,7 Millionen. Auf welche Werte sich Klamroth in dem Gespräch konkret bezog, wird nicht klar, denn seit dem Ende der Sommerpause erreicht «Hart aber fair» im Durchschnitt 2,25 Millionen Zuschauer. Selbst die nachgewichteten Werten lassen nur den Sprung auf 2,33 Millionen zu, in der Spitze übrigens 2,96 Millionen mit der Sendung vom 26. August. So könnte die Rechnung sein, dass «Hart aber fair» in der Mediathek rund 400.000 Abrufe pro Folge generiert, allerdings machte die ARD keine Angaben gegenüber dieser Redaktion zu den Mediathek-Abrufen. Wie genau dieser Wert 2,7 Millionen Zuschauer pro Sendung nun auch ist, aktuell ist die Tendenz für Louis Klamroth und «Hart aber fair» steigend. Das war nach der durchaus zerfahrenen Anfangszeit inklusive Streit hinter den Kulissen nicht selbstverständlich.