Filme des Grauens: «Fantasia chez les ploucs»

Ein skurriles Desaster der 1970er hätte fast das Handwerk von «Taxi»-Regisseur Gérard Pirès.

«Fantasia chez les ploucs», in Deutschland unter «Die Filzlaus kehrt zurück» bekannt, ist ein französischer Film aus dem Jahr 1971, der auf dem Roman „You’re a Big Boy Now“ von Charles Williams basiert. Der Film unter der Regie von Gérard Pirès wird heute als einer der größten filmischen Fehlschläge der 1970er Jahre betrachtet und gehört unweigerlich in die Kategorie der schlechten Filme. Mit einer absurd anmutenden Handlung und einem chaotischen Mix aus Komödie, Krimi und Abenteuer ist der Film ein Paradebeispiel dafür, wie falsch eine Literaturverfilmung verlaufen kann.

Die Handlung des Films dreht sich um zwei amerikanische Halbbrüder, Sagamore (gespielt von Lino Ventura) und Doc (gespielt von Jean Yanne), die in einem ländlichen, fast schon klischeehaften Südstaatenmilieu leben. Als sie eine attraktive junge Frau (Mireille Darc) bei sich aufnehmen, geraten sie ungewollt in eine skurrile Verstrickung mit einer kriminellen Bande und dem FBI. Es beginnt eine wilde Verfolgungsjagd, die so chaotisch und surreal ist, dass selbst die Charaktere sich der Absurdität ihrer Situation bewusst zu sein scheinen.

Die Mischung aus überdrehter Slapstick-Komik, Gangsterelementen und einem ländlichen Setting hätte durchaus Potenzial gehabt, wenn sie gekonnt umgesetzt worden wäre. Stattdessen entwickelt sich der Film zu einem verwirrenden Durcheinander, in dem weder die Charaktere noch die Handlung Sinn ergeben. Der Versuch, die satirischen Elemente des Romans auf die Leinwand zu bringen, scheiterte, da die Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit völlig verloren ging.

Was die Einspielergebnisse betrifft, war der Film ein regelrechtes Desaster. Obwohl Lino Ventura und Mireille Darc zu jener Zeit große Stars des französischen Kinos waren, gelang es dem Film nicht, das Publikum zu überzeugen. In Frankreich wurde der Film nur von einer geringen Anzahl an Zuschauern gesehen, und auch international fand «Fantasia chez les ploucs» kaum Beachtung. Es war eine Zeit, in der das französische Kino im Umbruch war und eine Welle von anspruchsvollen Filmen die Kinos dominierte – was das Scheitern dieses Films umso bemerkenswerter machte.

Die Kritiken waren überwältigend negativ. Während einige Kritiker den absurden Humor lobten, kritisierten die meisten den chaotischen Plot und die schwache Regie von Gérard Pirès. „Le Monde“ beschrieb den Film als „unstrukturiertes Durcheinander“, während „Le Figaro“ harscher war und den Film als „Kino-Müll“ bezeichnete. Auch die Schauspieler wurden kritisiert. Lino Ventura, der eigentlich für seine ernsten Rollen bekannt war, wirkte in der Komödie fehl am Platz, und selbst die charismatische Mireille Darc konnte das Werk nicht retten.

Autoren wie François Chalais von „Le Nouvel Observateur“ nannten den Film „eine Katastrophe in jeder Hinsicht“ und bemängelten sowohl die Regie als auch das Drehbuch. „Cahiers du Cinéma“ ging noch weiter und betitelte den Film als „eine Farce, die niemanden zum Lachen bringt“. Besonders der Versuch, die satirischen und subversiven Elemente der Romanvorlage zu übernehmen, wurde als gescheitert betrachtet. Der Film sei eine „Beleidigung für das Publikum“, hieß es in einer weiteren Kritik. Auch international blieb die Resonanz verhalten, und der Film verschwand schnell aus den Kinos.

Nach dem Fiasko war die Karriere von Gérard Pirès in Gefahr. Es dauerte einige Jahre, bis er sich davon erholen konnte, doch 1998 feierte er mit dem Actionfilm «Taxi» ein fulminantes Comeback, das ihn wieder ins Rampenlicht brachte. Ironischerweise wurde er mit einem Film erfolgreich, der in Sachen Tempo und Action genau das bot, was «Fantasia chez les ploucs» fehlte.

Lino Ventura, eine Legende des französischen Kinos, konnte den Misserfolg des Films leicht abschütteln. In den folgenden Jahren spielte er in hochgelobten Filmen wie «Der Clan der Sizilianer» (1969) und «Der Profi» (1981), die sein Ansehen unbeschadet ließen. Seine Rolle in «Fantasia chez les ploucs» wurde schnell als ein seltenes Fehlurteil in seiner ansonsten glanzvollen Karriere abgetan. Mireille Darc hingegen, die als eine der schönsten und talentiertesten Schauspielerinnen Frankreichs galt, setzte ihre Karriere ohne größere Einbußen fort. Sie spielte in weiteren erfolgreichen Filmen und Serien und blieb bis zu ihrem Tod 2017 eine feste Größe in der französischen Filmwelt.

Trotz eines hochkarätigen Casts und einer vielversprechenden Romanvorlage scheiterte der Film auf ganzer Linie. Regiefehler, eine wirre Handlung und eine schwache Adaption des Ausgangsmaterials machten diesen Film zu einer Tortur für das Publikum. Es ist ein Werk, das heute fast vergessen ist, aber für diejenigen, die sich in die Tiefen des schlechten Kinos wagen, eine lohnenswerte Entdeckung darstellen könnte – wenn auch nur als abschreckendes Beispiel.
26.10.2024 11:56 Uhr  •  Sebastian Schmitt Kurz-URL: qmde.de/155414