Cornelius Obonya: ‚Es gibt keine Kollektivschuld'

In dem neuen «Tatort» „Murot und das 1000-jährige Reich“ verkörpert Obonya den Juristen Bernhard Tabler. Er könne sich eine Fortsetzung der Rolle vorstellen.

Herr Obonya, Sie spielen im neuen Tatort «Murot und das 1000-jährige Reich» die Rolle des Bernhard Tabler. Was können Sie uns über Ihre Figur erzählen?
Ich spiele einen Juristen, einen Antisemiten; einer der vielen, die damals versucht haben im NS-Staat Karriere zu machen. Aber das hat eben nicht so richtig geklappt.

Wie haben Sie sich auf die Rolle des Bernhard Tabler vorbereitet, der in einem historischen Kontext angesiedelt ist?
Ich habe versucht Vieles zu lesen, erneut zu lesen, was über die Justiz in der Nazi-Zeit existiert. In jedem Falle war das, dank immer besserer Aufarbeitung, genug. Aber es war nochmal etwas Anderes, sich mit der Hannah Arent´schen Banalität des Bösen auseinander zu setzen. Meine Rolle ist hier der Spiegel.

Der «Tatort» thematisiert Kriegsverbrechen und eine historische Mordermittlung. Wie haben Sie sich emotional auf diese düstere und komplexe Geschichte eingestellt?
Eigentlich so, wie auf alle anderen düsteren Themen auch - Mord bleibt Mord. Aber dennoch. Es ist nochmal etwas anderes. Ton und Sprache sind nicht heutig, sondern sollten getroffen werden.

Was war für Sie die größte Herausforderung bei den Dreharbeiten zu diesem Tatort?
Das Spiel mit einem Auge. Mein anderes Auge war "blind". Das habe ich so noch nie erlebt - man verliert die Tiefenschärfe. Türstöcke und Treppen werden plötzlich eine Herausforderung.

«Murot und das 1000-jährige Reich» wechselt zwischen der Gegenwart und Rückblenden in das Jahr 1944. Wie haben Sie diese Zeitwechsel in Ihrer Rolle erlebt?
Das war schon beim Lesen des Buches sehr spannend für mich. Die Umsetzung nun gefällt mir sehr gut.

Die Geschichte berührt Themen wie Widerstand gegen das NS-Regime und Kriegsverbrechen. Wie wichtig ist es Ihnen, solche historischen Themen in einem «Tatort»-Format zu behandeln?
Ich finde das gut und richtig. Es kann niemals genug auf all dieses hingewiesen werden. Und wenn wir Kunstschaffende über unseren Beruf etwas dazu beitragen können, dann immer gerne.

Wie war die Zusammenarbeit mit Ulrich Tukur und dem Rest des Ensembles? Haben Sie besondere Momente oder Erfahrungen am Set, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind?
Ulrich und ich kannten einander schon vom Kinofilm «Adults in the Room» von Costa-Gavras, den wir in Athen gedreht hatten. Die erneute Begegnung war ein ebensolches Vergnügen. Wir harmonieren sehr gut miteinander. Und alle Kolleginnen und Kollegen sind bei diesem Tatort eine wahre Freude.

Der Film spricht schwierige Themen wie Schuld, Verantwortung und Moral an. Welche Botschaft, glauben Sie, vermittelt der Tatort dem Publikum?
Es gibt keine Kollektivschuld. Jeder ist für seine Taten selbst verantwortlich. So simpel ist es.

«Tatort» ist eine der langlebigsten und erfolgreichsten deutschen Krimireihen. Was bedeutet es für Sie, Teil eines solchen Projekts zu sein?
Es ist nicht mein erster «Tatort» und hoffentlich nicht der letzte. Man kann diese Institution nicht hoch genug schätzen. Wo gibt es das sonst? Erhalten wir sie und gehen vielleicht noch andere Wege in anderen Formaten...

Gibt es bestimmte Aspekte an Bernhard Tabler oder an diesem Tatort, die Sie persönlich besonders angesprochen oder bewegt haben?
Im Grunde die Tatsache, dass hier ein historisches Moment beleuchtet wird. Man könnte das meiner Meinung nach auch als eine Art "Teil-Serie" weiter machen, als Reihe durch die Geschichte Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Anhand eines Kriminalfalles Geschichte erzählen. Was für ein Feld!

Danke für Ihre Zeit!

Der «Tatort» „Murot und das 1000-jährige Reich“ ist am Sonntag, den 20. Oktober 2024, um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
17.10.2024 12:08 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/155685