Am 1. August 1981 startete eine kleine Fernsehstation in den USA ein neues Zeitalter in Sachen Fernsehen und Musik. „Kann so etwas überhaupt funktionieren?“, mag sich man Amerikaner damals gedacht haben. Immerhin kam Musik bislang nur aus dem Radio – und vor allem ganz ohne Bilder. Für das Fernsehen waren damals erstmals bewegte Bilder nötig, mit der Geburt von MTV erblickten also auch die Videoclips das Licht der Welt.
Außerdem kreierte der Sender einen neuen Beruf: Den des VJs, also eines Video-Jockeys. Die Vorreiter in dieser Sparte waren Nina Blackwood, Mark Goodwin, Alan Hunter, J.J. Jackson und Martha Quinn. Schnell wird das neue Projekt ein voller Erfolg. Bereits nach fünf Monaten, am 31. Dezember 1981 hat der Musikkanal 2,1 Millionen Abonnenten.
Ein weiterer Meilenstein wurde schließlich am 8. Mai 1982 gesetzt: Das MTV-Logo entstand. Mittlerweile gehört es mit seinen zahlreichen Abwandlungen wohl zu einem der Symbole mit dem größten Wiedererkennungswert – und das weltweit. Und so ging der Sender in den USA seinen Weg, strahlte unter anderem als erste Station mit „Beat It“ das Video eines Afro-Amerikaners aus.
MTV steht nicht nur für Musikfernsehen, sondern erweiterte sein Spektrum im Jahr 1984 auch durch eine Preisverleihung: Die «MTV Video Music Awards» gingen erstmals auf Sendung. Der Sinn der Verleihung liegt darin, zwar die produzierten Musikvideos zu küren – aber nicht die Musik an sich zu ehren. Die Verleihung war ein einschlagender Erfolg, laut Senderangaben sehen heute zirka eine Milliarde Zuschauer weltweit die Show. Zwischen 1984 und 1998 zeigte man die Show aus Los Angeles, aber dann wechselte die Show zwischen 1999 und 2003 nach New York. Hier wurden im Jahreswechsel die Radio City Music Hall und die Metropolitan Opera als Schauplatz gewählt, 2004 und 2005 wurden die «VMAs» in Miami/Florida abgehalten. Aber das Interesse an der Show ging zurück, mehr und mehr kritische Stimmen wurden laut, sodass die Awards am 31. August 2006 wieder in der New Yorker Radio City Music Hall stattfanden.
Der Spruch von den Größen des Showbiz, jede Preisverleihung habe seinen eigenen Charakter, scheint vor allem durch die «MTV Video Music Awards» Bekanntheit erlangt zu haben: Zahlreiche Skandale und „Skandälchen“ haben die «VMAs» ins Gespräch gebracht. Hier scheint vor allem „The Kiss“ bei den «VMAs» 2003 enorme Pluspunkte in der B-Note erlangt zu haben: Die Musik des Auftrittes war nicht neu, aber die Darbietung faszinierend und ein gefundenes Fressen für die Yellow Press: Madonna, Britney Spears und Christina Aguilera performen in Hochzeitskleidung „Like a Virgin“, während dem Auftritt küsst Madonna Spears und Aguilera auf den Mund. Klatschblätter und Fans waren schockiert-amüsiert, doch nur der Kuss zwischen der Pop-Ikone und Britney Spears erntete Zündstoff, Christina Aguilera ging derweil unter. Dort lässt sich anmerken, dass „The Kiss“ wiederum bei MTV eine reißerische Plattform für extreme Popularität war, denn ganz zufällig kam einige Zeit später das Duett von Madonna und Spears „Me Against The Music“ in die Läden und konnte – wahrscheinlich nicht zuletzt durch die „erfolgreiche Werbung“ - sehr gute Chartplatzierungen landen. Dies war auch dringend nötig, denn Spears' Karriere befand sich derweil in einem Tief.
Am 13. Juli 1985 strahlte der Sender in einer siebzehnstündigen Livesendung das Wohltätigkeitskonzert „Live Aid“ aus – ein Konzert von dem später die ganze Welt sprach. Sämtliche Musikgrößen waren gekommen um mit ihren Fans ein unvergessliches Event zu erleben – und das für einen guten Zweck: Initiator Bob Geldorf spendete alle Einkünfte an die Hungerhilfe in Afrika. Außerdem zeigte MTV am gleichen Tag als erster Sender einen TV-Spot, der für Safer Sex warb.
Für solche Werbung wurde der Sender auch später bekannt: Er setzte sich aktiv gegen Dorgen ein, unter anderem mit Slogan „Just say no“ und einer großen Kampagne mit dem Titel „Rock against drugs“. Später, im Jahr 1988, rief MTV seine Zuschauer dazu auf, wählen zu gehen. Schon hier zeigte sich erstmals MTVs Bemühen, junge Menschen in politische Prozesse einzubinden, schreibt der Sender über sich selbst.
Auch Skandale blieben MTV nicht fern – 1989 ereignete sich ein „Vorfall“, der mit MTV an sich recht wenig zu tun hat, aber den Sender ins Gespräch brachte. Als am 3. März 1989 die Weltpremiere von Madonnas Clip zu „Like A Prayer“ auf dem Sender zu sehen war, machte sich Empörung breit. In dem Video tanzt Madonna vor brennenden Kreuzen und küsst einen dunkelhäutigen jungen Mann, der Jesus darstellen sollte. Das brachte den Vatikan zur Entrüstung, Madonnas Werbedeal mit Pepsi wurden gecancelt. MTV bot damit – unfreiwillig, dennoch gewinnbringend - Madonna eine extrem starke Werbefläche, die zugleich Auslöser einer heißen Diskussion zwischen Religiösen und Fans war.
Im Jahr 1987 startete dann der europäische Ableger des Musikkanals – MTV Europe. Ab dem 7. November 1989 gewann der europäische Ableger dann noch mehr neue Fans hinzu. Seit diesem Tag war MTV Europe nämlich auch in Ostberlin zu sehen. Alle Ostdeutschen konnte ab dem folgenden Jahr auch die wohl legendärste Reihe des Musiksenders sehen. Unter dem Namen „MTV Unplugged“ traten Weltstars auf und spielten für den Musiksender ihre Hits in Akustik -Versionen. Neben Eric Clapton, Mariah Carey, Paul McCartney, Tony Bennett und Bruce Springsteen, gab auch die Rockband Nirvana ein solches Konzert. Die Bänder des Unplugged-Specials zu Nirvana sind noch heute bei vielen Musikfans heiß begehrt. Schließlich war es einer der letzten Auftritte von Kurt Cobain als Frontmann der Band. Die höchsten Einschaltquoten der Reihe erzielte jedoch Eric Clapton. Das Unplugged-Konzert war der erste Auftritt des Musikers nach dem Tod seines Sohnes. Später erscheint ein Mitschnitt des Konzerts auf Kassette und CD.
1990 geht die Expansion von MTV weiter – ein brasilianischer Ableger startet. Auf MTV Brasilien laufen neben aktuellen Welthits auch aktuelle Stücke aus dem brasilianischen Raum. Ebenfalls in diesem Jahr starteten Ableger in Israel und dem Nahen Osten. 1991 ging der Sender auch in Russland on Air. Es war auch das Jahr, in dem MTV ein neues Genre entdeckte. Künftig sollte sich beim Musikkanal nicht mehr alles nur um Clips drehen, vielmehr wollte man der Jugend einen zusätzlichen Anreiz zum Einschalten geben. Die Animationsserie «Liquid Television» war eine Art Vorreiter von erfolgreichen Serien wie «Beavis & Butthead» und «Celebrity Death Match».
Im Jahr 1992 zeigt der Sender erneut, dass er nicht ein reiner Musikabspielkanal ist. In «Spirit of America» interviewt Tobitha Soren den US-Präsidenten George Bush. Zeitgleich macht auch Kurt Loder ein Interview mit dem damaligen unabhängigen Präsidentschaftskandidaten Ross Perot. Für die Berichterstattung zu den Präsidentschaftswahlen erhält Tobitha Soren noch im gleichen Jahr einen Peabody Award.
Die Rockgruppe Nirvana schien bei MTV einen nicht sonderlich hohen Stellenwert gehabt zu haben, denn 1992 verlangte man von der Band, bei den «MTV Video Music Awards» des damaligen Jahres den Hit „Smells Like Teen Spirit“ zu spielen, doch die Band sprach sich für „Rape Me“ aus. Damit war der Sender allerdings nicht einverstanden – schließlich einigte man sich auf den Titel „Lithium“. Nirvana wären nicht Nirvana gewesen, wenn sie nicht provoziert hätten: Beim Auftritt stimmte die Band die ersten Sekunden von „Rape Me“ an, bevor man schlussendlich doch „Lithium“ spielte. Während des Auftrittes ging auch noch einiges schief: Der Verstärker des Bassisten Krist Novoselic hörte auf zu arbeiten und Novoselic warf seinen Bass in die Luft, unglücklicherweise verletzte dieser sein Gesicht. Nach dem eher verpatzen Auftritt verabschiedeten sich die Musiker, Frontman Kurt Cobain spuckte auf das Klavier von Axel Rose – vor der Show gab es einen Streit zwischen ihnen. Bei der gleichen Verleihung erhielt Nirvana den Award in der Kategorie „The Best Alternative Video“ für „Smells Like Teen Spirit“. MTV unterlief ein peinlicher Fehler, denn auf der Trophäe wurde „Smells Like Team Spirit“ eingraviert.
1992 entschied man sich beim Musikkanal, auch noch einen Preis für die besten Filme zu verleihen – die «MTV Movie Awards» waren geboren. Doch hier darf der Zuschauer keine Kategorien wie bei den Academy Awards erwarten, denn MTV gestaltet die Show nicht – wie üblich – nach männlich/weiblich, sondern fasst beide Geschlechter in einer Kategorie zusammen. Zudem gibt es recht kuriose Kategorien, in der beispielsweise der „beste Kuss“ gewählt wird. Erstaunlich ist, dass es bei dieser Verleihung, die von einem Musiksender hervorgeht, keinen Preis für die „beste Filmmusik“ gibt.
Drei Jahre später, im Oktober 1995 wagt MTV einen weiteren, wichtigen Schritt. Die Internetseite MTV.com geht online, Anfang 1996 geht Schwesterkanal MTV2 auf Sendung.
Im September 1997 geht erstmals «MTV Live» auf Sendung. Aus dem Studio am New Yorker Timesquare entstand seitdem die erste interaktive Livesendung des gesamten MTV-Networks. Aus ihr entwickelte sich später die erfolgreiche Votingshow «Total Request Live (TRL)», welche am 14. September 1998 erstmals über die Fernsehschirme lief. Am 22. Oktober des gleichen Jahres wurde die Sendung, welche auch das Internet aktiv miteinbezog weltbekannt. Die Boygroup „Backstreet Boys“ besuchte das New Yorker Studio, was dazu führte, dass der gesamte Times Square geschlossen werden musste. Zu viele Fans waren herbeigeeilt um einen kurzen Blick auf die fünf Jungs zu erhaschen.
Am 14. Oktober 1997 bekommt die Familie des Musiksenders neuen Zuwachs: MTV UK&Ireland startet als eigenständiger Sender, genauso wie MTV Italia, MTV Central als deutschsprachiger Sender und MTV Australia, im Mai 2001 folgen Japan, Korea, Thailand, Kanada und die Philippinen.
In der jüngsten Vergangenheit bekam der Musiksender allerdings zunehmend ein neues Gesicht. Musikclips traten vermehrt in den Hintergrund, was vor allem daran liegen dürfte, dass das junge Zielpublikum seine Lieblingsmusik auf anderem Wege bezog. I-Pod und MP3 machten dem Musiksender schwer zu schaffen. Doch die Macher verließen sich auf ihr Gespür und rückten das in den Vordergrund, was man Anfang der 90er begann. MTV konzentrierte sich vermehrt auf selbst produzierte (Trash-)Ware. So kamen die künftigen Hits nicht mehr von Britney Spears oder Elton John, sondern aus dem Hause MTV. So startet die Stuntshow «Jackass» am 1. Oktober 2000, zeitgleich mit den Ablegern in Frankreich, Spanien, Polen und den Niederlanden. Zu dem erfolgreichsten Formaten dieser Art sollte später auch die Reality-Show «The Osbournes» gehören, die unter anderem auch mit einem Emmy ausgezeichnet wurde. Die Kinofilm zur Serie «Jackass» spielte 2002 über 80 Millionen US-Dollar ein.
Am 10. und 11. Januar 2001 startet der Sendereine erneute Kampagne gegen Diskrimierung und zeigt dazu den Film «Anatomy of a hate Crime» - darin werden verschiedene Aspekte eines brutalen Mordes an einem Collage-Studenten ergründet. Fortan macht es sich MTV zum Ziel seine Zuschauer zu informieren, wie man sich erfolgreich gegen Diskriminierung in der Schule wehren kann. Eine Besonderheit hatte sich der Sender damals zur Einführung der Initiative einfallen lassen: Erstmals in der Sendergeschichte unterbrach die Fernsehstation ihr laufendes Programm und ließ die Namen von hunderten Menschen über das Bild laufen, die Hass oder Vorurteilen von anderen Menschen zum Opfer gefallen wird. Die Liste lief mehr als 17 Stunden lang – komplett ohne Werbeunterbrechung.
Auch in den kommenden Jahren schaffte es der Musiksender seine herausragende Position unter den Jugendsendern zu etablieren. Zahlreiche Formate gewannen Preise und wenn MTV zu seinen begehrten Awards einlud, stand die gesamte Musikwelt Schlange. In 25 Jahren hat sich der Sender als zu einer festen Säule des Musikbiz’ entwickelt, eine Säule die auch in den kommenden Jahren weder bröckeln noch wackeln wird. Wenn die Macher weiterhin die Anforderungen der Zeit erkennen: Durch das bloße Abspielen von Musikvideos wird der Sender auch künftig keinen Appel und kein Ei gewinnen. Innovation wird auch weiterhin groß geschrieben werden müssen, wenn man seinen eigenen Ansprüchen gerecht werden will. Alles was alt und verstaubt ist, muss raus oder zumindest erneuert werden. Hierbei ist es vor allem wichtig, mit jugendgerechten Formaten den Nerv der Zeit zu treffen.
Beste Beispiele waren hierfür die mehr als erfolgreiche «Pimp my…»-Reihe, die auf der ganzen Welt viele Fans hatte. Es ist davon auszugehen, dass es den Kreativen des Senders auch in Zukunft gelingt, derartige Trends aufzuspüren. Und dann heißt es sehr bald: Alles Gute zum 50sten, MTV.
05.08.2006 12:05 Uhr
• Fabian Böhme und Manuel Weis
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Quelle: MTV
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