Filme des Grauens: «Wenn die tollen Tanten kommen»

Rudi Carrell und Ilja Richter spielen zwei Hotelangestellte, die aus Versehen zu Frauen werden müssen.

«Wenn die tollen Tanten kommen» ist ein berüchtigter deutscher Schlagerfilm aus dem Jahr 1970, der in der Tradition des leichten Unterhaltungskinos steht und heute als Paradebeispiel für das seichte Filmökosystem der Nachkriegszeit gilt. Unter der Regie von Franz Josef Gottlieb entfaltet sich ein absurder Plot, dessen Charme eher unfreiwillig als gewollt daherkommt.

Die Handlung dreht sich um zwei Hotelpagen, gespielt von Rudi Carrell und Ilja Richter, die aus Versehen in die Rolle von Frauen schlüpfen müssen. Sie verkleiden sich als Tanten, um in einem noblen Hotel unbemerkt agieren zu können. Wie zu erwarten, folgen Slapstick-Situationen, Missverständnisse und romantische Verwicklungen, als die beiden in absurde Begegnungen mit den Hotelgästen verwickelt werden. Neben den komödiantischen Verwechslungen bietet der Film eine großzügige Präsentation von Schlagern und Musikdarbietungen, die damals das Kernpublikum anziehen sollten.

Der Film ist weit entfernt von subtiler Gesellschaftskritik oder tiefgehender Charakterzeichnung. Vielmehr bleibt er oberflächlich, vorhersehbar und vollkommen dem Klamauk verpflichtet. Die Dialoge sind gespickt mit flachen Witzen und klischeebeladenen Sprüchen – ein Zeitdokument des Humors der damaligen Jahre.

Rudi Carrell, bekannt als TV-Moderator und Entertainer, übernahm hier eine der Hauptrollen. Er war bereits ein Publikumsliebling und nutzte seine Popularität, um auch auf der Leinwand Fuß zu fassen. Sein komödiantisches Talent, das im Fernsehen funktionierte, konnte im Film jedoch nur begrenzt glänzen. Ilja Richter, der später mit der Musikshow «Disco» Kultstatus erlangte, stand am Anfang seiner Karriere. In «Wenn die tollen Tanten kommen» zeigte er erste Ansätze seines Talents, blieb jedoch in der Rolle des tollpatschigen Mitspielers hinter seinen späteren Möglichkeiten zurück. Unterstützt wurde das Duo von Schlagerstars wie Chris Roberts und Wencke Myhre, die ihre Popularität nutzten, um den Film musikalisch zu untermalen. Neben den Hauptdarstellern fanden sich mit Beppo Brem und Monika Dahlberg weitere bekannte Gesichter der leichten Unterhaltung.

Franz Josef Gottlieb, der Regisseur, war für eine Vielzahl von Unterhaltungsfilmen der 1960er und 1970er Jahre verantwortlich. Mit «Wenn die tollen Tanten kommen» versuchte er, bewährte Elemente wie Verkleidungen, Slapstick und Musiknummern zu kombinieren, was in den Augen vieler Kritiker jedoch scheiterte. Das Drehbuch stammte von Georg Laforet, dessen Skript keinerlei narrative Tiefe aufweist. Stattdessen setzt er auf vorhersehbare Gags und stereotype Charaktere. Laforet war auch an anderen Schlagerfilmen beteiligt und spezialisierte sich auf diese Form des kommerziellen Kinos, das sich auf große Namen und einfache Unterhaltung konzentrierte.

Der Film war trotz seiner mangelnden künstlerischen Qualitäten ein kommerzieller Erfolg. Mit der Popularität der Hauptdarsteller und der breiten Anziehungskraft von Schlagermusik zog er ein großes Publikum in die Kinos. Die genauen Einspielergebnisse sind schwer nachzuvollziehen, doch Berichten zufolge konnte der Film eine solide Rendite erzielen, insbesondere durch den Erfolg auf dem deutschsprachigen Heimatmarkt.

«Wenn die tollen Tanten kommen» hinterließ aus heutiger Sicht eher fragwürdige Spuren in der Filmgeschichte. Der Film steht exemplarisch für die Schlager- und Klamaukfilme der Nachkriegszeit, die die deutsche Filmindustrie prägten, aber kaum internationale Anerkennung fanden. Aus kultureller Sicht spiegelte der Film die Sehnsucht der Deutschen nach leichter Unterhaltung in wirtschaftlich und gesellschaftlich stabileren Zeiten wider. Er repräsentiert eine Art Eskapismus, bei dem die Zuschauer für 90 Minuten der Realität entfliehen konnten. Dennoch bleibt der Beitrag des Films zur deutschen Filmgeschichte umstritten, da er qualitativ und inhaltlich wenig Relevanz besitzt.

Nach dem Film erreichte Rudi Carrell weiterhin große Erfolge im Fernsehen. Er etablierte sich als einer der bekanntesten TV-Moderatoren in Deutschland und blieb ein Symbol für leichte Unterhaltung. Ilja Richter, der hier noch relativ unbekannt war, startete kurze Zeit später mit «Disco» eine der prägendsten Musikshows der 1970er Jahre. Seine Schauspielkarriere war eher sporadisch, doch sein Einfluss auf die deutsche Popkultur ist bis heute spürbar. Chris Roberts blieb einer der erfolgreichsten Schlagersänger seiner Zeit und setzte seine Musikkarriere fort, während Wencke Myhre ähnlich erfolgreich im Schlager-Genre blieb.

Regisseur Franz Josef Gottlieb drehte noch zahlreiche weitere Filme, blieb jedoch im Bereich der leichten Unterhaltung verhaftet. Seine Werke waren nie Kritikerlieblinge, fanden jedoch beim Publikum stets ihren Platz. Drehbuchautor Georg Laforet verschwand später weitgehend aus der Öffentlichkeit. «Wenn die tollen Tanten kommen» ist ein Film, der heute als Kuriosität betrachtet werden kann. Er repräsentiert eine Ära des deutschen Kinos, in der Unterhaltung um jeden Preis oberste Priorität hatte, und dient als unfreiwilliges Denkmal für die Grenzen dieser Art von Filmkunst.
01.02.2025 11:26 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/158153