Samuel Schultschik: ‘Das Skifahren, ist in Echt immer noch am spannendsten’
Der Autor von «School of Champions» erklärt, wie das Team im Sommer eine Staffel schreibt, währendessen die Aufnahmen vom Winter zu einer neuen Staffel geschnitten werden. Die Absprache mit den drei Sendern muss auch immer gegeben sein.
Wie kamen Sie auf die Idee, eine Serie über ein Ski-Internat und den damit verbundenen Leistungsdruck zu schreiben? Gab es besondere Inspirationsquellen oder reale Vorbilder?
Die Idee einer Serie im Ski-Zirkus gab es schon länger und liegt in Österreich sowie in Bayern ja auch irgendwie auf der Hand. Das Besondere bei «School of Champions» ist, dass es – wie bei jedem guten Sport-Drama – gar nicht unbedingt nur um den Sport geht. Junge Menschen mit großen Träumen und noch größerer Bereitschaft, dafür alles zu geben und über Grenzen zu gehen, waren die Vorbilder. Bei der Entwicklung der Figuren hätte es anfangs auch um Schauspielkarrieren, eine Karriere am MIT oder als Neurochirurg gehen können. Erst als jede Hauptfigur ausreichend mit Druck, spannenden Geheimnissen, Wünschen und Schwächen ausgestattet war, habe ich das Ganze dann wieder mit den speziellen Aspekten des Ski-Sports vermischt. Durch die weitere Entwicklung der Drehbücher und im Dialog mit Regie, den Redaktionen von ORF, BR und SRF und dem tollen Cast wuchsen das allgemeine Drama und die spezifischen Hürden der Ski-Welt immer weiter ineinander.
Die zweite Staffel von «School of Champions» vertieft viele Konflikte und stellt neue Herausforderungen. Was war Ihnen bei der Weiterentwicklung der Charaktere und Handlungsstränge besonders wichtig?
Im Zentrum der Entwicklung der zweiten Staffel standen die Erkenntnisse der ersten Staffel und die Wünsche, Überlegungen und Anregungen der jungen Darstellerinnen und Darsteller. Von Anfang an war die Idee, einen jungen Cast zu etablieren, mit dem wir dann wirklich mitwachsen können. Von daher war mir besonders wichtig, in engem Austausch mit dem Cast die Richtungen zu finden, die sie auch gerne schauspielerisch ausprobieren wollen. Dazu kam die Idee, mit der Figur des Veighofer – nach vagem Vorbild von «Whiplash» – die Grenzen und Graubereiche rund um Übergriffigkeiten bei Trainern auszuloten. In einem tollen Writers' Room gelang es dann auch wirklich, jeder Figur eine neue, tiefere Ebene zu verleihen.
Toxischer Leistungsdruck ist ein zentrales Thema der Serie. Wie haben Sie dieses Thema recherchiert und in die Handlung eingebettet?
Tatsächlich gab und gibt es einige Parallelen zur Filmschule. Gleichzeitige Freundschaft und Konkurrenz, manchmal toxische Professoren, ein riesiger Traum und eine winzige Chance, es auch wirklich zu schaffen, sind nur ein paar Aspekte. Daher konnten wir im Writers' Room auch ganz gut auf eigene oder zumindest miterlebte Erfahrungen zurückgreifen. Dazu haben wir über Sandra Lahnsteiner, die als Head unserer Action-Unit breiten Kontakt in die Ski-Branche hat, auch einige ehemalige und aktive Rennfahrerinnen und Rennfahrer befragen können.
Welche Figur hat für Sie die spannendste Entwicklung in Staffel 2 durchgemacht, und warum?
Ich glaube, dass alle Figuren eine spannende Entwicklung durchmachen, und da wir doch sehr horizontal erzählen, ist es schwierig, es auf eine Staffel zu beschränken.
Wie lief die Zusammenarbeit mit den anderen Drehbuchautoren ab? Welche Vorteile und Herausforderungen bringt die Teamarbeit beim Schreiben einer solchen Serie mit sich?
Für die zweite Staffel waren Marie-Therese Thill, Marlene Rudy und Thomas Eichtinger im Writersroom. Es war eine tolle Zusammenarbeit bei der auch die Regisseure Dominik Hartl und Jakob Fischer direkt eingebunden waren. Da wir jeden Winter drehen, bedeutet das, jeden Sommer 8-mal 45 Minuten zu entwickeln und auszuschreiben, was ohne eine effiziente Aufteilung und Co-Autorenschaft nicht gut machbar wäre. Diese Zeit am Ende des Sommers, in der wir die eine Staffel schneiden und finalisieren und gleichzeitig die nächste Staffel schreiben und vorbereiten, ist immer eine sehr intensive, lehrreiche und anstrengende Zeit. Für mich als Showrunner ist es da vor allem wichtig den großen Bogen im Blick zu behalten und diese "good scripts on time" zu liefern. Sprich: Bücher, die im Budget liegen, von den Redaktionen abgenommen sind, dramaturgisch und produktionstechnisch so anspruchsvoll und spektakulär wie möglich und vor allem rechtzeitig da sind. Dazu ist die allgemeine Kommunikation mit den drei Sendern ORF, BR und SRF, der Regie, den Schauspielern und allen beteiligten Co-Autorinnen und Autoren ein wesentlicher Teil meiner Arbeit. Dadurch können sich die Autorinnen nach einer gemeinsamen Plotting-Phase aufs Schreiben konzentrieren, und ich kann Feedback gezielt kommunizieren bzw. direkt einarbeiten wenn wir uns die Arbeitsfassungen hin und her schicken.
Wie wichtig war es Ihnen, die Welt des Hochleistungssports authentisch darzustellen? Gab es Experten oder Athleten, die Sie bei der Entwicklung der Geschichte unterstützt haben?
Wie schon vorher erwähnt, war Sandra und ihr Team ein wichtiger Anknüpfungspunkt für Gespräche mit ehemaligen Rennläuferinnen.
Neben sportlichen Herausforderungen greifen Sie auch Themen wie Familienprobleme, Liebeskummer und Manipulation auf. Warum war es Ihnen wichtig, diese Themen in die Serie zu integrieren?
Der Sport selbst, also das Skifahren, ist in Echt immer noch am spannendsten. Egal ob Ski, Fußball oder Autorennen: Die Kraft zu wissen, dass bei einer Live-Übertragung wirklich alles möglich ist, wird jede tolle Kameraeinstellung einer fiktiven Rennaufnahme immer schlagen. Es sind die Geschichten über die Menschen und deren Abgründe, die einen in den Bann ziehen – die schönen Berge und Action-Aufnahmen sind zweitrangig und Teil der Belohnung.
Die zweite Staffel gipfelt in einem dramatischen Schneesturm. Wie haben Sie diesen Höhepunkt dramaturgisch entwickelt, und welche Botschaft steckt dahinter?
Der Gipfel der Staffel liegt m. E. nicht unbedingt im Schneesturm. Er ist ein spannender Aspekt einer äußeren Bedrohung, die dann unsere Figuren zueinander oder voneinander weg zwingt. Die daraus entstehenden Konstellationen bieten spannende Konflikte, und jeder Konflikt trägt eine eigene kleine Botschaft mit sich.
Die Dreharbeiten zur dritten Staffel laufen bereits. Können Sie schon verraten, in welche Richtung sich die Geschichte weiterentwickelt und welche neuen Themen aufgegriffen werden?
Ein Thema, das mir seit Beginn am Herzen liegt und mit jeder Staffel mehr in den Vordergrund kommt, ist „Profisport und Medien“. Dazu vertiefen wir Themen wie Freundschaft, Liebe, Betrug, Psychose, Eitelkeit, Mode und Manipulation in einer dem jetzt etwas reiferen Alter angemessenen Art.
Die erste Staffel war ein großer Erfolg, besonders bei einem jungen Publikum. Was glauben Sie, warum die Serie so gut ankommt, und was wünschen Sie sich für die Zukunft von «School of Champions»?
Ich denke, der Kern des Erfolgs ist die authentische und intensive Darstellung und Performance unseres Hauptcasts, die durch enge Zusammenarbeit von Regie, Drehbuch, Redaktionen und Produktion ermöglicht wurde. Bemerkenswert ist hier auch, dass nicht nur viele vor der Kamera ihr Serien-Debüt geliefert haben, sondern auch viele Heads – inklusive mir selbst – bei diesem Projekt zum ersten Mal in entscheidenden Positionen waren. Das hatte von Beginn an einen Spirit, bei dem sich gerne alle zusammen nach der Decke strecken, um auch ohne Hollywood-Budget eine Serie möglich zu machen, die wir uns selbst gerne ansehen wollen – und hoffentlich andere auch.
Danke für Ihre Zeit!
«School of Champions» ist in der ARD Mediathek abrufbar. Die neue Staffel ist am Freitag, den 14. Februar ab 22.20 Uhr zu sehen. Das Erste setzt die Serie am Samstag ab 00.25 Uhr mit den vier weiteren Folgen fort.