«Running Point»: Eine verpatzte Saison

Die neue Sportkomödie stammt unter anderem von Mindy Kaling. Die Produktion von Kaling International geht in den Bewertungen unter und kommt nicht in die Play-Offs der guten Unterhaltung.

Die Fernsehproduzentin Mindy Kaling hat zuletzt bei Netflix mit der Serie «Never Have I Ever» überzeugt, die Max-Serie «The Sex Lives of College Girls» ging unter. Auch in der Scooby-Doo-Serie «Velma» gab es für viele Kritiker zu viel Diversität statt guter Unterhaltung. Vor rund eineinhalb Jahren kündigte Netflix das erste Mal die neue Sportkomödie «Running Point» an, die Kaling mit Elaine Ko, Ike Barinholtz und David Stassen erfand. Die Serie mit gerade einmal zehn Episoden umfasst drei Showrunner und acht ausführende Produzenten.

Ko, Kaling, Barinholtz und Stassen schrieben gemeinsam die erste Episode, in der ein Wechsel bei dem Basketballteam aus Los Angeles, den „Waves“, vorgenommen werden soll. Nach dem Tod des Waves-Besitzers übernahm sein Sohn Cam Gordon (Justin Theroux) das Unternehmen. In der Pilotepisode ist der Manager allerdings mit Drogen hinterm Steuer in ein Restaurant gefahren und hat gleich noch eine niederländische Familie verletzt. Er muss auf Entzug, weshalb er seine erfahrene Schwester Isla (Kate Hudson) zur Leiterin des Teams erklärt. Diese ist die Skandalnudel der Familie und durfte zuletzt nur die Wohltätigkeitsabteilung mit Hilfe ihrer Assistentin Ali Lee (Brenda Song) leiten. Ness Gordon ist der verrückte durchgeknallte Bruder, dessen Charakter darüber hinaus auch nicht wirklich weiter definiert ist. Manchmal findet er Ideen gut – oder nimmt andere Züge an. Er ist mit Bituin (Jessalyn Wanlim) aus den Philippinen verheiratet, die allerdings auch nur in einer Folge als Stichwortkartengeberin fungiert.

Auf der anderen Seite gibt es noch Sandy Gordon (Drew Tarver), dem Finanzchef der Waves, dessen Charakter sich auf zwei Eigenschaften reduziert: Homosexuell und geizig. Obwohl seine Familie alles andere als homophob ist, verheimlicht er über ein Jahr seine Beziehung zu Charlie (Scott Evans), der dann kurzerhand die Reißleine zieht. Der Verkäufer Jackie Moreno (Fabrizio Guido) bekommt ebenfalls noch eine größere Rolle, denn am Ende der ersten Episode wird er als Halbbruder vorgestellt. Dieses Anhängsel, ebenso wie die Eröffnung der zweiten Episode, zeigt das große Dilemma der Serie. Es gibt für eine Komödie keinen sinnvollen Verlauf, die Serie ist durch die vielen Produzenten ein völliges Chaos. Islas Verlobter Lev Levenson (Max Greenfield) wird erst in der zweiten Folge eingeführt.

Vermutlich hat man sich hinter den Kulissen geeinigt, dass die Beziehung zum Kinderarzt Lev Levenson ein Thema werden soll, deshalb man als Arbeitsehemann auch Trainer Jay Brown (Jay Ellis) einführte, dessen Charakter im Gegensatz zu den vielen anderen Charakteren sogar etwas Tiefe besitzt. Selbst die zahlreichen Basketballspieler wie Travis Bugg (Chet Hanks), der in der Serie viel Storytime bekommt, wird pausenlos als Vollidiot inszeniert. Der neue Spieler Dayson Gibbs (Uche Agada) kommt bei regelmäßigen Team-Abendessen in Bedrängnis, weil er als Neuling die hohen Abendessen im Sterne-Restaurant nicht tragen kann. Das Thema Macht- und Geldgefälle in Sportteams wird so kurz angerissen, aber wirklich eindrucksvoll ist die Episode auch nicht geschrieben. Schließlich muss Topspieler Marcus Winfield (Toby Sandeman) wieder für vernünftige Regeln im Klub sorgen. Nach den ersten Episoden ist die Handlung leider in vielen Fällen vorhersehbar und im Gegensatz zu vielen anderen Komödien auch nicht mal lustig.



Die Witze der Serie sind Soßenflecken auf Islas Kleid, Isla fährt ins falsche Four Seasons Hotel in Los Angeles und Halbbruder Jackie bekommt aufgrund seiner neuen Bekanntheit und dem vielen ungeschützten Geschlechtsverkehr auch noch eine Syphilis. Die Jahrtausendwende möchte ihre Jokes zurückhaben, möchte man meinen. Ohnehin wird Jackie gefühlt ab Folge zwei stetig dümmer. Auch sein Plot in der letzten Episode endet im Desaster. Er möchte mit einer Tänzerin des Klubs sprechen, mit der er nach der Syphilis-Affäre kein gutes Verhältnis mehr hat. Diese stimmt letztlich doch einem Gespräch zu und ist im Anschluss überhaupt nicht mehr zu sehen. Der aufrichtige Fernsehzuschauer fragt sich, ob ihr Teil für eine entsprechende Folgenlänge einfach rausgekürzt wurde oder ob die Autoren wirklich so einen Murks verzapft haben.

«Running Point» hat für eine Komödie viel zu viele Figuren. Selbst die Intrigen der schrägen Familie sind nur halbgar. Zeitweise arbeitet Islas Bruder Cam aus der Entzugsklinik gegen seine Schwester, aber auch diese Geschichte läuft gegen eine Wand. Die neue Netflix-Comedy ist Stückwerk, das vorne und hinten nicht passt. Leider muss man feststellen, dass viele Netflix-Komödien inhaltlich schwach sind. Mit Mindy Kaling hat die Produktion eine Autorin, die früher selbst sehr gute «The Office»-Episoden verfasst hat, doch wo ist der Esprit in dieser Serie? Nichtsdestotrotz lassen sich die zehn Episoden von «Running Point» in guten fünf Stunden bingen, doch es gibt keinen nachhaltigen Eindruck. Die meisten Zuschauer werden die Serie schon in wenigen Wochen vergessen haben. Die Kate-Hudson-Sitcom ist wie ein mittelmäßiges Buch, das man ins Regal stellt und nie wieder hervorholt.

«Running Point» ist seit 27. Februar 2025 bei Netflix zu sehen.
12.03.2025 12:05 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/159331