Hana Sofia Lopes: ‚Die Arbeit mit Hans Sigl war wirklich bereichernd‘

Am Montag steht die Schauspielerin neben dem «Bergdoktor» vor der Kamera. Der Thriller soll zum Nachdenken anregen, sagt Lopes.

Hallo Frau Lopes! Können Sie uns verraten, wovon «Flucht aus Lissabon» handelt?
«Flucht aus Lissabon» ist ein Thriller, der wirklich zum Nachdenken anregt. Im Mittelpunkt steht Tom Fährmann, gespielt von Hans Sigl, ein untergetauchter Menschenrechtsaktivist, der im Auftrag des BKA eine portugiesische Kronzeugin, Sophia Moreno (also mich) ausfindig machen und in Sicherheit bringen soll. In einer Welt, in der Künstliche Intelligenz und Deepfakes immer mehr die Realität verzerren, wird es ziemlich schwer, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Der Film behandelt Themen wie politische Manipulation, digitale Desinformation und die Bedrohung demokratischer Werte: Themen, die uns heute mehr denn je betreffen. Es ist ein Film, der wirklich zeigt, wie wichtig es ist, wachsam zu bleiben und Informationen zu hinterfragen, gerade in einer Zeit, in der Technologie die Art und Weise verändert, wie wir die Welt sehen.

Was hat Sie an der Rolle der Sophia Moreno besonders gereizt?
Die Rolle der Sophia Moreno hat mich sofort angesprochen. Der Film greift hochaktuelle Themen wie Manipulation durch KI und Deepfakes auf – eine Realität, die uns alle betrifft. Es war spannend, diese Problematik filmisch zu erkunden. Gleichzeitig ist es eine zutiefst emotionale Geschichte über eine Mutter, die um ihr Kind kämpft. Diese Mischung aus Verletzlichkeit und innerer Stärke machte die Rolle besonders reizvoll.

Und als Portugiesin war es auch besonders wichtig für mich, ein Portugal zu zeigen, das fernab von den üblichen Klischees und romantisierten Darstellungen existiert. Der Film beleuchtet eine ganz andere, viel komplexere Seite, des Landes, was mich als Schauspielerin sehr gereizt hat.

Und schließlich – dass die Figur auch Sophia heißt, fühlte sich fast wie ein Zeichen an und machte die Rolle für mich noch persönlicher.

Sie spielen eine Mutter, die sich in einer Extremsituation befindet. Wie haben Sie sich auf diese emotionale Herausforderung vorbereitet?
Ich habe bisher in über 50 Projekten in meiner Karriere mitgespielt, aber es ist das erste Mal, dass ich eine Mutter spiele, und in meinem echten Leben habe ich noch keine Kinder. Die Entführung ihres Kindes ist für Sophia der absolute Albtraum, der sie an ihre Grenzen bringt und sie in eine unvorstellbare Situation katapultiert. Um mich auf diese Rolle vorzubereiten, habe ich mir viele Filme und Dokumentationen über echte Entführungsfälle angesehen. Besonders beeindruckt und bewegt hat mich der portugiesische Film „Alice“ von Marco Martins. Ich habe auch über eine portugiesische Mutter gelesen, deren Kind vor fast 30 Jahren entführt wurde, und die immer noch nach ihm sucht – ihre Geschichte hat mich zutiefst erschüttert.

Ich habe versucht, persönliche Emotionen, meine Empathie und die Erkenntnisse aus den Dokumentationen in die Rolle einzubringen. Wichtig war für mich, dass ich Sophia nicht nur als eine Actionfigur im Thriller entwerfe, sondern dass ihr emotionaler Kern – die Mutter, die ihr Kind sucht – der Mittelpunkt der Geschichte war.

Lissabon ist eine der Hauptkulissen des Films. Wie war es für Sie, dort zu drehen? Gibt es eine besondere Erinnerung an den Drehort?
Ich habe meine Karriere in Lissabon begonnen, als ich 23 Jahre alt war und in portugiesischen Fernsehserien gespielt habe. Nach einigen Jahren bin ich dann ins Ausland gegangen, nach Paris und zurück nach Luxemburg, um mich mehr dem Theater und Film zu widmen. Es war also etwas Besonderes, jetzt für diesen deutschen Film wieder nach Lissabon zurückzukehren. Besonders, weil ich sehr stolz auf meine Herkunft bin, sehr stolz auf Portugal – und es für mich eine Ehre ist, meine Kultur im deutschsprachigen Raum zu zeigen.

Wie jeder Schauspieler sagen wird: Der erste Drehtag ist immer etwas ganz Besonderes, den behält man tief im Gedächtnis. Mein erster Drehtag bei diesem Film war am Praça do Comércio, einem der emblematischsten Plätze in Lissabon. Und jedes Mal, wenn ich diesen Platz jetzt überquere, muss ich an «Flucht aus Lissabon» denken.

Der Film behandelt hochaktuelle Themen wie Cyberkriminalität und politische Manipulation. Wie haben Sie sich mit diesen Aspekten vertraut gemacht?
Cyberkriminalität und politische Manipulation waren lange abstrakte Konzepte für mich, aber die Wahrheit ist, dass diese Themen viel näher an uns sind, als man zunächst denkt. Um mich mit diesen Aspekten vertraut zu machen, habe ich mich mit der aktuellen digitalen Landschaft beschäftigt und auch hierzu einige Dokumentationen und Berichte über die Auswirkungen in der realen Welt angeschaut. Ich habe auch versucht, einen Zusammenhang zwischen den aktuellen politischen Situationen und den Konzepten, über die ich gelesen habe, herzustellen. Schon interessant, wie diese abstrakten Themen in realen, praktischen Kontexten angewendet werden können. Der Film hat mir definitiv geholfen, ein tieferes Verständnis für die Relevanz dieser Fragen zu entwickeln.

Wie war die Zusammenarbeit mit Hans Sigl, der den Fluchthelfer Tom Fährmann spielt?
Die Arbeit mit Hans Sigl war wirklich bereichernd. Hans ist ein sehr erfahrener und charismatischer Schauspieler und hat während der Dreharbeiten eine starke Präsenz am Set. Da ich zum ersten Mal eine so tiefgründige und emotionale Rolle in deutscher Sprache gespielt habe, war dies manchmal eine besondere Herausforderung für mich. Es gab Momente der Unsicherheit, besonders bei bestimmten Textpassagen, aber Hans hat mir immer das Gefühl gegeben, gut aufgehoben zu sein. Er hat mich in schwierigen Momenten ermutigt und unterstützt.

Gab es eine Szene, die für Sie besonders herausfordernd war – sei es emotional oder körperlich?
Die Szenen auf dem Boot waren definitiv eine Herausforderung. Es war das erste Mal, dass ich auf einem Boot gedreht habe. Anfangs war es spannend, denn so ein Dreh hat was, aber nach einiger Zeit wird einem bewusst, wie schwierig es eigentlich ist: Der Wind, das Licht, der begrenzte Raum und die langen Stunden auf dem Meer. Insgesamt waren die Bootsszenen sicherlich die anspruchsvollsten des gesamten Drehs.

Sie sprechen viele Sprachen fließend. Hat das beim Dreh in einem internationalen Umfeld eine besondere Rolle gespielt?
Ich spreche sieben Sprachen und habe in ganz Europa und Kanada gearbeitet, daher bin ich an multikulturelle Umgebungen gewöhnt. In Luxemburg aufgewachsen, wo täglich mehrere Sprachen gesprochen werden, ist das für mich ganz natürlich. Am Set sprachen viele Crew-Mitglieder Portugiesisch, während die meisten Schauspieler und das künstlerische Team Deutsch sprachen. Es ist immer interessant, wenn die Leute vergessen, dass ich ihre Sprache verstehe und dann freier sprechen. (Lacht) Manchmal war es jedoch eine Herausforderung, weil ich mich auf die deutsche Sprache konzentrieren musste, um meine Rolle emotional voll auszufüllen. In solchen Momenten versuchte ich, in meiner „Blase“ zu bleiben, um mich ganz auf meine Arbeit zu fokussieren. Das Team hat das sehr gut verstanden, und nach dem Arbeitstag war ich wieder ganz ich selbst und konnte alle Sprachen sprechen.

Inwiefern hat diese Rolle Ihren Blick auf Technologie und ihre Gefahren, insbesondere Deep Fakes, verändert?
Ich bin überhaupt kein Technikmensch. Vor dem Film war das Thema für mich abstrakt, aber Deepfakes sind längst Realität. Sie beeinflussen unser Leben, die Entwicklung ist rasant. Vielleicht denken wir, wir erkennen sie, aber sie verändern bereits unser Verständnis von Realität. Durch den Film wurde mir das erst richtig bewusst – und ehrlich gesagt: Es ist beunruhigend.

Was unterscheidet «Flucht aus Lissabon» von anderen Thrillern, in denen es um Spionage, Verrat und gefährliche Missionen geht?
«Flucht aus Lissabon» verbindet Spannung mit einer hochaktuellen Thematik. Wir leben in einer Zeit, in der Manipulation nicht mehr nur auf politischer oder persönlicher Ebene stattfindet, sondern auch digital, oft ohne, dass wir es merken. Der Film spielt mit dieser Unsicherheit: Wem kann man trauen? Was ist real? Und was, wenn die Wahrheit eine Illusion ist?

Was ihn besonders macht, ist nicht nur die packende Story, sondern auch die Atmosphäre: Lissabon ist nicht nur Kulisse, sondern ein eigener Charakter im Film. Gleichzeitig geht es im Kern der Geschichte um eine Mutter, die alles für ihren Sohn riskiert. Diese emotionale Ebene macht den Film nicht nur spannend, sondern auch tief berührend – und wegen der Thematik könnte der Film nicht aktueller sein.

Was nehmen Sie persönlich aus dieser Erfahrung mit – sei es für Ihre Karriere oder für Ihr eigenes Leben?
Was ich definitiv aus dieser Erfahrung mitnehme, ist, dass ich eine innere Stärke in mir entdeckt habe, von der ich nicht wusste, dass sie da ist. Wenn mir vor einigen Jahren jemand gesagt hätte, dass ich eine Hauptrolle in einem Film auf Deutsch übernehmen würde, hätte ich das nicht geglaubt. Wegen meines Akzents dachte ich, dass so etwas für mich nicht möglich sei. Aber ich habe gelernt, mir selbst zu vertrauen, auf meine Instinkte und auch auf das Leben zu vertrauen – und das ist eine Erkenntnis, die mich für immer begleiten wird. Was ich außerdem mitnehme, ist die Entdeckung eines ganzen Landes und einer Kultur: der deutschen Kultur. Die Arbeit mit den deutschen Kollegen war unglaublich bereichernd. Ich freue mich darauf, in Zukunft noch mehr über diese Kultur zu erfahren.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Das ZDF zeigt «Flucht aus Lissabon» am Montag, den 17. März 2025, um 20.15 Uhr.
14.03.2025 12:48 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/159474