Das Jüngste Quoten-Gericht: Ist «Let’s Dance» zu lang?

Montags blickt Quotenmeter auf aktuelle Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops und ordnet diese ein. Diesmal geht es um die derzeit erfolgreichste RTL-Show und die Frage, ob dem Publikum die Sendungen zu lang sind?

Es ist Freitagabend und die Rollen sind verteilt: Das Publikum ist müde von der langen Arbeitswoche. RTL soll für gute Laune und Ablenkung sorgen. Ähnlich klar ist auch der Rahmen in der aktuell erfolgreichsten RTL-Unterhaltungsshow «Let’s Dance» abgesteckt, in der zahlreiche Promis und angehende Sternchen sich mit Welt- und Europameistern des Tanzsports zusammentun, um für sehenswerte Darbietungen auf dem Parkett zu sorgen. Moderatorin Victoria Swarovski empfängt die Tänzer nach ihren Performances und stellt ihnen mal mehr, mal weniger geistreiche Fragen, während ihr Co-Moderator Daniel Hartwich versucht die Jury im Zaun zu halten. Diese Jury besteht aus dem immer einen positiven Aspekt findenden Jorge González, der stets gut gelaunten, aber bei Bedarf strengen Motsi Mabuse und dem vermeintlichen Bösewicht Joachim Llambi, der sich in seiner Rolle als Jo Gerner von «Let’s Dance» am besten gefällt, aber sich noch mehr freut, wenn er aus dieser Rolle unerwartet ausbricht. Am Ende des Abends scheidet ein Teilnehmer aus, der sich sofort RTL-VIP-Reporterin Frauke Ludowig für ein «Eclusiv Spezial»-Interview zum Interview stellen muss.

RTL verpackt dieses Spektakel seit 19 Jahren und inzwischen 18 Staffeln am Freitagabend in rund drei Stunden Live-Sendezeit. Der Ablauf ist nahezu perfekt austariert und deshalb quasi unverhandelbar, dennoch hat sich die Produktionsfirma Seapoint Productions in diesem Jahr ein paar Kniffe ausgedacht, um der Show neue Impulse zu geben. Statt der sich wiederholenden Mottos der einzelnen Shows hat man diese etwas angepasst und kombiniert Disco und Rock oder lässt bemerkenswerte Tänze vergangener Staffeln wiederaufleben, die die neuen Kandidaten inszenieren müssen. Auch der Einsatz von Zusatz-Challenges wurde angepasst: Die Jury-Challenge erfolgte bereits in Show sechs und damit deutlich früher als im Vorjahr (Show 8).

Tolle Werte, aber…
Das Publikum dankt es weiterhin mit regem Einschalten. Im Schnitt schalteten die aktuelle Staffel 3,38 Millionen Zuschauer ein, sodass RTL sich über einen regelmäßigen Marktanteil von 16,4 Prozent im Gesamtmarkt freuen darf. Am vergangenen Freitag lag die Sehbeteiligung gar bei 3,56 Millionen, der Marktanteil bei 16,4 Prozent. In der Zielgruppe setzte es mit 0,93 Millionen 14- bis 49-Jährigen und 22,0 Prozent neue Staffelbestwerte. Sicherlich dürfte auch die tänzerische Einbindung des steten Bewegungsverweigerers Daniel Hartwich geholfen haben.

Was zu all der berechtigten Jubelstimmung aber auch zur Wahrheit gehört: Im Vergleich zum Vorjahr verlor «Let’s Dance» im Schnitt rund 230.000 Zuschauer. Mit 3,61 Millionen Zusehern erreichte der Kölner Sender im Jahr 2024 einen Marktanteil von 16,9 Prozent. Auch in der Zielgruppe bewegte sich das Ergebnis zuletzt etwas höher. Während im vergangenen Jahr im Schnitt 0,94 Millionen Umworbene sowie 21,0 Prozent gemessen wurden, liegt die aktuelle Runde bei einer Durchschnittsreichweite von 0,80 Millionen Jüngeren und 19,0 Prozent. Dennoch suhlt sich RTL dieser Tage im Ruhm seiner Tanzsendung.

Hohe zeitversetzte Nutzung gleicht Verluste etwas aus
Das liegt jedoch nicht nur an den am Folgetag ausgegeben Werten der AGF Videoforschung, sondern auch an der zeitversetzten Nutzung. RTL sprach in einer Mitteilung von der „am stärksten zeitversetzt genutzten privaten Sendung im aktuellen Jahr“. Tatsächlich erzielte «Let’s Dance» bislang durch die endgültig gewichteten Daten einen Reichweitenanstieg von rund 400.000 Zuschauer pro Folge. Besonders erfolgreich dabei die Folge vom 21. März, die mit einer Nettosendezeit von zwei Stunden 59 Minuten und 41 Sekunden die zweitlängste der bisherigen Staffel war. Das Ende der Show erfolgte erst um 00:12 Uhr. Zeitversetzt markierte die Sendung einen Anstieg um 0,49 Millionen Zuschauer ab drei Jahren.

Im Vergleich zum vergangenen Jahr deutet sich ein klarer Zuwachs in der zeitversetzten Nutzung an. Kamen die 13 Folgen der 17. Staffel im Schnitt auf einen Zuwachs um 0,34 Millionen Zuschauer, liegt die aktuelle Staffel mit ihren bisher endgültig gewichteten sieben Folgen bei einem Plus um 0,40 Millionen. Dadurch verkleinert sich logischerweise auch die Kluft zwischen den beiden Staffeln. Die 18. Season liegt in der Endabrechnung aktuell nur knapp 0,19 Millionen Zuschauer hinter der 17. Runde. Vergleicht man nur die vorläufigen Daten ist der Abstand wie erwähnt etwas größer (0,23 Mio. Differenz).

Der Erfolg von «Let’s Dance» ist ungebrochen. RTL und Seapoint produzieren jeden Freitag ein Marathon-Event, an dem sich Jung und Alt erfreut. Es ist aber auch festzustellen, dass die Sendung in diesem Jahr ein wenig länger dauert als im Jahr zuvor. Die Netto-Sendungslängen variieren teilweise stark und reichen von zwei Stunden 38 Minuten bis zu fast genau drei Stunden. Das ist zwar nicht neu, dennoch liegt die aktuelle Staffel bei einer durchschnittlichen Netto-Länge von zwei Stunden 51 Minuten und 36 Sekunden. In 2024 betrug die Laufzeit rund vier Minuten weniger und lag bei zwei Stunden 47 Minuten und fünf Sekunden. Das mag wie ein willkürlicher Wert klingen, sollte gemeinsam mit der gestiegenen zeitversetzten Nutzung gleichzeitig ein Warnsignal für die Produzenten und den Sender sein. Allzu viel mehr sollte man die Live-Sendung eher nicht aufblähen, um die Daten am nächsten Tag nicht allzu sehr in den Keller zu drücken. Das lässt sich zwar im Nachhinein etwas ausgleiche, aber eine Live-Show aus der Dose verliert eben auch ihren Charme. Aktuell darf man die freitägliche Unterhaltung noch einige Wochen genießen, nur in dieser Woche gibt es aufgrund des Karfreitags traditionell keine Live-Show.
14.04.2025 17:00 Uhr  •  Veit-Luca Roth Kurz-URL: qmde.de/160418