Er ist wieder da – Fynn Kliemann

Der Hessische Rundfunk ließ Fynn Kliemann am Ostermontag wiederauferstehen. Die neue Dokumentation ist eigentlich eine Frechheit von Autorin und Kliemann.

Klaas Heufer-Umlauf kündigte ihn einst als den „Heimwerker-König von YouTube“ an, Jule Lobo bezeichnete ihn als die „männliche Pippi Langstrumpf“. Beste Voraussetzungen also, um Everybodys Darling zu werden. Doch dann veröffentlichte Jan Böhmermann ein Enthüllungsvideo, das dazu führte, dass sämtliche Kooperationen zwischen dem Kliemannsland und externen Partnern auf Eis gelegt wurden. Das «ZDF Magazin Royale» verfügte über einen riesigen Datensatz mit brisanten Chatnachrichten, die Kliemann alles andere als gut aussehen ließen.

Ein früherer Assistent, ein gekündigter Mitarbeiter – oder einfach ein besorgter Mensch – hatte offenbar zahlreiche interne Dokumente gesammelt und an das ZDF weitergegeben. Wer hinter diesem Coup steckt, ist bis heute unklar. Der Hessische Rundfunk zeigte die Dokumentation am Ostermontag, dem 21. April 2025, im linearen HR-Fernsehprogramm. Die Hoffnung: Wenn schon Jesus auferstehen konnte, dann doch vielleicht auch der einstige YouTube-Star.

Die Journalistin Mariska Lief versucht in «Fynn Kliemann – Ich hoffe, ihr vermisst mich» eine Reportage über den Tausendsassa zu inszenieren. Herausgekommen ist dabei allerdings weniger ein journalistischer Film als vielmehr ein PR-Stück für sein im Januar veröffentlichtes Album „Tod“. In dieser einstündigen „Dokumentation“ – die eher wie eine Reality-Reportage wirkt – wird Kliemann beim Handwerken mit seinem Team begleitet. Gezeigt wird auch die Vorbereitung einer Ausstellung, die parallel zur Albumveröffentlichung in Hamburg stattfand.

Doch statt kritischer Reflexion rührt Kliemann lieber die Werbetrommel. Nach einer gemeinsamen Schwimmrunde mit seiner Mutter wird das Thema Tod seines Vaters für ihn zu emotional, woraufhin er vor laufender Kamera kindisch herummault. Während der Dreharbeiten war Kliemann 36 Jahre alt – ein erwachsener Geschäftsmann, der allerdings nur dann aus sich herauskommt, wenn es um Musik geht. Seit über 15 Jahren macht er Musik und sei einst ins Internet gegangen, weil es „die ersten paar Handvoll Leute“ gegeben habe, die seine Songs mochten. Kritische Albumrezensionen? Die Schuld liege – wie so oft – bei den Journalisten. Wenn zwei Lastwagen voller Platten das Gelände verließen, könne das ja schließlich kein Schrott sein, moniert er vor der Kamera.

Eine ernsthafte Aufarbeitung des Skandals bleibt die Doku schuldig. Das Kliemannsland in Rüspel wurde teilweise mit öffentlichen Geldern (unter anderem von FUNK) finanziert. Die Organisation Viva con Agua veranstaltete auf seinem Anwesen Netzwerk-Treffen. Doch in der Doku wirken immer die anderen schuld. Der selbstgebaute Skatepark? Darf nicht benutzt werden. Kliemanns Erklärung: Man wollte erst einmal bauen und sich dann eine Genehmigung holen. Dass er damit einen Schwarzbau errichtet hat, scheint ihm gar nicht bewusst zu sein – oder ist ihm schlicht egal.

Auch Mariska Lief konfrontiert Kliemann nicht wirklich. Statt kritischer Distanz fährt sie mit ihm nach Hamburg, um das neue Album zu promoten. Dafür wurde sogar ein alter Leichenwagen umgebaut, mit dem sie gemeinsam mit Fans durch die Stadt fahren. Kritische Fragen? Fehlanzeige. Eine therapeutische Aufarbeitung der Ereignisse? „Kann er nicht“, sagt Kliemann, „dafür sei er nicht der Typ.“

Viel zu viel Zeit wird mit Wegbegleitern wie Tim Mälzer, Jule Lobo sowie den YouTubern Zeo und Der Dunkle Parabelritter verbracht. Informativ ist allein Christian Solmecke, der juristisch einordnet: Nicht entscheidend sei, woher die Masken stammten – sondern, ob sie funktionierten. Kliemann wurde nie verurteilt, weshalb er in diesem Punkt rechtlich als unschuldig gilt.



Verurteilt wurde er jedoch von einem Großteil seiner Fans. Vergeben hingegen offenbar von der Filmemacherin Mariska Lief, die zuletzt mit Patrick Stegemann und Khesrau Behroz den Film «Crunch – Traum und Albtraum in der Gaming-Industrie» realisiert hatte. In der Kliemann-Doku erzählt der YouTuber, dass er tageweise nur noch Kette geraucht habe und kaum schlafen konnte. Millionen von Fans würden mit ihm dennoch tauschen, immerhin hat er keine finanziellen Probleme. Jan Böhmermann sagte später, dass „Leute aus dem Inneren“ unzufrieden mit Kliemanns Verhalten und dem seiner Geschäftspartner gewesen seien. In einem Beitrag bei «Krause kommt» behauptete Kliemann sogar, er habe weder privat noch beruflich Geld – obwohl er nachweislich an mehreren Firmen beteiligt war.

Am Ostermontag ist Fynn Kliemann jedenfalls nicht auferstanden. «Fynn Kliemann – Ich hoffe, ihr vermisst mich» bietet weder Aufarbeitung noch Entschuldigung. Stattdessen muss man sich als Zuschauer gefallen lassen, dass Kliemann sich weiterhin über Journalisten, Fans und alle empört, die eine kritische Meinung zu ihm haben.
26.04.2025 11:45 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/160675