Schumi tritt auf die Bremse - die Quoten auch?

Am Sonntag brach wohl nicht nur für zahlreiche Motorsport-Fans, sondern auch für RTL eine kleine Welt zusammen: Mit Michael Schumachers Karriere-Ende verliert der Privatsender eines seiner Zugpferde, das über viele Jahre hinweg die Einschaltquoten am Sonntag in die Höhe trieb.

„Zeitpunkte werden Gott sei Dank von den Hauptdarstellern festgelegt“, so Manfed Loppe, RTL-Sportchef gegenüber Quotenmeter.de, über den Zeitpunkt von Schumis Schlussstrich. „Michael Schumacher wird sich schon ausreichend Gedanken gemacht haben. Aber warum sollte man eigentlich nicht auf dem Höhepunkt zurücktreten dürfen, oder?!“ Loppe weiter: „Michael Schumacher hat es auf jeden Fall allen nochmal gezeigt und wir sind sehr glücklich, dass wir ihn 15 Jahre bis zum heutigen Tag begleiten durften.“

Doch nicht nur Schumacher selbst, sondern auch die Gesichter und Stimmen von RTL stehen nun vor einer spannenden Herausforderung: Wie meistern sie in den nächsten Saison die Schumi-freie Zeit? Seit dem 9. Mai 1993 kommentiert Heiko Waßer bereits für RTL die Rennen der Formel 1. Tat er dies anfangs noch an der Seite von Jochen Mass, darf seit nunmehr acht Jahren bereits Christian Danner mit ihm gemeinsam vor einem Millionenpublikum analysieren.

Waßers Karriere begann schon früh: Ab 1976 war er unter anderem als freier Mitarbeiter bei der WAZ tätig. Von 1985 bis 1986 war Waßer als Animateur im Robinson-Club Nea Sivota/Griechenland beschäftigt. Rückblickend bezeichnete er diese Zeit, in der nicht nur die Volontariatspläne, sondern auch seine gerade angefangene Magisterarbeit an der Ruhr-Universität Bochum zum Thema „Die Rolle der Frau in der amerikanischen Detektivliteratur“ aufgab, als „Sturm-und-Drang-Jahre“. Anschließend arbeitete er unter anderem für den WDR, ehe ihn Anfang 1992 damalige designierte Sportchef Burkhard Weber zu RTL holte. Dort war er ab dem 1. April 1992 hauptsächlich als Redakteur beschäftigt.

Lange bei RTL ist auch Florian König: Im August 1994 wechselte er von der ARD zu RTL, wo er die Moderation der Formel 1-Übertragungen übernahm. Außerdem vertrat er gelegentlich Günther Jauch bei den Skispring-Übertragungen. 2006 kommentierte König Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft bei RTL vor einem Millionenpublikum.

Nach dem Abitur studierte er Sport und Publizistik. Anschließend arbeitete er zunächst als freier Mitarbeiter beim Südwestrundfunk. In der Saison 1991/92 durfte er für die ARD-Sportschau von der Fußball-Bundesliga berichten. Er berichtete außerdem 1992 von den Olympischen Spielen in Barcelona und 1993 von der Leichtathletik-WM in Stuttgart.

Doch auf Namen wie Heiko Waßer und Florian König müssen die Zuschauer ab der kommenden Saison wohl nicht verzichten: Vielmehr geht mich Michael Schumacher das Zugpferd von RTL. Stets waren die Formel 1-Wochenenden die einzigen Lichtblicke für RTL – mit normalen, sportfreien Tagen konnten die Kölner samstags und sonntags fast nie überzeugen.

Schumachers Weg in die Formel 1 stand schon früh fest: Als Sohn des Pächters einer Kartbahn in Kerpen, konnte er bereits sehr früh Motorsport betreiben. Bei Kartrennen traf er schon in jungen Jahren auf einige der zukünftigen Formel-1-Rivalen wie Heinz-Harald Frentzen und Nick Heidfeld oder auch den Finnen und späteren Weltmeister Mika Häkkinen. 1988 wurde Schumi Vizemeister in der Formel Ford und wechselte daraufhin in die Formel 3 zum Team seines Managers Willi Weber, der nach dem Weggang seines bisherigen Schützlings Joachim Winkelhock in die Formel 1 und in die DTM einen adäquaten Ersatz suchte.

Dank einer Bürgschaft von Mercedes konnte Schumacher bei Testfahrten in Silverstone seine Eignung als Formel-1-Fahrer unter Beweis stellen. Jordans Stammfahrer Bertrand Gachot saß im Gefängnis, weil er einen englischen Taxifahrer mit Reizgas besprüht hatte, was im Großbritannien als Verstoß gegen das Waffengesetz gilt.

Nach nur einem Rennen warb das Team Benetton-Ford, das mit dem dreifachen Weltmeister Nelson Piquet schon mehrere Grand Prix gewonnen hatte, den Neuling schließlich von Jordan ab. Für Benetton errang Schumacher beim Großen Preis von Italien in Monza seine ersten beiden WM-Punkte. 1994 und 1995 wurde er zum ersten Mal Weltmeister, danach wechselte er zu Ferrari, wo fünf weitere Titel folgten – und der Ruhm in aller Welt größer wurde, was auch dem Kölner Sender RTL selbstverständlich gefiel, waren die Einschaltquoten doch stets hervorragend.

Zum Saison-Ende erfolgt nun also der Rückzug des Formel 1-Champions. Dass der Kölner Sender RTL es lieber gesehen hätte, wenn Schumacher noch ein oder zwei Jahre weitergefahren wäre, ist klar. Nicht nur aus sportlicher Sicht wäre das erfreulich gewesen, sondern auch den Quoten hätte es gut getan. In Köln schippert man nun in eine ungewisse Zukunft. Grundsätzlich sind zwei Szenarien möglich: Die Fans interessiert es brennend, wer das Erbe von Michael Schumacher antritt, verfolgen, ob es Bruder Ralf doch noch schafft auch nur annähernd so erfolgreich zu werden wie Bruder Michael und interessieren sich dafür, wie sich Massa und Räikönnen im Ferrari schlägt. Das ist das perfekte Szenario aus Sendersicht. Möglichkeit zwei: Der Welle der Formel 1-Begeisterung ebbt ab und die Quoten brechen ein.

Dass Werte von 50 Prozent Marktanteil nicht zu halten sind, ist außer Frage. Spannend ist nur, wie hoch die Abschläge sind, die RTL hinnehmen muss. „Das Reizvolle am Fernsehgeschäft ist, dass man die Ergebnisse erst nach der jeweiligen Ausstrahlung erfährt“, sagt Manfred Loppe, RTL-Sportchef, im Gespräch mit Quotenmeter.de. Zum jetzigen Zeitpunkt Prognosen abzugeben sei unmöglich, sagt er. „Das Bauchgefühl sagt aber, dass wir mit zwei deutschen Top-Marken, drei Top-Fahrern und einem Ausnahmetalent im Wartestand sehr gut aufgestellt sind, um weiterhin faszinierende Rennen zu übertragen“, so Loppe weiter. Große Zuversicht klingt anders, aber so ist es eben: Man muss nun versuchen, das Beste aus der Situation herauszuholen.

Mögliche Kürzungen im Umfang der Formel 1-Übetragung schließt man bei RTL aber aus: „Ich gehe davon aus, dass wir auch im Jahr 2007 unsere Verpflichtung gegenüber dem Zuschauer nachkommen werden, nämlich einer weiterhin ausführlichen Berichterstattung“, so Loppe. Auch in den vergangenen Jahren habe sich das Sendeschema rund um die Übertragungen nur geringfügig verändert.

Viel spannender ist wohl die Frage, wie es mit der Formel ab der Saison 2008 weitergeht. Sowohl die Verträge für das Free-TV (RTL), als auch für das Pay-TV (Premiere) laufen aus. Immer Sommer kündigte bereits der neue Fußball-Sender arena Interesse an der Motorsportart an. In Köln wird jetzt sicherlich genau gerechnet: Lohnt es sich, in weitere Rechte an der Formel 1 zu investieren? Dazu Manfred Loppe: „Natürlich besteht weiterhin Interesse am Motorsport und insbesondere an der Formel 1. Formel 1 und RTL haben voneinander profitiert und wirklich tolle Zeiten erlebt.“ Ob die Zeiten aber ohne Michael Schumacher genau so toll werden, muss sich erst zeigen. Auch der abschließende Satz von Loppe lässt Raum für Spekulationen: „Wenn das Gesamt-Set-up stimmt, steht den Rennübertragungen aus unserer Sicht nichts mehr im Wege.“ Was im Gesamt-Set-Up enthalten sein muss, bleibt offen. Dennoch macht der Kölner Sender im Moment genau das Richtige: Abwarten und dafür Sorgen, dass die Qualität der Übertragungen gewohnt hoch bleibt.

Ein Stückchen gelassener ist Premiere Sport-Vorstand Carsten Schmidt. Auch er äußerte sich im Gespräch mit Quotenmeter.de zum Rücktritt Schumachers: „Es besteht kein Zweifel, dass der Rücktritt von Michael Schumacher für die Formel 1 ein großer Verlust ist“, erklärt er die Gesamtsituation, die nicht nur die Fans betreffe, sondern auch das gesamte Formel 1-Umfeld - und somit auch die TV-Sender, die, wie Schmidt betont, eine der größten Identifikationsfiguren dieses Sports verlieren würden. „Mit Michael Schumacher wird der dominierende Fahrer der letzten Jahre und das Motorsport-Aushängeschild in Deutschland die Formel 1 verlassen“, beschreibt Schmidt die Situation.

„Allerdings ist die Faszination Formel 1 nicht allein auf einen Fahrer zurückzuführen. Die deutschen Farben werden durch die drei anderen Fahrer und weitere Motorsporttalente wie Sebastian Vettel auch in den nächsten Jahren in der Königsklasse des Motorsports sehr gut vertreten sein“, so Schmidt weiter. Zudem wisse der Sender, dass die Premiere-Zuschauer echte Motorsportfans seien, die das gesamte Geschehen in der Formel 1 interessiere. Deshalb sei das Premiere-Publikum nicht so stark auf Michael Schumacher fokussiert.

Ebenso wenig wie RTL wird Premiere seine Berichterstattung von der Strecke im Jahr 2007 einschränken. Auch in der kommenden Saison werde Premiere so umfangreich wie kein anderer Sender von der Formel 1 berichten. „Unsere Zuschauer können sicher sein, dass sie auch im nächsten Jahr die kompletten Rennwochenenden auf Premiere in erstklassiger Qualität und ohne Werbeunterbrechungen verfolgen können“, verspricht Carsten Schmidt. Geht es nach dem Willen von Schmidt, soll die Formel 1 auch über das Jahr 2007 hinaus bei Premiere fahren. Die Königsklasse sei neben dem Fußball „unsere zweite starke Säule im Sport-Programm“, so Schmidt. Diesbezüglich sei Premiere in Verbindung mit Formel 1-Chef Bernie Ecclestone.
13.09.2006 12:00 Uhr  •  Alexander Krei und Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/16459