«Kreis runde Sache»: Wenn im Fernsehen der Winter einbricht
An drei Tagen in der Woche befasst sich unser Kolumnist Alexander Krei mit dem Sinn und Unsinn der Fernsehwelt. Thema heute: Wintereinbruch in den Nachrichten.
Wer immer dachte, dass nur unsere Super-Politiker immer und immer wieder dieselben leeren Worthülsen nach außen tragen, lag wohl falsch. Ein ähnliches Phänomen lässt sich dieser Tage auch wieder im Fernsehen begutachten.
Hier geht es jedoch nicht nur ums reine Wort, sondern auch um das damit verbundene Bild. Kaum bricht der Winter hierzulande ein, wird in den Nachrichtensendungen der Republik nicht nur darüber gesprochen… Nein, die passenden Bilder müssen her! Dabei spielt es keine Rolle, dass in der Ostsee ein Tanker wegen starken Seegangs gekentert ist – viel wichtiger ist den Journalisten von heute wohl die Tatsache, dass kleine Kinder endlich wieder Schneemänner bauen können.
Mittlerweile haben Bilder von im Schnee spielenden Kindern zum Thema „Wintereinbruch“ beinahe den Stellenwert des Wörtchens „Amen“ nach einem Gebet. Es ist einfach Pflicht, sie zu zeigen. Und ein wenig lustig zugleich, wenn sich die kleinen Gören gegenseitig den kalten Matsch in die Mundwinkel reiben.
Einen mindestens genauso hohen Stellenwert hat ein anderer Ausschnitt, der pro Nachrichtensendung gefühlte sieben Mal ausgestrahlt wird: Die Menschenmasse. Wann auch immer vom Volk gesprochen wird – zu sehen ist eine überfüllte Fußgängerzone. Welche Bilder zeigen Sender, wenn den Deutschen mal wieder die Mehrwertsteuererhöhung gehörig auf den Sack geht? – Klar: Die beliebte Menschenmasse muss her.
Ein Sechser im Lotto ist für Nachrichtenredakteure von heute aber folgende Meldung: „Die Deutschen freuen sich über den Winter.“ Dann gibt’s nicht nur Szenen einer Fußgängerzone, sondern die spielenden Kinder gleich noch gratis dazu. Amen…
Die nächste Ausgabe unserer Kolumne „Kreis runde Sache“ erscheint am Montag - natürlich bei Quotenmeter.de.
03.11.2006 00:00 Uhr
• Alexander Krei
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Quelle: Quotenmeter.de
Kurz-URL: qmde.de/17270