Sonntagsfragen an Rainer Wemcken (Teil II)
Der Geschäftsführer der Grundy UFA sprach mit Quotenmeter.de über die Quotenprobleme der täglichen Serien «Alles was zählt» und «Verliebt in Berlin», zeigte sich aber zuversichtlich, die Serien nach vorne zu bringen. Außerdem spricht er über Pläne für eine Late-Prime-Telenovela.
Im Januar startete «Tessa» im ZDF. Sie haben das Format damals als „Telenovela der zweiten Generation“ angekündigt. Und sie stand auch im Nachhinein für eine zweite Generation der Telenovelas – nämlich für die unerfolgreiche Generation. Was lief denn falsch?
Wir sind auf einem Sendeplatz gestartet, auf dem schon seit Wochen der «Sturm der Liebe» recht erfolgreich lief. Als zweite Telenovela ein ähnliches Publikum anzusprechen, das ist wahrscheinlich einfach nicht möglich – da gibt es wahrscheinlich nicht genug Masse. Außerdem muss man wohl sagen, dass auch die Geschichte nicht so stark war. Sie hat die Menschen möglicherweise nicht wirklich angesprochen – wobei: Da bin ich mir gar nicht so sicher, denn in Österreich lief «Tessa» hervorragend. In der Schweiz wiederum lief es auch nicht so berauschend. Irgendwas Interessantes muss «Tessa» also schon gehabt haben. Wir hatten beispielsweise eine ganz tolle Hauptdarstellerin. Deswegen würde ich nicht sagen, dass das gesamte Produkt schlecht war, es war vielleicht nur nicht klar genug definiert.
Passen denn die Genres Krimi und Liebesgeschichte zusammen? Möglicherweise scheiterte das Format auch an den Krimi-lastigen Geschichten… Auch die ARD tut sich mit «Das Geheimnis meines Vaters» sehr schwer.
Das ist möglicherweise auch ein Punkt. Krimigeschichten laufen in täglichen Serien nicht wirklich gut. Das kann man mal einen Strang lang machen, aber es darf auf keinen Fall zu viel werden.
Im September zeigten Sie dann das «Verliebt in Berlin»-Finale. Hatten Sie einen Favoriten? David oder Rokko?
Ich hatte immer David als Favorit. Das war für mich die Geschichte, die wir von Anfang an erzählt haben. Dass wir die Story zum Ende hin so spannend gestalten konnten, ist wahnsinnig toll. Ich muss hier auch ein ganz großes Lob an unsere Autoren aussprechen.
Die Hochzeitsfolge war reichweitentechnisch die erfolgreichste Folge einer täglichen Serie überhaupt und lag sogar vor den diversen Jubiläumsfolgen von «Gute Zeiten, schlechte Zeiten».
Es gab bei «GZSZ» einmal eine Dreifachfolge, in der ein Brand in der Bar ausgebrochen ist. Die hatte auch sehr gute Quoten. Aber ich glaube, Sie haben Recht.
Aber die Zahlen an sich dürften Sie schon überrascht haben.
Ehrlich gesagt habe ich mit diesen Quoten nicht gerechnet, das stimmt. Mir war klar, dass das Finale ein Hype wird, dass auch viele Zuschauer zusehen werden, habe aber eher an Regionen von etwa 30 Prozent in der Zielgruppe gedacht.
Tim Sander hat nun die Nachfolge von Alex Neldel übernommen. Und es war klar, dass er die Werte von Alexandra Neldel wohl nicht halten kann. Umso erfreulicher war dann die Quote zum Start mit über 20 Prozent Marktanteil. Inzwischen sind es rund acht Prozentpunkte weniger. Wissen Sie, wo die Zuschauer hin sind und warum?
Wo die Zuschauer hin sind, kann ich Ihnen auch nicht wirklich sagen. Einige sind sicherlich zum «Perfekten Dinner» gewechselt. Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir unter einem schwachen Lead-In leiden. Das fiel früher mit «Blitz» bei Weitem stärker aus. Hinzukommt, dass einige Zuschauer inzwischen auch bei «Alles was zählt» sind. Diese Konkurrenz gab es ja zuvor auch nicht. Gleichzeitig ist sicherlich der Effekt da, dass man am Anfang geguckt hat und vielleicht gesagt hat: Naja, ist halt doch nicht Alex Neldel…
Ich denke, wir müssen jetzt längerfristig planen. Wir müssen die Zuschauer mit Tim Sander zurückgewinnen.
Kann das Tim Sander, oder sagen diese Fans auch in drei Monaten noch: Ne, ist immer noch nicht Alex Neldel.
Ich glaube, dass wir das hinkriegen können.
Gehen Sie davon aus, dass «Verliebt in Berlin 2» über die volle – zuvor vereinbarte – Laufzeit gehen wird?
Auf jeden Fall. Dass immer mal etwas nicht ganz so läuft, wie man es sich vorstellt, ist doch nichts Außergewöhnliches. Ich hoffe auf die Geduld von Sat.1 und bin guter Dinge, dass wir es hinkriegen, der Telenovela wieder einen Stoß nach vorne zu geben. Mich würde es freuen, wenn man vorerst wieder auf etwa 15 Prozent kommt, damit wäre allen schon geholfen. Wir wissen aber, dass es schwierig wird, weil der Senderplatz härter umkämpft ist, als je zuvor.
Schauen wir uns doch einmal die Quoten von «Alles was zählt» und «Verliebt in Berlin» an: Wenn man die beiden Werte zusammenzählt, kommt man um den Dreh auf die Werte, die «Verliebt in Berlin» mit Alexandra Neldel alleine geholt hat. Gibt es möglicherweise um diese Uhrzeit gar nicht mehr als 25 Prozent oder rund 4,5 Millionen, die auch bereit sind, eine Telenovela zu sehen?
Ich denke, ein bisschen mehr können es sein. Es sind eher 30 Prozent, die man kriegen kann. Deswegen sage ich ja: Wenn wir bei beiden Programmen auf etwa 15 Prozent liegen, dann wäre das ein tolles Ergebnis. Und ich denke, dass dann auch beide Sender zufrieden wären. Und 15 Prozent sind machbar.
Sind Sie erschrocken, als Sie am Dienstagmorgen die Quoten der ersten «Alles was zählt»-Folge gesehen haben?
Oh ja. Absolut. Ich hätte mir da wesentlich bessere Zahlen erwartet. Eigentlich dachte ich, dass wir gut starten und dann etwas nachlassen – so wie es eigentlich üblich ist. In meinen Vorstellungen hat sich der gesamte Verlauf auf einem etwas höheren Niveau abgespielt.
Das Set von «Alles was zählt» ist ohne Frage sehr aufwändig gestaltet: Mit Studio, schönem Wellness-Bereich, die Wohnung Sommer wurde mit viel Liebe ins Detail eingerichtet. Haben Sie Angst, dass diese Kulissen nicht mehr lange stehen?
Wenn ich diese Sorge immer hätte, dann könnte ich gar nicht mehr anfangen (lacht). Da investiert man einfach und glaubt daran, dass das Produkt letztlich auch gut laufen wird. Wir tun ja auch für jedes Produkt unser Bestes. Ohnehin kann man erwähnen, dass unsere Erfolgsquote relativ hoch ist. Etwa 80 Prozent der Produktionen, die wir auf den Markt bringen, sind letztlich auch ein Erfolg.
Der Look von «Alles was zählt» unterscheidet sich deutlich von den sonstigen täglichen Serien. Was ist anders?
Einzigartig macht die Serie vor allem die Tatsache, dass sie das Thema Eislaufen behandelt. Die Szenen sind zudem sehr aufwändig zu drehen. Ansonsten haben wir bei «Alles was zählt» all das hineingebracht, was wir in den vergangenen Jahren auch für die anderen Produktionen entwickelt haben. Alle technischen Neuerungen, was die Farbgestaltung angeht etc. Diese Dinge sind halt dort von Anfang an drin, während man mit anderen Formaten dann erst nachzieht. Deswegen sieht der Look etwas anders aus.
Zwischenzeitlich gingen die Quoten der RTL-Soap nach oben – einmal lag «Alles was zählt» sogar über 15 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe. Nun folgt wieder ein kleines Tief. Haben Sie inhaltliche oder konzeptionelle Veränderungen angedacht oder gar schon vorgenommen?
Das ist das, was wir immer machen – bei jedem Projekt. Was kann man anders und möglicherweise besser machen? So sieht die laufende Arbeit an jedem Format aus. Bei «Alles was zählt» ist jetzt nichts Besonderes passiert, weil wir fest davon ausgehen, dass die Soap erfolgreich sein wird – das zeigt im Übrigen auch die Marktforschung.
Vor einiger Zeit haben Sie einmal davon gesprochen, eine etwas freizügigere Telenovela für einen Sendeplatz nach 22 Uhr entwickeln zu wollen. Ist das Projekt noch aktuell oder erstmal auf Eis gelegt?
Wir entwickeln derzeit noch und haben auch noch mit keinem Sender eine Übereinkunft gefunden. Grundsätzlich können wir uns das aber noch vorstellen.
Würde die Serie dann werktäglich laufen?
Das ist schwierig. Täglich werden wir keinen Sendeplatz bekommen. Es würde wahrscheinlich eher als Weekly oder zwei bis drei Mal die Woche laufen.
Herr Wemcken, Sie als Experte für Telenovelas können eine Frage sicherlich beantworten. Das ZDF behauptet schon seit längerem, der Markt für neue Telenovelas sei gesättigt. Sat.1 sieht das anders. Ist er jetzt gesättigt?
Ich würde so etwas nie absolut behaupten. Wenn man gute Geschichten erzählt und die Leute unterhält mit dem was man tut, dann ist der Markt nie gesättigt. Man kann immer Zuschauer gewinnen, wenn man sein Handwerk gut macht. Aber es gibt durchaus Situationen, in denen die Konkurrenz einfach so gut ist, dass kein Durchkommen möglich ist – siehe «Tessa». Wenn man sich dann auch am Abend das Leben schwer macht, dann ist der Markt irgendwann schon gesättigt, weil es eben nicht mehr Publikum für ein bestimmtes Genre gibt.
Zum Abschluss stellen wir auch Ihnen kurze und knappe Sonntagsfragen.
Wo schalten Sie sofort weiter, wenn Sie TV sehen?
Bei den meisten Comedy-Formaten, die ich früher eigentlich ganz gerne gesehen habe.
Wenn Sie einen brauchen würden, welchen Soap- oder Telenovela-Fiesling würden Sie sich bestellen?
Ich glaube, ich würde Gerner nehmen.
Welche Musik hören Sie privat?
Gerne 70er Jahre – aber ein bisschen rockig sollte es sein.
Herr Wemcken, ich bedanke mich für das Interview.