«Kreis runde Sache»: Sissis ausgelutschter Kaiserschmarrn
An drei Tagen in der Woche befasst sich unser Kolumnist Alexander Krei mit dem Sinn und Unsinn der Fernsehwelt. Thema heute: Die Tradition.
Es ist doch schön, wenn selbst in einer stressigen Welt noch Traditionen zu finden sind, an denen man sich festhalten kann. Der sonntägliche Kirchengang mag vielleicht nicht mehr dazu gehören, wohl aber noch in vielen Wohnstuben die „Lindenstraße“. Mutter Beimer wird schließlich nach 20 Jahren mehr denn je als Messias wahrgenommen. Seit dem Tod von Else Kling fehlt allerdings auch der Verkünder des Weltuntergangs.
Zu den Traditionen gehören zweifelsohne auch andere Fernsehsendungen, die in einem größeren Abstand ausgestrahlt werden als die „Lindenstraße“. „Stars in der Manege“ zum Beispiel. Ist das nicht alle Jahre wieder ein Spaß? Unverbrauchte Gesichter wie Sonya Kraus oder Arabella Kiesbauer erhalten hier zwar noch mehr Aufmerksamkeit als sie jemals verdient hätten, aber wohl mitunter auch gut gemeinte Wünsche der Zuschauer – beispielsweise, dass der hungrige Löwe dem Grauen doch bitteschön ein Ende setzen mag.
Ein Hochamt ist selbstverständlich noch dazu die tolle „Sissi“-Reihe, deren letzter Teil von der ARD nicht nur als „Kinohighlight“ sondern darüber hinaus als „krönender Abschluss der Trilogie“ in den Himmel gelobt wird.
Die Frage ist nur, wieso Romy Schneider vor 50 Jahren plötzlich keine Lust mehr hatte, einen weiteren – eigentlich bereits längst geplanten – Film zu drehen? Möglicherweise war sie sich selbst darüber im Klaren, dass „Sissi“ inzwischen ähnlich ausgelutscht war wie heutzutage die täglichen Rückblicke auf die wunderbare Fußball-WM. Ohnehin: Drei Portionen „Kaiserschmarrn“ müssten doch eigentlich genügen.
Die nächste Ausgabe unserer Kolumne „Kreis runde Sache“ erscheint am Freitag - natürlich bei Quotenmeter.de
27.12.2006 00:00 Uhr
• Alexander Krei
•
Quelle: Quotenmeter.de
Kurz-URL: qmde.de/18021