Die Kritiker: «Kronprinz Rudolfs letzte Liebe»

Story:

Wien, im Jahr 1879. In ganz Europa zeichnen sich politische Spannungen und gesellschaftliche Umbrüche ab. Während der kaiserliche Hof um den österreichischen Kaiser Franz Joseph (Klaus Maria Brandauer) mit aller Macht an den Traditionen festzuhalten versucht, hat der liberale Kronprinz Rudolf (Max von Thun) bereits eine Vision von einem Europa, das mehr als nur "Flickwerk" verschiedener Nationen sein soll. Nicht nur damit aber macht sich der sensible junge Mann zum Außenseiter am Hofe seines konservativen Vaters. Auch sein ausschweifendes Liebesleben bereitet dem strengen Franz Joseph und seiner Frau Sisi (Sandra Ceccarelli) Sorgen. Um seine Position zu stärken, geht Rudolf schließlich eine Vernunftehe mit Stephanie von Belgien (Daniela Golpashin) ein.

Obwohl er mit ihr eine Tochter hat, steht die Ehe unter keinem guten Stern: Rudolf, der aus Frustration über die Demütigungen seines Vaters zusehends dem Morphium verfällt, unterhält über Jahre hinweg eine Affäre mit der Hure Mizzi Kaspar (Birgit Minichmayr) – sie ist für ihn sowohl Bettgefährtin als auch vertrauensvolle Freundin. Seine große Liebe aber findet Rudolf unverhofft eines Tages in der jungen Baronesse Mary Vetsera (Vittoria Puccini), die für ihn in schwärmerischer Leidenschaft entbrennt. Doch je offener Rudolf diese zunächst heimliche Beziehung zur Schau stellt, desto negativer entwickelt sich das ohnehin angespannte Verhältnis zu Kaiser Franz Joseph, der um die Zukunft seines Reichs und der Familiendynastie fürchtet. Zugleich gestaltet sich die politische Situation in Europa immer dramatischer.

Doch Franz Joseph steht allen Warnungen zum Trotz in eiserner Bündnistreue zum preußischen Kaiser Wilhelm (Robert Stadlober). Als es im Jahr 1889 zum endgültigen Bruch mit seinem Vater kommt, der Rudolf für einen Schwächling hält, lässt dieser sich auf eine gefährliche politische Intrige ein und bittet gleichzeitig den Papst um eine Anullierung seiner Ehe. Rudolf hat politisch und privat alles auf eine Karte gesetzt – und verliert. Nun sieht der gebrochene Kronprinz nur noch einen Ausweg: Nach einer letzten Liebesnacht im Jagdschloss Mayerling, ihrem geheimen Domizil, schickt er Mary fort. Doch die junge Frau ahnt, was ihr Geliebter vorhat – und kehrt um...

Darsteller:
Klaus Maria Brandauer («Das Spinnennetz») ist Kaiser Franz Joseph
Max von Thun («Mädchen, Mädchen 2 - Loft oder Liebe») ist Kronprinz Rudolf
Sandra Ceccarelli ist Sissi
Daniela Goldpashin ist Stephanie von Belgien

Kritik:
Damit ein Film über einen historischen Zeitabschnitt funktioniert, darf er nicht allein das historische Geschehen abbilden und eine Aktion nach die andere setzen. Dann könnte man ja ebenso gut ein Geschichtsbuch lesen. Nein, ein Film, der von einem bestimmten historischen Zeitabschnitt und dessen Auswirkungen auf die Weltgeschichte handelt, muss besonders stark die Figuren und deren Emotionen darstellen; sonst wird der Film gnadenlos unspannend und nicht interessant. Ein Zuschauer will sich mit dem Hauptcharakter identifizieren und das kann er nur, wenn es in dem Film primär um universell-menschliche Emotionen geht und wie ein Mensch einen Konflikt lösen möchte. Doch das ist in „Kronprinz Rudolfs letzte Liebe“ allenfalls teilweise gelungen.

Eines der Hauptprobleme besteht darin, dass der Film nie einen angenehmen Rhythmus findet. Die Exposition erfolgt zu rasch und zu viele Charaktere werden auf einmal eingeführt. Doch danach plätschert die Handlung nur so dahin, nichts wirklich aufregendes oder unerwartetes passiert, das einen vom Hocker reisen würde. Stattdessen erwartet den Zuschauer unheimlich viel eher schlecht geschriebenes Dialog-Gesülze, das die Handlung nur schleppend voran treibt und kaum neues über eine Figur erfahren lässt. Es gibt zwei, drei gelungene One-Liner („Das hier ist ein Bordell! Benehmt euch!“), die die Aussage und den Stil des Films treffend und kurz einfangen; jedoch sind diese für einen 100-Minuten-Film viel zu wenig.

Und auch nach der Exposition geht alles weiter wie zuvor: Die Szenen sind viel zu lang und die Handlung will einfach nicht recht in Gang kommen. Die Schnitte kommen genau dann, wenn man sie erwartet und auch die Entwicklung der Figuren lässt keine Überraschung zu. Alles in Allem ist „Kronprinz Rudolfs letzte Liebe“ also eher misslungen und darf getrost verpasst werden.

Die ARD zeigt «Kronprinz Rudolfs letzte Liebe» am Freitag, 29. Dezember 2006, um 20.15 Uhr.
27.12.2006 22:10 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/18050