Die Kritiker: «Notruf Hafenkante»

«Notruf Hafenkante» erzählt von der gemeinsamen Arbeit von Hamburger Streifenpolizisten und Notärzten. Das Einsatzgebiet der Polizisten des Polizeikommissariats 21 an der Hamburger Hafenkante reicht von dort über den Kiez auf St. Pauli bis zu den Villen an der Elbchaussee.

Story
Die beiden Streifenpolizisten Nils Meermann und Melanie Hansen müssen im Stadtpark einen brennenden Papierkorb löschen: In Hamburg ist Zeugnistag und der elfjährige Louis Spremberg hat gerade versucht, sein Halbjahreszeugnis zu verbrennen. Mit schlechten Zensuren kann er seinen Eltern nicht unter die Augen treten. Melanie und Nils bringen ihn nach Hause, lassen ihn aber mit einem unguten Gefühl zurück.

Kurz darauf führt ein Notfall sie erneut zu den Sprembergs: Die Mutter ist schwer gestürzt und muss in die Notaufnahme des Elbkrankenhauses gebracht werden. Ist sie wirklich selbst gefallen oder hat der cholerische Vater wieder einen Wutanfall bekommen? Was stimmt hier nicht im Hause Spremberg?

Darsteller
Thomas Scharff («Suche Mann für meine Frau») ist Nils Meermann
Marie-Lou Sellem («Irgendwas ist immer – Wie man seinen Ex verlässt») ist Dr. Anna Jacobi
Sanna Englund («Blackout») ist Melanie Hansen
Frank Vockroth («Die Bullenbraut 2») ist Bernd "Boje" Thomforde
Rhea Harder («Alles außer Sex») ist Franziska "Franzi" Jung
Peer Jäger («Unter den Linden») ist Martin Berger

Kritik
Die Produzenten von «Notruf Hafenkante» haben sich sehr von der eingestellten amerikanischen Serie «Third Watch – Einsatz am Limit» inspirieren lassen. Doch eine Kopie konnte das ZDF nicht produzieren, dazu liegt sie qualitätsmäßig weit darunter.

Das Einsatzgebiet der Polizeitruppe reicht vom Hafen bis Elbchaussee, doch arbeiten beim gesamten Polizeirevier nur maximal sechs Personen, wovon vier Einsätze fahren. Viel zu wenig, um ein solch großes Gebiet abzudecken. Dadurch vermittelt die gesamte Serie eine Leere, denn es ist auf Hamburgs Straßen nichts los. Der einzige Schauplatz, an dem etwas Leben herrscht, ist das Krankenhaus, doch auch hier gibt es nur zwei Ärzte, die in die Story eingearbeitet wurden. Die Polizeiwache müsste wesentlich größer sein und mehr Statisten beinhalten, andere Serien wie «Blackout» und «Third Watch» haben das auch geschafft.

Überaus schwach ist das Ergebnis des Castings, denn das gesamte Schauspielerensemble sieht fast identisch aus. Wo sind die besonderen Typen, mit denen erfolgreiche Serien gemacht werden? Was wäre «CSI» ohne den farbigen Gary Dourdan als Warrick Brown, Enrique Muricano als spanischer Danny Taylor in «Without a Trace» und Jutta Speidel als Lotte Albers in «Um Himmels Willen»? Der Serie fehlt es an außergewöhnlichen Charakteren und Schauspielern, der gesamte Cast ist langweilig gleich.

Darüber hinaus ist die Geschichte der Pilotepisode äußerst schwach geraten. Gerade die erste Folge hätte am Hafen spielen müssen, jedoch hätte „Zeugnistag“ genauso gut in Berlin, München oder Paris spielen können. Zwar wird der Hafen an der Elbe noch für gute Aufnahmen genutzt, doch auch dort fehlen die Statisten, denn der Hafen ist tagsüber nicht leer. Zwischenzeitlich fragt sich der Zuschauer, warum die Eltern des Schülers von den schlechten Zeugnisnoten überrascht sind, wenn doch die Lehrer Schulaufgaben bis zu einem gewissen Alter nach Hause geben und unterschreiben lassen. Dann ist es meist nicht überraschend, wenn ein Kind in einem Fach eine vier, fünf oder sechs hat. Im extremen Fall werden Erziehungsberechtigte von der Schule benachrichtigt, sowie zu einem Gespräch mit dem Lehrer gerufen.

Das Hauptthema, dass ein Kind von seinen Eltern geschlagen wird, zieht sich durch die gesamte erste Folge und macht «Notruf Hafenkante» zu einer „Monster der Woche“-Serie. Negativ fallen die schlecht geschauspielerten und stark gestellten Szenen auf, größtenteils ist das Drehbuch schwach geschrieben und realitätsfern. Einzig und allein die überraschende Auflösung des ersten Falles bringt der Serie deutliche Pluspunkte.

Jedoch hätten sich die Programmverantwortlichen des amerikanischen Vorbilds genauer annehmen müssen und dort das Privatleben der Polizisten, Rettungssanitäter und Feuerwehrleute studieren sollen. Durch ein packendes Privatleben wie in «Third Watch», in der die Polizeiarbeit ein normales Familienleben zerstört und der Ehemann Alkoholprobleme hat, sind auf lange Zeit spannender als eine Verfolgungsjagd am Hamburger Hafen. Immerhin will die Serie langfristig fesseln und den Zuschauern eine Vertrautheit geben. Hinzu kommt, dass wirklichen Polizisten auch nicht ständig etwas Spannendes passiert – im wahren Alltag gibt es durchaus genügend Momente, in denen sie einfach durch ihr Viertel fahren und sich über private Dinge unterhalten.

Das ZDF beginnt mit der Ausstrahlung von «Notruf Hafenkante» ab Donnerstag, 4. Januar 2007, um 19.25 Uhr.
02.01.2007 11:01 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/18123