Sonntagsfragen an Borris Brandt
Am Montag startet die siebte Staffel von «Big Brother». Endemol Deutschland-Chef Borris Brandt sprach mit Quotenmeter.de über seine Ziele und anstehende Veränderungen beim großen Bruder.
Jetzt geht es wieder los – und Sie haben angekündigt, sich wieder mehr am Ursprung zu orientieren. Was unterscheidet die zweite Staffel aber dennoch von der nun folgenden siebten Staffel?
Die Kandidaten. Es ist ja so: Wir haben alle ja noch die erste Staffel im Kopf – Zlatko und so. Wenn man sich das heute noch einmal angucken würde, würde man sicherlich feststellen, dass das alles grandios war – aber eben vor allem damals grandios. Für heutige Verhältnisse hätte das deutliche Längen und kann somit „altes Fernsehen“ genannt werden. Das ist in etwa wie bei «Am laufenden Band».
Die siebte Staffel ist das Beste aus den Staffeln eins bis sechs und das Beste an weltweiter Erfahrung. Das ganze läuft wieder in Originalform mit zeitlicher Begrenzung – 150 Tage und dann ist Schluss. Es gibt nur noch ein Haus, keine verschiedenen Bereiche mehr. Also doch deutlich wieder in die Richtung: Back to Basic. Aber natürlich wird es die eine oder andere Überraschung geben.
Wieso unterscheiden sich die neuen Kandidaten von den bisherigen?
Reality an sich lebt von den Kandidaten. 90 Prozent des Erfolges gebührt allein den Kandidaten. Deswegen geben wir uns auch unglaublich viel Mühe, die Besten der Besten herauszusuchen. Und ich glaube, dieses Mal wirklich sagen zu können, dass unsere Kandidaten toll sind.
Auf was haben Sie dieses Mal besonders geachtet?
Wir haben das Casting-System komplett geändert. Die Kandidaten waren zwei Stunden lang schon in einem geschlossenen Raum. Daher wissen wir schon, wie viele von denen sich in der Gruppe verhalten. Zu den Merkmalen allgemein: Es gab einmal eine Phase, da wollten die Zuschauer Trash-Figuren sehen. Das war auch im Dschungel der Fall…
…sie meinen also Stripperinnen und ähnliches.
Ja, genau. Das kam damals gut an. Der typische Trash-Kandidat von «Big Brother» ist bei uns dieses Mal aber überhaupt nicht dabei. Wir haben aber schon Menschen, die spannend anzugucken sind und die ab und zu auch mal skurril sind. Da hat sich – vielleicht auch durch die Telenovelas – der Geschmack des Publikums geändert.
Wird «Big Brother» niveauvoller?
(lacht) Immer diese Niveaudiskussion. Was ist denn Niveau? Mir hat neulich jemand geschrieben, wie man denn etwas so niveauloses wie «Wer wird Millionär» produzieren kann. Wir machen doch Unterhaltungsfernsehen – und unsere vergangenen Kandidaten waren ja nicht niveaulos. Das waren Menschen, die andere Menschen zu diesem Zeitpunkte gerne sehen wollten. Es gibt ja Marktforschungen und man überlegt sich mit dem Sender, was derzeit angesagt ist. Damals wollte man verrückte Gestalten sehen, die man eben im normalen Leben nicht sieht. Heute ist der besser aussehende Kumpeltyp – vielleicht auch durch die Telenovelas – angesagt.
Wie sehr ähnelt das neue «Big Brother» dem Format «Container Exklusiv»?
Gar nicht. Da gibt es keine Gemeinsamkeiten.
Warum hat das bei Premiere damals nicht funktioniert?
Es hat doch funktioniert.
Premiere hat die Staffel früher als vorgesehen beendet.
Ja, aber das hat damit nichts zu tun. Wir hatten einen Auftrag, der verschiedene Ausstiegszeiträume vorgesehen hat. Wir sind dann glaube ich beim zweiten Ausstiegspunkt `rausgegangen.
Sie waren also zufrieden mit dem Format?
Damals war das ohnehin schwieriger. Premiere hatte die Sportrechte verloren und das ganze Geschäft hat sich ein bisschen verändert. Da könnten wir aber nichts dafür. Wir hatten bei «Container Exklusiv» im Übrigen ganz tolle Kandidaten. Von manch einem würde ich mir wünschen, dass wir ihn jetzt auch noch zur Verfügung hätten (lacht).
Es gibt keine verschiedenen Bereiche mehr, Matches soll es aber dennoch geben. In welcher Häufigkeit kommt es zu solchen Matches?
Das kann ich nicht sagen. Natürlich haben wir viele Ideen für Matches, aber der Einsatz von solchen Spielen hat viel mit inneren Strukturen zu tun. Und die kennen wir noch nicht, weil die Menschen noch nicht im Haus sind. Bei «Big Brother» ist nichts gescripted und deswegen steht jetzt auch noch nicht fest, ob es am kommenden Mittwoch um 18 Uhr ein Match gibt oder nicht. Als Produzent muss man immer auf der Hut und vor allem exzellent vorbereitet sein.
Wenn jetzt zwischen den Kandidaten so viel passiert, dass Matches vom Hauptgeschehen ablenken würden, dann gibt es einfach keine Matches. Es geht bei «Big Brother» ja eigentlich nur um das zwischenmenschliche Geschehen. Zu sehen, wie gut die von einem Turm runterspringen – das ist nicht Ziel des Formats, das hat dann eher etwas mit Entertainment zu tun. Der Kern des Formats lautet aber anders: Wir beobachten 12 Menschen, die auf relativ engem Raum zusammenleben.
Aber natürlich fangen wir groß an: Mit unserer Eröffnungsshow werden wir allen anderen einmal zeigen, wo der Hammer hängt.
Was ändert sich noch in der siebten Staffel?
Früher war der Essenskauf immer ein großes Thema. Wer bestellt was? Das wird es nicht mehr geben.
Das heißt, der große Bruder entscheidet selbst, wie viel Brot und Zigaretten ins Haus kommen.
Richtig. Zu Beginn von «Big Brother» war das ein großes Thema für die Zuschauer – wer bestellt was? – heute ist das total Banane.
Sie geben den Kandidaten aber schon genügend zu essen?
Da bin ich mir nicht so sicher. Ich glaube, das Minimum liegt bei drei Erdnüssen am Tag. (lacht)
Gab es ja schon öfter: Brot und Wasser-Tage, wenn die Kandidaten zu böse waren.
Das gab es schon, richtig.
Sie haben das Voting-Verfahren geändert. Weiterhin sind Kandidaten nominiert, künftig kann man aber nicht mehr ausschließlich für oder gegen jemanden anrufen, sondern muss ich sich der Frage stellen: Soll Kandidat X das Haus verlassen – Ja oder Nein? Was erwarten Sie sich von dieser Umstellung, mal abgesehen von höheren Telefonerlösen?
Wir denken, dass die Zuschauer damit noch mehr am Format teilhaben können. Es war bislang manchmal ungerecht: Die Menschen, die am meisten Entertainment geliefert haben, standen immer auf der Liste und sind somit nicht selten rausgeflogen. Spektakuläre Charaktere hatten wenige Chancen und am Ende haben gerne auch mal Langweiler gewonnen. Langweiler ist jetzt nicht böse gemeint, es waren halt Menschen, die sich geschickt im Hintergrund aufgehalten haben. Ich finde es ungerecht, dass kontroverse Menschen mit spannenden Zügen immer sehr früh gehen müssen.
Wo steht das neue Haus denn genau? Wieder auf dem Gelände des ehemaligen Dorfs?
Wir produzieren weiterhin auf dem MMC-Gelände.
Sie nehmen jetzt aber nicht wieder das Haus aus der fünften Staffel?
Also es sind komplett neue Räume, die stehen aber dort, wo auch Staffel vier, fünf und sechs produziert wurden.
Sie haben also ein neues Haus gebaut?
Ja, klar. Wir können aber immer gewisse Elemente wieder benutzen. Wände kann man ja wieder aufbauen – die kann man von links nach rechts tragen. Wir sind aber natürlich so vorgegangen: Wenn bereits schon mal verwendetes Material noch gut war, dann haben wir das erneut benutzt. Wir sind aber auf dem MMC-Gelände geblieben, das hat vor allem etwas mit Sicherheit zu tun. Dort ist das Haus einfacher zu bewachen.
Es gab ja bereits mehrere Eindringlinge…
Ja, leider. Es gibt auch Menschen,die Sachen rüberschmeißen.
Essen zum Beispiel.
Es sind auch schon mal Drogen geworfen worden.
Sachen gibt’s… Moderieren werden Jürgen und Charlotte Karlinder – und Sie haben gesagt, dass Charlotte Karlinder nicht nur moderieren, sondern auch mehr lenken soll.
Bislang war die Moderation ja mehr oder weniger unwichtig. Der Moderator hat das Format begleitet und erklärt, was gerade passiert. Das ändert sich aber jetzt. Diesen Schritt wollten wir eigentlich schon in der letzten Staffel gehen, da ist uns das aber nicht so gut gelungen. Ich will jemanden haben, der dichter am Format dran ist. Die Moderatorin soll die Meinung der Zuschauer mehr durchsetzen und deren Fragen – gerne auch schärfer – stellen.
Bisher war es ja so: Jemand erzählt, dass er sich nicht für Frauen interessiert, hatte im Haus aber schon was mit drei Mädels. Da haben wir dann gefragt: Wieso baggerst du denn die Frauen an, wenn du dich nicht für sie interessierst? Der Kandidat hat dann rumgeeiert und das Thema war gegessen. Künftig wollen wir sagen: Pass auf, das und das ist dann und dann passiert und jetzt erkläre mir warum das so ist.
Wo wir schon bei den Moderatoren sind. Oliver Geissen zum Beispiel spricht nicht mehr gerne über «Big Brother» - und wenn überhaupt nichts wirklich Gutes. Dabei hat die Sendung ihn groß gemacht. Wie finden Sie das?
Ich weiß nicht, was Oli Geissen zu seinen anderen Formaten sagt, die er nicht mehr macht oder nicht mehr machen wird. Ist mir auch egal.
Das neue Studio: Ähnelt das von der Größe wieder dem Studio der fünften Staffel oder wird es kleiner, in etwa wie in der Bar beim Dorf?
Es wird deutlich größer als in der fünften Staffel und sieht total anders aus. Das ist überhaupt nicht zu vergleichen.
Wieso haben Sie sich in der sechsten Staffel auf die Bar beschränkt?
Die Beschränkung hatte finanzielle Gründe. Ein großes Studio kostet viel Geld. RTL II wollte da den Profit noch weiter maximieren. Wir haben da gesagt: Auf was können wir verzichten? - und so sind wir für die Shows in die Bar gegangen. Das war mal ein Versuch wert und war auch in Ordnung. Es hat schon nett ausgesehen – ohne Frage. Für das, was wir damals gemacht haben, hat die Bar auch vollkommen gereicht – heute würde sie aber nicht ausreichen.
Bislang wurde die Entscheidung aus der Bar zu senden stets damit begründet, dass die Wege ins Dorf einfach kürzer sind.
Ich habe das nie gesagt.
Der Sender hat das so formuliert.
Ja, die Wege sind natürlich kürzer. Aber: „Kurze Wege“ heißt auch Geld sparen. Aber das hat das Format damals nun wirklich nicht schlechter gemacht.
Welche Erwartungen haben Sie an den Erfolg und auch an die Quoten der Sendung? Wenn man sich RTL II momentan um 19 Uhr anschaut, da läuft es sicherlich so manchem Verantwortlichen kalt den Rücken herunter. Zweieinhalb, drei Prozent sind die Regel.
Ich würde gerne an die Zahlen der vierten und fünften Staffel anknüpfen. Das ist doch klar. Aber man muss einfach erkennen, dass der Vorabend noch härter umkämpft ist als vor zwei oder drei Jahren. Es gibt Telenovelas – die gab es früher nicht. Auch wenn «Verliebt in Berlin» gerade nicht so toll läuft, aber in jedem Fall hat man damit mehr Prozente als früher. Ich lasse mich da überraschen. Es hängt tatsächlich davon ab, wie beliebt die Kandidaten beim Publikum sind. Ich persönlich würde mich über zweistellige Marktanteile freuen, was aber nicht heißt, dass ich bei einer acht unglücklich bin. Das primäre Ziel – das ist klar – lautet: Über dem Senderschnitt liegen. Ehrlich gesagt haben Quoten aber ohnehin nur ganz wenig mit unserer Arbeit zu tun.
Sie entscheiden aber darüber, ob Sie ein Projekt weiter produzieren können oder nicht.
Von dem her lautet unser Ziel: Deutlich über dem Senderschnitt zu liegen.
Sind Sie froh, dass nun auch sonntags wieder eine Sendung läuft? Die war ja während der sechsten Staffel aus dem Programm geflogen.
Das ist nicht wichtig für mich. Wir haben das Material – es ist also kein zusätzlicher Aufwand für uns. Die Konstellation wie «Big Brother 7» nun läuft – so ist es mir am liebsten. Ich habe mich sehr dafür eingesetzt, dass es dieses Mal wieder eine Wochenzusammenfassung geben wird. Ich denke, dass es viele Zuschauer gibt, die nicht jeden Tag Zeit haben – und die können sich künftig am Sonntagnachmittag das Beste der vergangenen Woche ansehen.
Für's erste vielen Dank. Im zweiten Teil, der am kommenden Sonntag erscheint, sprechen wir mit Borris Brandt über das schlechte Image des Genres allgemein - und natürlich auch über weitere Formate, die von Endemol produziert werden.