Die Kritiker: «Close to Home»

Story:
Annabeth Chase klärt die Verbrechen auf, die «Close to Home» verübt werden: nicht in verkommenen Großstadt-Vierteln, sondern in ihrer direkten Nachbarschaft, einer idyllischen Vorstadt-Siedlung, in der die Autos immer frisch gewaschen, die Vorgärten stets gepflegt sind und die Bewohner sonntags in die Kirche gehen. Denn hinter der Fassade so manch eines adretten Eigenheims ist die Welt schon längst nicht mehr in Ordnung: Angetrieben von dem Gedanken, das Leben ihrer Familie und Freunde sicherer zu machen, bekommt Annabeth es nicht nur mit häuslicher Gewalt und Nachbarschaftsstreitigkeiten zu tun, sondern auch mit Entführungen, Prostitution, Drogendelikten und eiskaltem Mord.

Doch die junge Staatsanwältin und Mutter hat auch mit anderen Problemen zu kämpfen: Der Wiedereinstieg in den Job fällt nach ihrem Mutterschaftsurlaub nicht gerade leicht, zumal ihre ehemalige Kollegin Maureen Scotfield nun ihre Chefin ist und ihr Einiges abverlangt. Glücklicherweise erfährt Annabeth durch Steve Sharpe, dem leitenden Bezirksstaatsanwalt, große Unterstützung, und auch ihr Assistent Danny Robel, die Detectives Marquez und Drummer und ihr verständnisvoller Mann Jack sind stets zur Stelle, wenn es darum geht, Annabeth beruflich und privat zu entlasten.

Darsteller:
Jennifer Finnigan («Crossing Jordan») ist Annabeth Chase
Kimberly Elise («Der Manchurian Kandidat») ist Maureen Scofield
Jon Liggett («Die Geisha») ist Deputy DA Sheriff
John Carroll Lynch («Carnivale») ist Steve Sharpe
Christian Kane («Into the West») ist Jack Chase

Kritik:
In der jüngsten Jerry Bruckheimer-Serie, die für CBS produziert wird, spielt Jennifer Finnigan die Staatsanwältin Annabeth Chase. Das 60-minütige Format, welches derzeit in den USA in seiner zweiten Staffel läuft, hebt sich von seinen Schwesterserien «CSI», «Without a Trace» und «Cold Case» stark ab.

Schon die Eröffnung von «Close to Home» unterscheidet sich von den Kriminalserien der früheren Jahre und zeigt, dass die Produzenten genügend finanzielle Mittel zur Verfügung haben. In Zeitlupe sieht der Zuschauer ein Haus brennen, die Spezialeffekte sind wirklich beeindruckend, das Feuer wirkt real. Darüber hinaus haben sich die Macher um Joseph Berger-Davis («Pratice – Die Anwälte», «NYPD Blue»), Jonathan Littmann («Without a Trace») und Simon West («Lara Croft: Tom Raider») eine Technik von der hauseigenen Serie «Criminal Minds» abgeschaut: Wenn die Charaktere einen Fall besprechen und sich dabei Bilder ansehen, dann werden diese lebendig und zeigen den Moment in bewegten Bildern.

Ein entscheidender Unterschied existiert bei der künstlerischen Darstellung im Gegensatz zu den bisherigen Jerry Bruckheimer-Krimiserien: Das aus «CSI», «Without a Trace» und dem Kinofilm «Bad Boys» bekannte Fliegen über die Stadt ist nicht vorhanden. Dabei ist diese Form der Überleitung zweier Szenen und auch beim Einstieg in eine Folge immer gut umgesetzt.

Die Drehbücher von «Close to Home» können halbwegs überzeugen. In der Pilotepisode scheint es, dass der Fall zunächst klar ist, allerdings wendet das Blatt in den kommenden Minuten zwei Mal. Das ist nicht nur überraschend eingefädelt, es hebt die Gesamtleistung der Serie weit an. Dagegen kann die zweite Folge, in der es um ein verschwundenes Mädchen geht, nicht glänzen. Von vornherein steht der Täter fest, das Problem, welches gelöst werden muss, ist ein anderes. Staatsanwältin Annabeth Chase kann keine Beweise aus den ersten Ermittlungen verwenden und sucht nach einer Möglichkeit, den Täter dingfest zu machen. Das Auffinden von vermissten Personen gelingt der Sonderabteilung des FBI New York in «Without a Trace» wesentlich besser. Das liegt unter anderem daran, dass sich die Beteiligten in «Close to Home» komplett nach der jungen Staatsanwältin richten, die im Alleingang entscheidet.

Durch diesen Storyverlauf wird der Charakter von Jennifer Finnigan zum typischen Held der Serie, mit dem der Zuschauer mitfiebert, der immer Recht hat und keine Fehler macht. Bei vielen anderen neueren amerikanischen Serien wird die Fehlbarkeit einer Person herausgestellt, was der Serie in der Regel auch gut tut. Bestes Beispiel ist hier Dr. Gil Grissom in «CSI», der keine Liebesbeziehung aufbauen kann, oder Dr. House in der gleichnamigen Serie, dem es gegen den Willen geht, Patienten zu behandeln.

Neben dem Auflösen der Krimifälle spielt das Privatleben der Staatsanwältin eine große Rolle. Zunächst sticht klar das typische Einstiegsproblem der Serie heraus. Annabeth Chase hatte Mutterschaftsurlaub und kehrt zurück in den Dienst. Die Zuschauer begleiten Chase künftig auf dem Weg, das Leben zwischen Familie und Job zu meistern. Mit diesem Einstieg ist ein klarer Konflikt geschaffen, auf dem gute Serien basieren. Genau ein solcher Einstieg hat bei den nur mäßig laufenden deutschen Serien «Verrückt nach Clara» oder «Notruf Hafenkante» gefehlt.

Mehrfach in jeder Episode – ein Fall wird schließlich nicht innerhalb eines Tages gelöst – kehrt Staatsanwältin Chase zu ihrer Familie zurück, wo sie sich um ihr geliebtes Kind kümmert und in den Armen ihres Mannes liegt. Jedoch ist der Mutterinstinkt übertrieben dargestellt, da hätte sich die Bruckheimer-Produktion etwas von «Medium» abschauen sollen. Alison Dubois, der Hauptperson in «Medium», kommt nach einem anstrengenden Arbeitsteig nach Hause, beschäftigt sich mit ihren Kindern, indem sie mit ihnen spielt und redet. Daraufhin wird über die schulischen Probleme, aber auch Erfolge, gesprochen. Bei «Close to Home» kehrt die glückliche Mutter nach Hause, die Gespräche zwischen den Ehepartnern drehen sich ausschließlich um das Kind und den aktuellen Fall von Chase. Jedoch kratzen die Dialoge nur an der Oberfläche, mehr über die Gefühlslage und Meinung der Personen wird nicht mitgeteilt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass «Close to Home» das Rad zwar nicht neu erfindet, aber bekannte und beliebte Elemente einiger Serien miteinander vermischt. Die Hauptdarstellerin Jennifer Finnigan sowie ihre deutsche Synchronstimme holen das Beste aus der Serie heraus, sodass der Fernsehzuschauer sich auf gute Unterhaltung einstellen kann.

VOX zeigt «Close to Home» ab Freitag, 9. Februar 2007, immer freitags um 21.10 Uhr.
07.02.2007 14:56 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/18689