Weil das ZDF seine Berichterstattung von einem Prozess gegen Bundeswehr-Soldaten eingeschränkt sah, wandte sich der Sender ans Bundesverfassungsgericht.
Das ZDF darf vom Prozess gegen 18 Ausbilder der Bundeswehr wegen Rekrutenmisshandlung vor Verhandlungsbeginn und nach Verhandlungsende Filmaufnahmen der im Sitzungssaal anwesenden Verfahrensbeteiligten anfertigen. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem Eilverfahren entschieden.
Der Sender wertete den Karlsruher Richterspruch als grundlegend. ZDF-Justitiar Prof. Dr. Carl-Eugen Eberle: "Diese Entscheidung stellt einen weiteren Meilenstein zur Sicherung der Gerichtsberichterstattung im Fernsehen dar. Zum wiederholten Male hat das Verfassungsgericht damit klar gestellt, dass das berechtigte öffentliche Informationsinteresse Vorrang hat vor den Belangen der Prozessbeteiligten. Selbstverständlich wird das ZDF bei der Berichterstattung die Persönlichkeitsrechte der Angeklagten wahren".
Am kommenden Montag beginnt vor dem Landgericht Münster die auf mehrere Tage angesetzte Verhandlung gegen 18 Bundeswehrausbilder, die ihre Untergebenen in einer Kaserne im westfälischen Coesfeld misshandelt haben sollen. Im Vorfeld der Verhandlung ordnete das Gericht in Münster den Ausschluss von Foto- und Fernsehteams aus dem Sitzungssaal für einen Zeitraum von 15 Minuten vor Prozessbeginn und ab 10 Minuten nach Prozessende an. Hiergegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde des ZDF, das eine Fernsehberichterstattung über das Strafverfahren beabsichtigt.
Zugleich hat das ZDF den Antrag gestellt, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes seinem dreiköpfigen Fernsehteam die Anfertigung von Filmaufnahmen bis zum Einzug des Gerichts in den Sitzungssaal zu ermöglichen. Der Eilantrag des ZDF war erfolgreich. Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat den Vorsitzenden der 8. Strafkammer des Landgerichts Münster angewiesen, dem Fernsehteam des ZDF zu ermöglichen, vor Beginn und nach Ende der Verhandlungen Filmaufnahmen der im Sitzungssaal anwesenden Verfahrensbeteiligten einschließlich der Angeklagten zu fertigen, und hierbei die Anwesenheit der Richter und Schöffen der Strafkammer im Sitzungssaal zu gewährleisten. Die Fernsehbilder dürfen jedoch nur nach Anonymisierung der Gesichter der Angeklagten weitergegeben und veröffentlicht werden, sofern sie nicht mit der Veröffentlichung einverstanden sind.
Bei der gebotenen Abwägung hat das Verfassungsgericht dem Informationsinteresse des ZDF Vorrang zuerkannt. Die besonderen Umstände der Straftat sowie die über diese konkrete Straftat hinausreichende aktuelle öffentliche Diskussion über das Verhalten von Militärangehörigen begründen nach der Entscheidung der Karlsruher Richter ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Mit dem angegriffenen umfassenden Verbot der Anfertigung von Filmaufnahmen würde das ZDF "unwiederbringlich gehindert, dem gegenwärtig besonders lebhaften Interesse der Öffentlichkeit auch an einer Bildberichterstattung über die beteiligten Personen Rechnung zu tragen".