Sonntagsfragen an Joachim Kosack
Joachim Kosack kennt das Format «R.I.S.» so gut wie kein anderer. Er ist der Produzent der ersten zwölf Folgen der Serie und übernimmt ab dem 1. April 2007 das Amt des Sat.1-Serienchefs. Zum Start der Krimiserie sprach er mit Quotenmeter.de über seine Erwartungen und erklärte, warum die Farben gelb, rot und blau eine wichtige Rolle in der Serie spielen.
«R.I.S.» ist die Adaption einer italienischen Serie – jetzt hat jede Adaption aber ihren eigenen Charme. Was ist das Besondere am deutschen «R.I.S.»?
Es ist wichtig, dass man die Serie auf die Wünsche und Ansprüche des deutschen Publikums zuschneidet. Das haben wir bei «R.I.S.» getan. Im Original gab es beispielsweise einen Chemiker. Bei uns ist es mit Proschat Madani eine Chemikerin. Und dann gab es Fälle, die möglicherweise in Deutschland nicht ganz so interessant sind, wie in Italien. Die haben wir dann auch neu ausgerichtet. Unser R.I.S. spielt in der Metropole Berlin, das italienische Vorbild in Parma. Letztlich hatten wir zwar die Vorlagen aus dem Ursprungsland, dennoch hat aber jeder unserer Autoren mit einem weißen Blatt Papier begonnen. Für mich war es obendrein sehr wichtig, dass der Zuschauer sehr nah an den Akteuren dran ist.
Herr Kosack, man hat momentan den Eindruck, dass die Zuschauer vorwiegend teuer produzierte Serien sehen wollen. Ist das auch ein Problem, das «R.I.S.» betrifft?
Es ist klar, dass wir nicht so viel Geld ausgeben können, wie es die Kollegen bei «CSI» tun. Wir müssen eben kreativ werden. Wir haben uns bewusst entschieden, mit langen Brennweiten zu arbeiten – es sieht dann so aus als ob auf 35mm gedreht wurde. Dies könnten wir uns in Deutschland aber nie leisten. Wir drehen auf Super 16 und tasten auf HD ab. Damit entsteht zumindest kein Bruch in der Seherwartung des deutschen «CSI»-Zuschauers. Man ist hier dieses fast schon kinomäßige Fernsehen gewohnt und aus diesem Grunde müssen wir Serienmacher nun mehr Phantasie aufbringen, um mit weniger Geld gute Effekte zu erzielen.
Die Kosten sind in den USA aber nicht nur deswegen so hoch, weil sie auf 35mm drehen…
Natürlich nicht. Das hat auch damit zu tun, dass sie Woche für Woche drehen. Die Gagen der Schauspieler befinden sich zudem in einer gänzlich anderen Dimension. Der ganze Fuhrpark einer solchen Serie kostet Unmengen. Da fließt also auch jede Menge Geld in Dinge, die der Zuschauer dann letztlich nicht sieht. In Deutschland wird hingegen viel Geld in die Ausstattung gesteckt.
Wer die Serie schon gesehen hat, konnte feststellen, dass Sie besonders auf die Farbgebung Wert legen. Rot, Geld und Blau spielen eine große Rolle. Rot vor allem bei Kostümen, blau unter anderem auch bei den Mikroskopen im Labor und beim Licht. Welche Intention steckt dahinter?
Lassen Sie mich etwas weiter ausholen. Es geht uns hier um Unterhaltung – um große Unterhaltung. Die Amerikaner nennen solche Serien ja nicht umsonst „Shows“. Das deutsche Publikum soll gebannt vor dem Fernseher sitzen und sich von der Spannung faszinieren lassen. Dann geht es aber auch um eine Welt, die den Zusehern idealerweise schützenswert erscheint, die hell ist und freundlich. Ich habe keine Lust, Welten zu zeigen, bei denen es eigentlich egal ist, ob man den Mörder schnappt oder nicht, weil diese Welt ohnehin miserabel ist. Man soll das Gefühl haben, dass es Hauptfiguren gibt, die immer und zu jeder Zeit präsent sind. Der Zuschauer soll sich wünschen, mit ihnen am liebsten auch mal ein Bier trinken zu gehen – oder am allerbesten: Er soll sich wünschen, selbst dort zu arbeiten. Sie haben unsere Farben angesprochen: Geld, rot und blau – das sind Grundfarben, Farben, die man auch in jedem Kinderzimmer sehen kann. Das Rot nutzen wir nicht als Fläche, sondern eher in Kostümen – da hat es eine wunderbare Wirkung. Wir haben im Labor gelbe Wände und das Blau verwenden wir sowohl im Licht als eben auch bei den Mikroskopen.
Aber gerade die roten Kostüme sind schon sehr auffallend…
Ich musste unseren Ausstattern und den Requisiteuren auch erst Mut machen. Die waren es gar nicht mehr gewohnt, dass sie dieses Marineblau oder auch das Tabascorot überhaupt einsetzen dürfen. Das wird in Deutschland kaum benutzt. Mit die wichtigste Rolle spielt im Übrigen die Farbe Rot. Wir machen ja eine Serie, die eine Mischung aus wissenschaftlich-technischem Anspruch, organischem Material und aus Emotionen ist. Deswegen soll man stets beides im Bild haben – nie nur Stahl oder eher langweilige wissenschaftliche Fachbegriffe wie „Epidermis“ o.ä..
Machen Ihnen die Quoten von «Post Mortem» Angst?
Nein, überhaupt nicht. Sie machen eigentlich sogar großen Mut. Sie zeigen sehr deutlich, dass ein Grundinteresse an einer deutschen Variante solcher Serien vorhanden ist. Drei, vier Wochen lang blieben die Zahlen auch gut – dann sackten sie allerdings ab. Über die Gründe könnte man jetzt lange reden: Vielleicht war es wirklich ein bisschen zu viel des Guten beim Thema Wackelkamera, andererseits hat man auch leise Kritik an schwächeren Büchern gehört. Und dann kam die letzte Folge, die mir persönlich ganz hervorragend gefallen hat – da stimmten dann auch die Zuschauerzahlen wieder. Dass man da sofort 16 Prozent holen konnte, hat Mut gemacht. Ich wünsche den Kollegen, dass sie durchhalten und weitermachen können.
Apropos zweite Staffel. Man hört, dass Sie sich bereits auf eine zweite Staffel vorbereiten.
Das ist richtig. Wir drehen derzeit an den Episoden zehn bis zwölf, entwickeln die Bücher bis 22 und warten jetzt die Quoten der ersten Folgen ab. Alles steht in den Startlöchern, so dass wir fast ohne Pause die zweite Staffel produzieren können. Das ist eine tolle Entscheidung von der ProSiebenSat.1-Holding und ich finde, sie haben auch vollkommen recht damit. Man kann eine Serie nicht etablieren, wenn ich einmal im Jahr acht Folgen zeigt. Da muss man schon in eine große Stückzahl gehen. So, wie es die Zuschauer von den erfolgreichen US-Serien gewohnt sind.
«R.I.S.» wird sonntags um 21.15 Uhr laufen. Das ist beileibe kein einfacher Sendeplatz, sogar «Criminal Minds» hat sich da teilweise schwer getan. Wäre also alles was zwischen 12 und 13 Prozent oder über drei Millionen Zuschauern liegt, ein Erfolg?
Ich finde den Sendeplatz super. Gleich zum Start haben wir mit der «Echo»-Verleihung einen würdigen Gegner, zudem muss man immer den genauen Kurvenverlauf und die Einschaltimpulse betrachten. «R.I.S.» wird außerdem von «Navy CIS» und sogar vom Vorgänger «Criminal Minds» profitieren: Der Zuschauer von Sat.1 weiß, dass er am Sonntagabend zwei 60-minütige Krimiformate präsentiert bekommt, die gänzlich anders sind als der «Tatort». Demnach bin ich optimistisch was die Quoten angeht.
Schauen wir uns doch die vergangenen Sonntage an: Gegen «Spiderman» und Co. noch immer 15 oder 17 Prozent zu holen, das ist eine sensationelle Leistung.
Vielen Dank für's Erste, Herr Kosack. Kommenden Sonntag sprechen wir über die anderen neuen Sat.1-Serien und deren Quoteneinbruch.