Sonntagsfragen an Thomas Schultheis
In wenigen Wochen feiern die Pay-TV-Sender der ProSiebenSat.1-Gruppe, Sat.1 Comedy und kabel eins classics, ihren ersten Geburtstag. Geschäftsführer Thomas Schultheiss zog Bilanz über das erste Jahr, gab einen Ausblick auf kommende Highlights und äußerte sich zu weiteren Bezahlkanälen.
Herr Schultheiss, wie geht es den Pay-TV-Programmen Sat.1 Comedy und kabel eins classics?
Den Pay-TV-Programmen geht es sehr gut. Wir sind vor knapp einem Jahr als erstes deutsches Pay-TV-Projekt der Sendergruppe gestartet – diese beiden kleinen Babys sind mittlerweile richtig große Kinder geworden.
Wie viele Menschen können die Programme denn aktuell sehen?
Derzeit sind es zirka 700.000. Wir erreichen diese Zuseher vor allem über die Kabelnetzbetreiber KDG und Unity. Auch über Kabel BW empfangen uns einige Haushalte. Die Sender sind allerdings auch im ITV, also über T-Home, empfangbar.
Würden Sie sagen, dass Sat.1 Comedy und kabel eins classics die hochwertigsten Programme im Paket der KDG und Unity Media sind?
Solche Superlative möchte ich nicht in den Mund nehmen, wenn Sie das so sehen freut mich das. Ich denke, dass wir aber vor allem mit Sat.1 Comedy einen Sender haben, der – auch was den Anteil der Eigenproduktionen angeht – im digitalen Kabelbereich Maßstäbe setzt.
Wo sehen Sie Sat.1 Comedy in drei Jahren?
Wir hoffen natürlich, dass sich der Sender distributionsseitig genau so gut entwickelt wie in den vergangenen Jahren. Im Programm wollen wir die Testfläche für Nachwuchs-Comedians weiter ausbauen und Sat.1 Comedy soll künftig auch gänzlich neue Comedyformate entwickeln.
Bleiben wir bei den Eigenproduktionen. Wie messen Sie deren Erfolg und wie entscheiden Sie, ob es fortgesetzt wird oder nicht?
Seit vergangenem Herbst haben wir unsere Late-Night-Show mit Niels Ruf on air, in diesem Jahr sind viele weitere Shows hinzugekommen – ich möchte hier «My Comedy Blog» nennen, das Comedy und Web 2.0 hervorragend verbindet. Unser Publikum zeichnet sich als ein sehr interessiertes und meinungsfreudiges Publikum aus. Wir bekommen sehr viele Zuschriften und können uns daher ein recht gutes Bild machen, was gern gesehen wird. Natürlich geben auch unsere Post-Promotion-Plattformen, wie zum Beispiel MyVideo.de, Aufschluss über den Erfolg einer Sendung. Im Internet war «My Comedy Blog» beispielsweise außerordentlich erfolgreich. Außerdem beobachten wir auch die Foren, in denen sich die Menschen über unsere Sendungen austauschen.
Eine Quotenmessung – wie bei Premiere der Fall – soll es aber vorerst nicht geben?
Ein Panel für die quantitative Messung unserer Sender existiert noch nicht und wird auch in naher Zukunft nicht aufgebaut werden. Das ist auch gut für uns – so müssen wir nicht dem klassischen Mainstream folgen.
Welche neuen Ideen haben Sie für Sat.1 Comedy im Herbst?
Wir werden demnächst das Projekt „Poetry Comedy“ starten – sozusagen ein neues Genre innerhalb der Comedy. Comedians werden mit ihren eigenen Texten on Location inszeniert - und noch dazu in HD-Qualität um. Wir starten mit Heinz Gröning und denken, dass das ein echtes Highlight wird.
Gibt es noch weitere neue Formate?
Wir werden einige „On Stage“-Programme zeigen – und zwar von Komikern, die bislang mit ihrem Bühnenprogramm noch nicht regelmäßig im Fernsehen zu sehen waren. Diesen möchten wir eine neue Plattform bieten.
Im Amerika wäre es unvorstellbar – aber in Deutschland gibt es keine richtige tägliche Late-Night-Show mehr – auch «TV Total» ist ja keine klassische Late-Night-Show. Auch Sie als Comedy-Sender haben Ihre Show mit Niels Ruf nur einmal wöchentlich im Programm. Sind dort keine guten Nachrichten für Late-Night-Freunde möglich?
Ich denke, dass wir eine sehr moderne Form der Late-Night-Show etabliert haben. Ich denke aber auch, dass es wenig sinnvoll wäre eine tägliche Show ins Programm zu nehmen. Es gibt einfach derzeit keinen Platz in Deutschland für ein Format, dass das Nachrichten– und Medienaufkommen täglich in ironischer Weise kommentiert. Wir können pointierter sein, wenn wir dieses Genre nur einmal wöchentlich machen.
kabel eins classics ist derzeit ein reiner Sender für Filme und Programme, die man gerne einmal wieder sehen möchte. Planen Sie dort Eigenproduktionen?
Nein, ich glaube auch nicht, dass das passend wäre. „Gern gesehen“ ist ja die Grundpositionierung von kabel eins classics. Wir setzen auf Spielfilme, die der Zuschauer gerne einmal wieder – vor allem zu prominenter Uhrzeit – sehen würde. Eigenproduktionen würden im Sendeschema eher stören. Im Übrigen würde dies auch nicht dem Zuschauerwunsch entsprechen – unser Zuschauer wünscht, dass wir eben nur die echten Klassiker und Kultfilme zeigen.
Die Qualität der Ware hat innerhalb des vergangenen Jahres zugenommen. So strahlen Sie auch «Die Simpsons» und «Sex and the City» aus. Gerät man da nicht in einen Konkurrenzkampf, denn kabel eins wäre sicherlich auch an der einen oder anderen Serie interessiert.
Überhaupt nicht. Wir haben eine ganz klare Positionierung und stellen so eine Ergänzung zu den Free-TV-Programmen dar. Aber natürlich könnte man die ein oder andere Serie möglicherweise auch auf ProSieben, Sat1 oder kabel eins sehen. Ich empfinde uns aber auf keinen Fall als unmittelbare Konkurrenz für die Kollegen. Wir strahlen auch Sendungen aus, die im Free-TV nicht vorstellbar wären. Comedy-Formate im englischen Originalton zum Beispiel. «Saturday Night Live» ist bei den Sat1 Comedy-Zuschauern bereits Kult. Gerade «Saturday Night Live» im Programm zu haben liegt mir besonders am Herzen, da es weltweit eine absolute Ausnahmestellung genießt.
Sehen Sie Comedy Central als Konkurrenz an oder wiegeln Sie in diesem Punkt sofort ab, weil das eine Free- und das andere Pay-TV ist?
Wir haben unterschiedliche Distributionswege, das ist richtig. Ich glaube, dass wir breiter aufgestellt sind als Comedy Central – unsere Zielgruppe ist anders positioniert. Comedy Central steht viel stärker in der MTV/Viacom-Tradition.
Also keine Konkurrenz…
…wenn ich das noch ergänzen darf: Natürlich freue ich mich über einen Free-TV-Comedy-Sender, dadurch wird das Genre Comedy in Deutschland noch prominenter wahrgenommen. Meiner Meinung nach kann es überhaupt nicht genug Comedy im Fernsehen geben.
Auch RTL hat Pay-TV-Sender an den Start gebracht. Sie bedienen aber völlig andere Genres als Sie – sind die RTL-Sender eine Konkurrenz? Denn: Und das muss man auch ganz klar sagen: Es geht ja nicht nur um das Genre, sondern es geht auch darum, dass der Zuschauer sich gut überlegt, wofür er Geld hinlegt und sich nun möglicherweise doch eher für Krimis entscheidet…
Innerhalb der Pakete der Kabelnetzbetreiber bedienen die RTL-Programme inhaltlich ein ganz anderes Publikum. Außerdem sind diese nicht durchgängig im Kabelnetz eingespeist. Aktuell bekommt man diese im KDG-Gebiet beispielsweise gar nicht. Ich finde es aber positiv, dass die RTL-Angebote dazu beitragen die Kabel-Bouquets qualitativ aufzuwerten. Davon können wir auch profitieren.
Wann kommt der ProSieben-Ableger im Pay-TV-Angebot der ProSiebenSat.1-Gruppe?
Der ist derzeit nicht geplant. Aber natürlich machen wir uns Gedanken, wie man eine starke Marke wie ProSieben auch im Pay-Bereich umsetzen kann. Ein konkretes Projekt dafür gibt es aber noch nicht.
Es wäre doch aber durchaus sinnvoll, einen Sender zu haben, bei dem beispielsweise gefloppte Serien laufen könnten. «Nip/Tuck», «Las Vegas», «Empire» oder «Gott sei Dank, dass sie da sind?» wären hier einige Beispiele.
Es ist nicht so, dass die von Ihnen genannten Serien, Flops sind. Es gibt – gerade bei «Nip/Tuck» - große Fangemeinden. Es wäre unfair, einem Sender einen Flop unterstellen zu wollen, der diese Programme zeigt.
Sie würden diese Serien also nicht im Pay-TV-Bereich haben wollen?
Doch, warum nicht? Man muss sich aber natürlich über einen weiteren Sender – gerade mit der starken Marke ProSieben – intensive Gedanken machen, in welche Richtung er gehen soll.
Die Menschen bezahlen Geld, damit Sie Ihr Programm sehen können. Welche Rollen spielen für Sie die Werbeeinnahmen?
Wir haben eine andere Erlösquelle als das werbefinanzierte Free-TV – wir sind zu einem wesentlich geringen Teil von Werbeeinnahmen abhängig. Sie spielen bei uns eine gewisse Rolle, dominieren aber keinesfalls. Unsere Abonnenten wünschen sich ja auch die Programme ohne Werbeunterbrechung sehen zu können. Die flankierenden Werbeblöcke werden inzwischen vom Werbemarkt gut angenommen.
Ihre beiden Sender werden nun ein Jahr alt. Stellen wir uns ein Blatt Papier vor, in der Mitte ein Strich. Links malen wir ein großes Plus, rechts ein großes Minus. Welches Stichwort würden Sie direkt unter das Plus schreiben?
(lacht) Eigenproduktionen – darin sehe ich unser großes Plus bei Sat.1 Comedy. Ich könnte aber auch unsere große Glaubwürdigkeit nennen. Das haben wir uns innerhalb sehr kurzer Zeit erarbeitet.
Kommen wir zur Minus-Seite…
…das ist ehrlich schwierig (überlegt lange). Es gibt eigentlich nichts, was mich wirklich unglücklich macht. Natürlich hat man ganz allgemein immer den Anspruch noch ein bisschen besser zu sein. Und ich wünsche mir, dass die Reichweite des digitalen Kabels noch schneller vorankommt, damit noch mehr Zuschauer in den Genuß unserer Programme kommen können.
Jetzt haben Sie neben dem Pay-TV-Angebot noch ein weiteres Baby – maxdome.
Das ist inzwischen kein Baby mehr. Wir haben rund 170.000 aktive Nutzer und bieten derzeit über 4500 aktuelle Titel an. Damit liegen noch vor T-Online. Darüber sind wir sehr froh und auch ein bisschen stolz.
Auch hier steht der erste Geburtstag bevor…
Richtig, am 27. Juli.
Ich mir es mir nicht wirklich vorstellen, dass es in der Tat eine Masse von Menschen gibt, die Geld bezahlen, nur um eine Serienepisode etwas früher sehen zu können. Können Sie meinen Horizont in diesem Fall etwas erweitern?
Das kann ich, gerade Episoden mit Cliffhangern sind äußerst spannend – da will man wissen wie es weitergeht. Bei maxdome kann man viele Serien bereits eine Woche vor der Free-TV-Ausstrahlung unserer Sender sehen und das lassen sich viele nicht entgehen. Ich spreche jetzt nicht nur von US-Hits wie «Grey´s Anatomy» oder «Desperate Housewives», sondern auch von «Verliebt in Berlin». Viele Menschen nutzen auch die Möglichkeit, Folgen nach der Free-TV-Ausstrahlung nochmals zu sehen. Das kann vor allem bei Episoden mit einem klaren roten Faden wie «Lost» sehr hilfreich sein – wenn man eine Folge verpasst hat oder sie sich zum besseren Verständnis noch einmal ansehen möchte.
Bei maxdome bieten Sie derzeit nur Serien von Buena Vista und Paramount an. Viele Serien von Warner Bros. laufen aber auch auf ProSiebenSat.1-Sendern. Ist da eine Verwertung bei maxdome geplant?
Derzeit nicht.
Wäre es möglich, dass Sie auch FOX oder NBC-Serien bei maxdome zeigen?
Möglich ist es schon, aber auch das ist derzeit nicht geplant. Wir bauen aber das Angebot von maxdome in vielen Feldern kontinuierlich aus – um ein Beispiel zu nennen, im Bereich Sport können wir Extremsportfilme zeigen, die auf DVD bis zu 50 Euro kosten.
Um beim Sport zu bleiben: Neben Schalke bieten Sie nun auch ein umfassendes Angebot zu Werder Bremen an.
Ja, das freut uns sehr. Wir können also sagen, dass die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, den neuen deutschen Meister bei uns im Angebot zu haben. Unser Angebot mit News, Analysen und natürlich dem gesamten Spiel rundet das sonstige TV-Angebot perfekt ab, wie wir finden.
Zum Abschluss auch an Sie: Kurze und knappe Sonntagsfragen: Was verpassen Sie nie im Fernsehen?
Harald Schmidt und «Stromberg». Auch den Sonntags-Blockbuster bei ProSieben sehe ich sehr häufig. Und mir fällt ein: Die Snooker-Weltmeisterschaft versuche ich nie zu verpassen.
Wo würden Sie jetzt am liebsten Urlaub machen?
Sardinien.
Wo schalten Sie beim sofort weiter, wenn Sie es im TV sehen?
Aus beruflichem Interesse sehe ich alles gern. Bei Volksmusik und zu blutigen Kampfsportarten zappe ich jedoch weiter. Beides schmerzt in gleicher Weise.
Vielen Dank für das Interview.