Sonntagsfragen an Jobst Benthues und Thilo Proff (Teil II)
Mit den stv. ProSieben-Geschäftsführern Proff und Benthues sprach Manuel Weis über eine Fortsetzung von «Switch Reloaded», über neue Fiktion-Pläne des Senders über mögliche neue US-Serien. Außerdem: Was sagt ProSieben zur Entscheidung Oliver Pochers, dem Sender den Rücken zu kehren?
Wechseln wir mal die Zeit und gehen zum Nachmittagsprogramm von ProSieben. Ihr Nachmittagsprogramm ist in der Zielgruppe derzeit das erfolgreichste von allen Sendern. Das wird Sie freuen.
Proff: Richtig, darüber bin ich glücklich.
Ein Garant dafür ist «Charmed» - zeigen Sie die Serie weiterhin in Dauerschleife?
Proff: Ich wüsste nicht, warum wir irgendetwas am Nachmittag ändern sollten. «Charmed» ist vom Genre her zwar eine Insel am Nachmittag, aber eine glückliche Insel.
Auch «We are Familiy» sollte in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Wie erklären Sie sich da die extrem guten Quoten?
Proff: Reality ist ein stärker werdender Trend. Die Leute interessiert es, wie Mitmenschen Probleme bewältigen. Probleme, wie sie jeder im Leben einmal hat. Das hat auch gar nicht so viel mit Voyeurismus zu tun. Ich glaube vielmehr, dass die Tipps, die wir den Menschen in solchen Formaten geben, für den Erfolg ausschlaggebend sind. Das hat vor allem auch «Besser Essen» gezeigt, das sehr serviceorientiert war.
Wie sieht es mit «Switch Reloaded» aus, das ebenfalls sehr gut lief?
Benthues: Darüber sind wir sehr glücklich. «Switch» war im Übrigen einer der ersten großen Comedy-Erfolge von ProSieben. Das ist eine unheimlich starke Marke, dennoch hatte ich zunächst Bedenken, ob die Neuauflage funktioniert und ob wir wirklich an den Erfolg von früher anschließen können. Nun ist dies gelungen und deswegen wird es hier weitergehen.
Der späte Montagabend war bislang für «Queer as Folk» reserviert. Geht es da im Herbst weiter oder planen Sie am Montag eher mit der vierten «Alias»-Staffel?
Proff: Mit «Queer an Folk» geht es im Herbst weiter.
Haben Sie aus den USA neue Sitcoms oder eine neue Serie für den Nachmittag erworben?
Proff: Aktuell gibt es hier nichts Neues.
Aber Sie haben «One Tree Hill» gekauft, wann soll das starten?
Proff: «One Tree Hill» wird voraussichtlich im Herbst am Sonntagnachmittag laufen.
Mit «Primeval» zeigen Sie ab Juni eine britische Serie in der Primetime. Ist es wahrscheinlich, dass es bei Ihnen demnächst mehr Produktionen aus Großbritannien zu sehen gibt?
Proff: Konkret haben wir keine weitere Serie im Auge. Schauen wir doch erst einmal, wie sich «Primeval» schlagen wird.
Immerhin haben Sie noch «Doctor Who». Dessen Anhänger sind allerdings nicht ganz so glücklich darüber, dass Sie die Serie so lange im Archiv schmoren lassen.
Proff: Stimmt, die liegt dort schon eine ganze Zeit. «Doctor Who» ist sicher keine Primetimeserie, wir planen hier einen Einsatz in der Late-Prime. Wie viele Kultserien ist auch dieses Format einfach nicht massenkompatibel.
Noch ein Format füllt ihr Archiv seit einiger Zeit – sie haben schon 2006 die zweite Staffel von «Alles außer Sex» produziert. Sind möglicherweise «Verrückt nach Clara»-Albträume der Grund dafür, dass Sie das Format noch nicht gezeigt haben?
Proff: Überhaupt nicht. Die 2. Staffel von «Alles außer Sex» wird im Sommer zu sehen sein.
Also in der Sommerpause, in der es einfacher ist, hohe Marktanteile zu erzielen.
Benthues: Die klassische Sommerpause gibt es doch gar nicht mehr..
Proff: Ohnehin: Wenn man im Sommer keine guten Programme hast, dann verhagelt es einem den Jahresschnitt.
Mit Alexandra Neldel planen Sie eine neue Serie…
Benthues: Wir wollen mit ihr arbeiten und sind in aussichtsreichen Gesprächen.
Kommen wir zu einem schon konkreteren Projekt. Action Concept wird für Sie eine neue deutsche Serie mit dem Arbeitstitel «Fast Track» produzieren. Als Producer und Autor konnten Sie Lee Goldberg, den Schreiber der Serie «Monk» gewinnen.
Proff: Ob wir «Fast Track» wirklich zur Serie machen, oder ob es beim Pilotfilm bleibt, entscheiden wir nach dessen Ansicht. Wir planen viele deutsche Fiktion-Projekte, denn wir glauben fest an eine Zukunft dieses Marktes. ProSieben wird damit on Air gehen können, wenn der Hype um die US-Krimis abebbt. In den USA ist ja bereits heute eine Trendwendel zu bemerken: Einige Krimis standen auf der Kippe, einige wurden auch nicht verlängert. Ich persönlich freue mich nun, dass die deutschen Produzenten eingesehen haben, dass die alten Rituale keine Zukunft mehr haben. Es kann nicht mehr funktionieren, wenn man von einer Serie in einem Jahr sechs oder acht Folgen herstellt, wenn aus den USA im gleichen Zeitraum 22 Episoden kommen. Auch die Übernahme des «Writers Room» begrüße ich ausdrücklich. Im Übrigen ist es inzwischen keine Seltenheit mehr mit einem US-Autor oder Executive Producer an deutschen Serien zu arbeiten. Darin sehe ich auch die Zukunft für deutsche Fiktion.
In den USA lief kürzlich «Private Practice», der Ableger von «Grey’s Anatomy», der im Herbst in Serie gehen wird. Haben Sie Interesse an dem Format?
Proff: Man muss da zunächst vorsichtig sein. Nicht jeder Spin-Off ist eine Garantie für einen Erfolg. Wir werden uns «Private Practice» aber genau ansehen.
Herr Benthues, sprechen wir noch einmal über Shows. Im Frühjahr haben Sie den «Gameshow Marathon» gezeigt. Die Quoten waren nicht sonderlich berauschend – setzen Sie das Format 2008 fort?
Benthues: Das ist noch nicht final entschieden.
Oliver Pocher hat eben diesen «Gameshow Marathon» gemacht. Derzeit ist er im Kino zu sehen, kürzlich sprach der bei Harald Schmidt davon, gerne wieder eine eigene Sendung haben zu wollen. Am Montag platzte dann die Bombe, dass Oliver Pocher ProSieben verlassen und künftig zur ARD wechseln wird. Wie sehr hat Sie das schockiert?
Benthues: Wir wollen und können uns dem Wunsch von Oliver Pocher nicht in den Weg stellen, werden aber weiterhin mit ihm im Gespräch bleiben und u.a. sein Live-Programm im Herbst ausstrahlen.
Mit dem zweiten Moderator des «Gameshow Marathons», Oli Petszokat, haben Sie den Piloten zu «Identity» hergestellt. Wie hat Ihnen dieser gefallen?
Benthues: Ich habe ihn in Gänze noch nicht gesehen, da er noch in der Post-Produktion ist.
Ein weiteres interessantes Format, das Sie planen ist «Survivor». In den USA ist die Show seit Jahren ein Hit – können Sie hier schon einen groben Zeitplan nennen?
Benthues: Wir stecken mitten in den Vorbereitungen. Wir haben das Gefühl, nach «Popstars» und «Germany’s Next Topmodel» hier ein weiteres international erfolgreiches Format zu etablieren. Der genaue Starttermin steht noch nicht fest.
Als Sie «Gott sei Dank, dass Sie da sind…» abgesetzt haben, versprachen Sie eine Rückkehr. Würden Sie das heute auch noch sagen?
Benthues: Ich würde sagen, ja. In der Tat handelt es sich hier aber um eine sehr komplizierte Produktion und es ist sehr schwer, diese Leichtigkeit, die die Sendung in Australien so erfolgreich macht, herüberzubringen.
Wir haben bereits berichtet, dass die ProSiebenSat.1-Gruppe die Rechte der Serie «Brothers & Sisters» besitzt. Wird das Format bei ProSieben laufen?
Proff: «Brothers & Sisters» ist eine qualitativ hochwertige Serie mit einem starken Cast. Welcher Sender die Serie ausstrahlen wird, ist noch nicht entschieden.
Den Anhängern von «Las Vegas» können Sie weiterhin nichts Gutes vermelden?
Proff: Nein, ich glaube nicht, dass diese Serie noch einmal bei ProSieben zu sehen sein wird.
Benthues: Aber ich kann den Fans etwas Gutes sagen: Sie sollen einfach bei der «TV total Poker Nacht» 'reinschauen.
Herr Proff, denken Sie, dass sich ein junger Mensch, der sich für Politik und die Welt um ihn herum interessiert, ausreichend informieren kann, wenn er «Newstime» anschaut?
Proff: Ganz klar: Ja.
Auch in der recht kurzen Sendezeit?
Proff: Ich denke, dass zehn Minuten ausreichend sind. Wir sind auf dem neuen Sendeplatz auch überaus erfolgreich und konnten die Quoten steigern.
Wie waren die Reaktionen auf Anke Engelke als neue Stimme von Marge Simpson?
Proff: Extrem positiv. Anke Engelke hatte selbst sehr großen Respekt vor dieser Aufgabe und spricht die Marge Simpson bewusst anders, als Elisabeth Volkmann. Sie ist viel näher am amerikanischen Original – und hat damit alle Fans bei uns im Haus, wie in allen Foren, restlos überzeugt.
Herr Proff, Herr Benthues, ich bedanke mich für das ausführliche Interview.