Manuel Weis blickt auf rund eineinhalb Jahre des Bundesligasenders arena zurück. War die Bundesliga eine zu schwere Last?
Wir schreiben den 21. Dezember 2005: Die DFL hat eine Pressekonferenz angekündigt, am Nachmittag um 14.00 Uhr wird die Sensation klar. Bei der Vergabe der TV-Rechte für die Bundesligaspielzeiten 2006/2007, 2007/2008 und 2008/2009 hat nicht der bisherige Pay-TV-Partner Premiere, sondern eine Schwesterfirma von Unity Media, die Rechteagentur „arena“ den Zuschlag bekommen. Premiere – in Person Hans Mahr, der damals mit den Verhandlungen betraut war – hatte auf ein anderes Modell gesetzt. Auf eine Variante ohne der Sportschau am Vorabend. Für das letztlich genommene Modell wollte der Münchener Sender angeblich nur 15.000 Euro pro Saison zahlen - zu wenig.
Schon am Tag danach gab sich arena zuversichtlich. Die ganze Nacht habe man durchgefeiert, erklärte Bernardus de Roos, der den Coup für arena gelandet hatte, im Laufe der Zeit aber still und leise verschwand. Interviews gab er nur wenige in den ersten Wochen. Wenn, dann stellte er klar, welches Potential die Bundesliga im Pay-TV habe. Sechs Millionen Kunden nach drei Jahren – so lautete das Minimalziel, was in jedem Fall zu erreichen sei, wie umfangreiche Marktanalysen ergaben hätten. Oftmals führen solche Analysen aber zum Wunschergebnis des Auftraggebers – nach einem Jahr hatte arena gerade einmal 1,1 Millionen Kunden, etliche davon gewann man nicht einmal aus eigener Kraft, sondern nur mit Hilfe von Premiere.
Damals – im Frühling 2006 – schien die Welt aber noch in Ordnung. Am 27. März 2006 lud der Sender die Journalisten nach München ein. Dort stellte man das Konzept des neuen Senders vor. Sogar TV-Nachrichtenkanäle übertrugen live. Oliver Welke präsentierte den Preis (14,99 Euro bei einem Sat-Abo und nur 9,99 Euro im Kabel) und vermittelte Euphorie. Zudem gab es erste Schalten. Modernste Einblendungen, Top-Personal und vieles mehr wurde versprochen. Mit Hansi Küpper, Michael Born und Günther Koch bestätigte man auch erste Mitarbeiter.
In den kommenden Wochen wuchs das zarte Pflänzchen arena – immer neue Reporter und Moderatoren kamen hinzu. Wenige Wochen vor dem Start wurde dann klar, dass man in der Nähe eines Stadions einen festen Fantreffpunkt eröffnen wolle. Der arena-Dome wurde geboren. Nur wenige Monate später war man darüber intern nicht mehr ganz so glücklich, denn in einigen Städten ließ sich das Zelt überhaupt nicht errichten (Bremen beispielsweise), in anderen Orten fand man nur Plätze, die recht weit von den eigentlichen Stadien entfernt waren.
Im August 2006 wurde es letztlich ernst: Wenige Tage vor dem Bundesliga-Auftakt startete der Sender seinen Livebetrieb – man zeigte das Abschiedsspiel Giovane Elbers aus der Allianz-Arena. „Unsere Kunden können erstmals erleben, wofür arena steht: Fußball für alle, hautnah mit allen Emotionen, kompetent präsentiert von anerkannten Experten. Wir teilen mit unseren Zuschauern vor all allem eines und wollen dies auch vermitteln: die Liebe zum Spiel“, gab sich arena-Chef Dejan Jocic damals noch optimistisch. „Was wir am 11. August 2006 geleistet haben, wenn wir mit dem Auftaktspiel Bayern München vs. Borussia Dortmund in die erste arena Bundesliga-Saison starten, ist rekordverdächtig. Innerhalb von nur acht Monaten wurde ein neuer Fernsehsender aufgebaut, ein Moderatoren- und Kommentatoren-Team zusammengestellt, ein Vertriebskonzept umgesetzt, Werbekampagnen kreiert, Verträge verhandelt und eine technische Infrastruktur geschaffen“, erklärte er.
Doch schon wenige Wochen später begann die eigentliche Kritik. An die Qualität von Premiere kam der Sender nur selten heran, zu sehr kochte man auf Sparflamme. Kaum eigenrecherchierte und –produzierte Berichte im Vorlauf, teils sehr schwache Kommentatoren und technische Pannen prägten das Bild des Senders in der ersten Zeit. Dabei sollte doch alles anders kommen. „Auch mit unseren Moderatoren und Kommentatoren werden wir punkten. Die Fans sollen sich mehr mit dem Sender und unseren Köpfen und Stimmen identifizieren können.“ Zudem versprach Jocic (Foto aus ehemaligen ProSieben-Zeiten) damals, mit mehr Kameras denn je in den Stadien vertreten zu sein.
Ein Rohrkrepierer, wie sich herausstellte. Hatte Premiere in der Vorsaison bei Topspielen Kameras am Spielfeldrand, die das Geschehen exklusiv und somit nur für Premiere aufzeichneten, gab es dies kein einziges Mal bei arena. Zudem verzichtete man komplett auf die bei Premiere oftmals eingesetzte Spider-Cam, eine Kamera, die das Spielgeschehen von oben einfängt. Doch nicht nur diese Aussage Jocics stellte sich im Nachhinein als unglücklich heraus, auch an die Ankündigungen bezüglich der Abonnentenzahl schienen wenige Wochen später als "überhöht". Zwar konnte man relativ bald den 1.000.000sten Kunden begrüßen (einen nicht geringen Teil gewann man über Premiere im Kabel Deutschland-Gebiet), danach ging aber kaum mehr etwas.
Erst als Premiere im Februar 2007 eine umfassende Kooperation mit arena aufnahm, kamen neue Haushalte hinzu – aktuell können rund 1,1 Millionen Haushalte den Fußball-Sender sehen. Doch diese Freude währte nicht lange. Am 18. April 2007 wurde bekannt, dass Premiere die Vermarktung des Senders arena per Satellit aussetzen muss. Nur wenige ahnten damals, dass dies der Todesstoß des Bundesliga-Senders war. „Langwieriger und umfassender als erwartet,“ sei die Prüfung der Katellis, sagte Kofler damals. Ungeachtet der Probleme plante arena bereits für die neue Spielzeit.
Rund eine Woche später – am 26. April 2007 – gab arena bekannt, Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann als Experten für die kommende Saison verpflichtet zu haben. Der Wahl-Amerikaner hatte sich Tage zuvor gegen einen Trainer-Job beim FC Chelsea entschieden, wollte lieber zum Pay-TV-Sender gehen. „arena ist der erste Partner, der mich inhaltlich überzeugt hat,“ so Klinsmann damals.
Neben seiner Tätigkeit als Experte sollte Klinsmann im Herbst 2007 auch eine eigene Sendung bei arena bekommen. Der TV-Sender hoffte so, neue Kunden anlocken zu können. Geschäftsführer Jocic erklärte im April 2007: „Klinsmann ist ein bedeutender, positiver und geradliniger Vertreter des Weltsports. Wir sehen ihn als Trendsetter. Er passt ausgezeichnet zu uns.“ Dazu wird es nicht kommen. Wenige Tage vor ersten Werbe-Aufzeichnungen mit Klinsmann platzte die Bombe. Es war der 5. Juli 2007, als bekannt wurde, dass die Investoren den Bundesligasender aufgegeben haben. Ein teures Spiel. Über 70 Millionen Euro Miese soll der Kanal allein im ersten Quartal 2007 gemacht haben.
In der darauffolgenden Saison war also alles wieder beim Alten sein. Sebastian Hellmann hatte die Zuschauer samstäglich begrüßt, Marcel Reif die wichtigen Spiele kommentiert. Dass es soweit kommt, war allerdings nicht auf das reine Geschick Koflers zurückzuführen. Mehr oder weniger
ist das Chaos einzig dem Scheitern des Senders arena zu verdanken, der zwar teilweise nette Ansätze bot, letztlich aber im finanziellen Bereich so rein gar nicht überzeugte. Was bleibt, ist eine Gewissheit: Allein mit Live-Fußball ist in Deutschland kein Geld zu verdienen. Das weiß auch die Chef-Etage von Premiere, die nun innerhalb von kurzer Zeit einen dreistelligen Millionenbetrag auf den Tisch legen muss. Das ist wohl auch die einzige Tatsache, die den Herrn Kofler, Schmidt und Co. derzeit nicht so ganz schmeckt.