Die Kritiker: «ZDF Expedition: Jäger der verlorenen Schätze»

Inhalt
"Beschreiben zwecklos, muss man gesehen haben", schrieb Ludwig Borchardt am 6. Dezember 1912 in sein Grabungstagebuch. In den Ruinen der Wüstenmetropole Amarna, die Pharao Echnaton vor 3500 Jahren erbauen ließ, machte der deutsche Archäologe einen Jahrhundertfund: die bunte Büste der Königin Nofretete. Sie ist die größte Attraktion des Ägyptischen Museums in Berlin und bis heute voller Rätsel. Ihr Entdecker hat den einzigartigen Schatz für Deutschland gesichert.

Doch Borchardt steht noch immer unter Verdacht, die Ägypter über den wahren Wert getäuscht zu haben. Im Zweiten Weltkrieg entstand die Legende von einer Kopie, die Adolf Hitler in Auftrag gegeben haben soll. Selbst Wissenschaftler gerieten in Zweifel, ob es die echte oder die falsche Nofretete war, die im Bombenhagel verloren ging. Ein Geheimnis blieb auch, was hinter der atemberaubend schönen Maske der Königin verborgen ist, und wie der Bildhauer Thutmosis die "Mona Lisa in Stein" in einer dunklen Lehmziegelhütte erschaffen konnte.

Für diesen Film rekonstruiert der renommierte Ägyptologe Prof. Barry Kemp die Odyssee der weltberühmten Büste. Seine abenteuerliche Expedition führt von der versunkenen Wüstenstadt Amarna bis in ein Labyrinth aus 600 Meter tiefen Salzstollen, in dem die "schönste Frau der Welt" im Zweiten Weltkrieg versteckt wurde. In Archiven in Kairo und Berlin folgt Kemp den Spuren von Borchardt und erhält erstmals Einblicke in persönliche Aufzeichnungen des großen Forschers, die bislang unter Verschluss gehalten wurden.

Basierend auf diesen erstmals veröffentlichten Dokumenten zeigen spannungsgeladene Reenactments den Augenblick der Entdeckung und was bei der Fundaufteilung wirklich geschah. Sie lassen die faszinierende Persönlichkeit eines Archäologen lebendig werden, der wie ein Detektiv die Fälscher-Clans von Kairo und ihre Methoden ausfindig machte und der als erster die Schätze des Ägyptischen Museums katalogisierte. Erstmals erhielt ein Filmteam Zutritt in Borchardts Villa am Nil, in der Szenen aus seinem Leben an der Seite von seiner Frau Mimi mit hoher Authentizität realisiert werden konnten.

Highlight des Films ist die Untersuchung der Nofretete im Imaging Science Center in Berlin, wo die Büste mit modernster Röntgentechnologie durchleuchtet wurde. Monatelang dauerten die Vorbereitungen für das Experiment mit dem altägyptischen Meisterwerk, dessen Wert von einer Versicherung auf 390 Millionen Dollar geschätzt wurde. Der Röntgen-Scan enthüllt das "zweite Gesicht" der Nofretete, das Kalksteinporträt einer älteren Frau mit faltigem Hals, das im Inneren der perfekt mit Gips modellierten Büste verborgen ist. Das wahre Gesicht der sagenumwobenen Königin vom Nil?

Kritik
Zugegeben; der Inhalt dieser Dokumentation liest sich gut und sieht auf dem Papier recht interessant aus. Und eigentlich hätte man aus diesem vielversprechenden Material auch eine anständige Doku-Fiction machen können – doch leider wurde hier sehr viel versaubeutelt.

Zunächst einmal wird die Geschichte der Nofretete recht verworren erzählt. Immer wieder gibt es Stellen, die man sich mehrmals ansehen muss, wenn man die Chance haben will, sie auch zu verstehen. Dieses Problem entsteht vor allem dadurch, dass mehrere Handlungsstränge parallel erzählt werden (so zum Beispiel der Röntgen-Scan der Statue und die Nummer mit der Fälschung), was es dem Zuschauer unnötig schwerer macht, der Handlung zu folgen.

Ein weiteres Problem ist natürlich, dass der pure Sachverhalt ziemlich trocken ist. Archäologie ist nun mal kein Spielfilm, der die Zuschauer vom ersten Moment an durch eine gut erzählte Geschichte, gute Schauspieler und einige interessante Plot-Twists vor der Mattscheibe halten kann. Darum darf es einen nicht wundern, wenn keinerlei Spannung aufkommt und zum größten Teil nur Archäologie-Interessierte dranbleiben und das Geschehen weiter verfolgen möchten.

Das größte Manko allerdings sind die nachgestellten Szenen. Hier fällt besonders der Darsteller von Ludwig Borchardt negativ auf, der durchwegs unfähig ist, irgendwelche Emotionen halbwegs glaubwürdig zu transportieren, geschweige denn, sie beim Zuschauer hervorzurufen. Selbst bei den schlimmsten Telenovelas hat man das noch um einiges besser hinbekommen. Doch auch die anderen Schauspieler bewegen sich auf diesem Niveau, wenn auch nicht ganz so miserabel wie ihr Kollege.

Alles in Allem ist die erste Folge der «ZDF Expedition: Jäger verlorener Schätze» daher in die Kategorie „nicht empfehlenswert“ einzuordnen.

Das ZDF zeigt «ZDF Expedition: Jäger der verlorenen Schätze» am Sonntag, 29. Juli 2007, um 19.30 Uhr.
26.07.2007 08:34 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/21345