«Editorial»: Massentauglicher Journalismus zur Hauptsendezeit

«Viva Mallorca» statt Infos: Die wirklich kritischen Reportagen bekommen die Fernsehzuschauer nicht zur Hauptsendezeit zu sehen.

Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender brüsten sich damit, dass sie die besten Informationssendungen ausstrahlen. Nach dem G8-Gipfel wurde triumphiert, dass man die Privaten mit Vorberichterstattungen bei Weitem überboten habe. Und auch sonst stellt man sich klar als Gewinner in den Vordergrund, erwähnt aber nicht, dass das Informationsangebot nachhaltig zurückgefahren wurde.

Die ARD kürzte ihre Politmagazine um ein Drittel der Sendezeit und das ZDF plant nun den Donnerstagabend zum Unterhaltungstag umzubauen. Was ein deutsches «60 Minutes» war, verkümmert zu einem irrelevanten Magazin – die Rede ist von «ZDF.reporter». Statt knallhartem Journalismus wird über Mautkontrolleure in Österreich berichtet. Dass dies kein Einzelfall ist, machte Dietmar Ossenberg mit dem «auslandsjournal» deutlich. Die vergangene Sendung wurde mit einem Bericht über Chinesen eröffnet, die durch Europa reisen. Danach folgte die Begrünung New Yorks, Atomkraft in Finnland und das Topthema: Der Kampf um Bagdad. Nach einem kurzen Bericht machte der Präsentator klar: Um die gesamte Reportage sehen zu können, muss man um 00.15 Uhr wieder einschalten. Ärgerlich, denn die Hauptsendezeit wurde mit Andrea Kiewels «Viva Mallorca» belegt.

Doch auch die ARD verfährt nach dem gleichen Format: In «Monitor» berichtete das WDR-Magazin von einer Schule, in der die Kinder auf ein Leben mit der Arbeitslosigkeit vorbereitet werden. Nach einem kurzen Anreißer war auch schon wieder Schluss, Moderatorin Sonia Mikich gab ein paar kritische Worte ab und wies auf die gesamte Reportage am Montag im WDR-Fernsehen hin. Diese kommt übrigens nicht zur besten Sendezeit, sondern um 22.15 Uhr.

Solange ARD und ZDF weiterhin den Massenjournalimus an erste Stelle setzen, wird das Bild der Öffentlich-Rechtlichen nicht besser. Der Zuschauer zahlt nicht gerne für aufwändige Sendungen, die er erst nach Mitternacht sehen kann. Zwar geht man mit der Aufnahme von «Hart aber Fair» den Trend entgegen, aber geht mit der Sendezeit um 21.45 Uhr wieder einen Kompromiss ein. Zuvor laufen Herzschmerz-Filme.
24.08.2007 14:25 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/21884