«Requardt»: Coaching-Talk mit ungewöhnlichem Ende

RTL II startet am Montag den «Zwei bei Kallwass»-Klon «Der Requardt». Unterschied – bei RTL II demontieren sich Menschen mit wahren Geschichten.

Es ist seine große Chance, die Chance von Michael Requardt, der vielen Zuschauern bislang von DMAX und WDR bekannt ist. Requardt – sein Markenzeichen ist die auffällige Brille – soll der neue Retter des RTL II-Vorabends werden. Werktags lädt er fortan Menschen zum Coaching-Talk in sein Studio ein. Vertrauen in ihn haben neben den eigentlichen Teilnehmern wohl nur die Verantwortlichen von RTL II. Dass «Der Requardt» ein Erfolg wird – darauf würden sicherlich nicht viele wetten.

Zu groß ist die Liste der Flops am RTL II-Vorabend. Umzugs-Doku, «5 gegen 5», «Schicksal meines Lebens» und vieles mehr funktionierte dort nicht. Einzig «Big Brother» bescherte dem Münchener Kanal als Eigenproduktion bislang um 19.00 Uhr gute Quoten. Mit dem Requardt soll all dies nun besser werden. Die Sendung an sich ist schnell zusammengefasst: Anwalt und Schuldnerberater Requardt begrüßt Gäste im Studio, die sich Hilfe suchend an ihn wenden.



Dass gerade der erste Fall, den er am Montagabend in seiner Premierensendung behandelt, für Stirnrunzeln sorgt, dürfte in die Kategorie „nicht optimal“ eingestuft werden. Das Problem ist schnell erklärt: Freundin hat Angst bei ihrem Freund, einem notorischen Raser und Drängler mitzufahren, weil sie vor ein paar Jahren einen Autounfall hatte. Eine Lösung dieses Konflikts wäre eigentlich relativ nahe liegend – allein aus Liebe könnte man den Fuß doch etwas vom Gaspedal wegnehmen. In der Sendung selbst endet dieser Auftritt der beiden jedoch abrupt – und ohne Kompromiss oder dergleichen. Sieht so Problemlösung a la Requardt aus? Die weiteren Minuten zeigen: Nein.

Fall zwei scheint in die Abgründe des menschlichen Familienlebens zu führen – ein Fall, den man auch aus der «Super Nanny» kennen könnte. Eine rotzfreche Tochter, ein Vater ohne Gefühle und eine Mutter, die denkt, ihr Kind beschützen zu müssen. Streit ist hier vorprogrammiert. Was auffällt: Die Einspielfilme sind offenbar gestellt, zu unnatürlich und schlecht sind die Szenen dargestellt. Ähnlich schlecht ist im Übrigen die Rechtschreibung der 12-Jährigen («Fluch der Karibig» - dieser Schriftzug ziert ein Plakat des Mädchens).

Und dann kommt das zum Vorschein, was den Unterschied zu Kallwass ausmacht, abgesehen davon, dass die Geschichten beim Requardt real sind. Es gibt nicht immer ein Happy End. „Trennen Sie sich“, empfiehlt der Anwalt vor laufender Kamera. Das ist ungewöhnlich für eine Beratungssendung, ist sich der Zuschauer bei Peter Zwegat, Katharina Saalfrank und Angelika Kallwass doch sicher, dass es eine alle zufrieden stellende Lösung gibt. Natürlich ist «Der Requardt» als Trash-TV einzustufen, aber in diesem Bereich muss man unterschieden. Es gibt unterhaltsamen, schönen Trash und es gibt Trash, den die Welt nicht braucht.

Requardts erster Fall – mit dem Autoraser – gehört in die zweite Kategorie. Die Chaos-Familie selbst weiß jedoch ungewollt zu unterhalten. Größter Pluspunkt der Sendung dürfte jedoch der Moderator selbst sein – in ihm steckt sicherlich viel mehr Potential als es in der Premierensendung ersichtlich war. Er konfrontiert die Menschen knallhart mit der Realität und zeigt Schranken auf. Deftige Worte sind hier garantiert. Bleibt für ihn zu hoffen, dass die Quotenlisten am Dienstagmorgen nicht ihn mit der Realität konfrontieren und Schranken aufweisen.
17.09.2007 13:30 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/22345