«Kreis runde Sache»: Lissi und der wilde Führer
An drei Tagen in der Woche befasst sich unser Kolumnist Alexander Krei mit dem Sinn und Unsinn der Fernsehwelt. Thema heute: Neuer Talk-Stil.
Johannes B. Kerner hat es in der zurückliegenden Woche allen vorgemacht, wie man knallhart durch eine Talkshow zu führen hat. Der studierte Schwiegermutterliebling begrüßte Eva Herman, um mit ihr fast 50 Minuten lang über einen verschachtelten Satz zu sprechen, den wahrscheinlich nicht mal promovierte Sprachwissenschaftler in seine Einzelteile zerlegen können.
Aus einem belanglosen Plausch wurde schnell ein reines Nervenspiel, das schließlich in einen Psychokrieg zu verfallen drohte. Der Ton wurde aggressiver, die Fragen härter. Wie lange Eva Herman bei Bischof Mixa in der Lehre gewesen sei, wollte der für seine investigativen Fragestellungen bekannte Moderator von seinem Gast wissen und überhaupt: Warum in Teufels Namen entschuldigt sie sich nicht endlich?
Fragen, die sich im deutschen Fernsehen wohl noch nicht mal Udo Voigt und Konsorten bei diversen Auftritten an Wahlabenden gefallen lassen mussten. Beim Publikum kam Kerners Nazi-Fragen-Marathon so gut an, dass sich die Redaktion inzwischen bereits überlegt, weitere Promis zu diesem Thema zu befragen. Prinz Harry – bekennender Fan militärischer Kostümierungen – steht dem Vernehmen nach ganz oben auf der Liste.
Auch Reinhold Beckmann will auf den Zug aufspringen und mit seinen Gästen Jörg Kachelmann, Claudia Kleinert und Sven Plöger heute nicht über die momentanen Wetterphänomene, sondern über die dunklen Wolken über Deutschland zu Zeiten der Nazi-Herrschaft sprechen. Bully, ebenfalls Gast in seiner Show, wird sich wahrscheinlich die Frage gefallen lassen müssen, warum in seinem Lissi-Film der wilde Kaiser ausgerechnet im Dialekt des Führers sprechen musste.
Die nächste Ausgabe unserer Kolumne „Kreis runde Sache“ erscheint am Mittwoch - natürlich bei Quotenmeter.de.