Frank Plasberg feierte einen guten Einstand im Ersten. Die kürzere Sendezeit tut «Hart aber fair» keinen Abbruch. Ein Kommentar von Quotenmeter.de-Redakteur Alexander Krei.
Kaum zu glauben, aber wahr: Nach wochenlangen Diskussionen innerhalb der ARD, monatelanger Wartezeit, dutzenden ähnlichen Interviews und einer kurzfristig eingeschobenen Sondersendung der «Tagesthemen» über die Brände in Kalifornien begrüßte Frank Plasberg am Mittwochabend endlich seine Zuschauer im Ersten. Nicht mehr um 20:15 Uhr, wie noch zu WDR-Zeiten, sondern erst gegen 21:45 Uhr werden fortan mittwochs Politik und Realität zusammengeführt.
Das Thema der ARD-Premiere schien sich gut dafür zu eignen: „Hilfe, sie haben die Reformen geschrumpft – Geht so der Aufschwung kaputt?“ fragte die Redaktion von «Hart aber fair» und lud sich dazu einen bunten Gäste-Mix ein. Für die Reformen sollte SPD-Finanzminister Peer Steinbrück sprechen, für mehr soziale Gerechtigkeit sollte der Vorsitzende der Links-Fraktion Gregor Gysi plädieren. Der Mann aus der Wirtschaft war Paul Peter Moll, der während der Sendung immer wieder deutlich machte, dass ihn Wahlgeschenke der Politiker stören. Und dann waren da noch Schauspielerin Natalia Wörner, die einst Gerhard Schröder unterstützte, nun aber keinen Draht mehr zu SPD hat und Ingrid Köper-Pape, eine alleinerziehende Mutter, die drei Jahre lang arbeitslos war.
Gleich zu Beginn zeigte Plasberg, was den Unterschied zwischen ihm und den Illners und Wills dieser Republik ausmacht. Gezeigt wird ein Bild, auf dem die SPD-Streithähne Kurt Beck und Franz Müntefering betont die Blickrichtung des anderen meiden, dazwischen ein leerer Stuhl. Oben ein kurzer Text: „Kraft der Erneuerung“. Bilder sagen mehr als viele Worte. Und so stellt Plasberg auch nur kurze und prägnante Frage: „Wer kommt eigentlich in den Stuhl in der Mitte?“ Und: „Wird das ein Paartherapeut sein oder ein Blauhelmsoldat?“
Angesprochen auf die gefühlte Stimmung zwischen SPD-Chef und Sozialminister sagt Steinbrück: „Das ist nicht wie im Western, wo am Ende Burt Lancaster Gary Cooper gegenübersteht.“ Schon jetzt wird klar, dass sich Plasberg einen sehr dankbaren Gast ausgesucht hat, der mit guter Bildsprache arbeitet und auch einer direkten Auseinandersetzung nicht aus dem Weg gehen will. Und er wird nicht müde, den seiner Meinung nach richtigen Weg, auf dem sich die SPD befindet, zu loben. Ingrid Köper-Pape fühlt sich dennoch von der SPD im Stich gelassen und sieht vor allem ältere Arbeitnehmer stark benachteiligt.
Unterstützung findet sie gleich von zwei Seiten: Während Gysi stets versucht, die 48-Jährige für seine Politik zu begeistern, kratzt Wörner in den Wunden des SPD-Politikers am Tisch. Warum er sich bei der Abstimmung bezüglich der Verlängerung von Hartz IV enthalten habe, will sie wissen. Übrigens auch noch, nachdem er dann endlich einen Antwort gegeben hatte. Steinbrück selbst konnte sich mit seinem Auftritt bei Plasberg sicherlich nicht nur Freunde machen: Zwar schlug er sich im Einzelgespräch recht wacker, doch die Aussage, dass die SPD in Puncto Hartz IV nach Umfragewerten handle, ist durchaus diskussionswürdig. Fanden offenbar auch einige Zuschauer, wie sich im weiteren Verlauf der Sendung herausstellte.
Dass Parteichef Beck innerhalb eines Jahres seine Meinung um 180 Grad drehte, störte ihn wenig. Er habe für den Zusammenhalt der Partei zu sorgen. Punkt. Aus. Glaubwürdigkeit? Anderes Thema. Glaubwürdig war dagegen der Sohn von Ingrid Köper-Pape, der ebenfalls zu Gast war und mit Plasberg abseits der Runde ein sehr ehrliches Gespräch über Sparsamkeit, Markenklamotten und Diskrimierung führte. Und schlagfertig war er obendrein: „Wie ist das eigentlich, wenn du zu Klassenkameraden kommst, die dir einen neuen Plasmafernseher zeigen? Was denkst du da?“, wollte Plasberg wissen. Die Antwort des 17-Jährigen kam prompt: „Toll. Dann bleibe ich da direkt länger.“
Ohnehin war es zum Teil eine sehr launige Sendung, was insbesondere an Peer Steinbrück lag, der aus Spaß kurz damit drohte, zu gehen, nachdem ihm beim Zuschauer-Teil einige kritische Stimmen erwarteten. „Wir sind hier nicht bei Kerner“, schoss es aus Plasberg heraus, was für hämisches Gelächter im Publikum sorgte. Mit Blick auf die nur noch 75-minütige Sendung gab es dann auch noch einen kleinen Seitenhieb in Richtung ARD: Nicht zu lange klatschen, denn „wir haben nur wenig Zeit“.
Letztlich war die Sendezeit aber durchaus ausreichend, wenngleich es in den letzten Minuten doch ein wenig hektisch wurde. Einspielfilm mit Ex-Kanzler Schröder, ein lustiger Moses-Vergleich und die für «Hart aber fair» typische Schlussrunde – vollgepackte Minuten am Ende. Doch das sind eigentlich auch schon die einzigen Kritikpunkte an Plasbergs Premiere im Ersten. Im Prinzip war es wie immer. Wie immer gut. Nur, dass das Ende der Sendung eben erst gegen 23:00 Uhr auf dem Programm stand. Doch für Plasberg lohnt es sich bekanntlich, wach zu bleiben.
24.10.2007 23:37 Uhr
• Alexander Krei
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