Die Kritiker: «Das Schneckenhaus»

Story
Am Vorabend ihres Geburtstags feiert Katharina Giano eine Kostümparty mit ihren Freunden und ihrem Mann Manuel. Die Gianos sind eine glückliche Kleinfamilie, nur Katharina und ihre pubertierende Tochter Laura haben so ihre Reibereien miteinander. Doch alles soll besser werden. Während der Party verschwindet Manuel und holt Laura vom Bahnhof ab. Auf dem Weg zur Feier verunglücken die beiden. Manuel stirbt, Laura erblindet.

Ein Jahr später: Katharina und Laura ziehen in ein Mietshaus in Frankfurt. Ein Freund der Familie, Tom Wagner, begleitet sie zum Haus, wo sie freundlich von Dr. Lucas Bator, einem alleinstehenden Arzt mit einem kleinen Sohn, empfangen werden. Auch die anderen Hausbewohner entpuppen sich als freundliche Zeitgenossen. Alles könnte schön sein, wäre da nicht das durch Lauras Handicap noch mehr belastete Mutter-Tochter-Verhältnis.

Als Laura den charismatischen Jon kennen lernt, scheint sich aber auch das zum Besseren zu wenden. Katharina freundet sich mit Dr. Bator an und genießt die gegenseitige Sympathie. Eines Tages hört sie aber aus der Nebenwohnung ein merkwürdiges Geräusch, geht hinüber und findet ihre Nachbarin Rita Klee in ihrem Blut. Schnell kümmern sich die anderen Bewohner um sie und bringen sie ins Krankenhaus. Am nächsten Tag steht Rita wieder scheinbar völlig gesund in ihrer Wohnung. Das ist aber nur der Anfang von merkwürdigen Vorkommnissen im Haus, die Katharina zunehmend beunruhigen.

Darsteller
Andrea Sawatzki («Tatort») ist Katharina Giano
Ulrich Tukur («Das Leben der Anderen») ist Dr. Lukas Bator
Laura-Charlotte Syniawa («Donna Leon») ist Laura Giano
Christoph Bach («Allein gegen die Angst») ist Jon
Manfred Zapatka («KDD - Kriminaldauerdienst») ist Tom Wagner
Grit Boettcher («Der Wixxer») ist Rita Klee
Giulio Ricciarelli («Untreu») ist Manuel Giano

Kritik
«Das Schneckenhaus» schafft durchgehend den Spagat zwischen einem emotionsgeladenen Drama und einem schockenden Psycho-Horror mit einigen Thriller-Elementen. Bei so vielen Genres kann es leicht passieren, dass eines davon die Überhand gewinnt und der Film sich in Widersprüchlichkeiten verstrickt. Doch hier wurde ein gesundes Mittelmaß zwischen den einzelnen Gattungen gefunden und der Rhythmus des Films ist angenehm. Der Zuschauer sitzt gefesselt auf dem Sofa und die Handlung lässt einen nicht mehr los.

Der Film weist einige Parallelen zu Roman Polanskis «Rosemary‘s Baby» auf, in welchem eine ähnliche Thematik vorherrscht. Vor allem die skurrilen Nachbarn erinnern an den bekannten Film mit Mia Farrow. Doch «Das Schneckenhaus» findet schnell seine eigene Note und kann durch ein hohes Maß an Individualität überzeugen. Die Story ist interessant und voller unvorhergesehener Wendungen. Zu jeder Zeit kann alles passieren.

Prägnant sind einige Stilmittel, die man so nur in wenigen deutschen TV-Filmen sieht. Sie tragen dazu bei, dass der Film authentisch ist und trotz des abstrusen Sujets so glaubhaft wie möglich bleibt. An einigen Stellen findet man Jump-Cuts und es wird mehr geraucht als in manchen Filmen von Eric Rohmer oder Jean-Luc Godard. Auch einige Kameraeinstellungen wurden deutlich von der französischen „Nouvelle Vague“ der sechziger Jahre beeinflusst. All das sowie die Vielfalt der Genres machen aus dem Film ein Gemisch, das so noch nicht existiert. Und die Mischung funktioniert.

Die Schauspieler überzeugen durchwegs, während Andrea Sawatzki eine grandiose Leistung abliefert. Ihre Figur ist sehr gut durchdacht und Sawatzki verkörpert sie gekonnt. Sie versteht ihre Rolle in allen Nuancen und kann also deren Emotionen mühelos darstellen und auf den Zuschauer übertragen. Bravo!

Die Dialoge können überzeugen, auch wenn an einigen Stellen einige Ausreißer ins Negative auftauchen und vor allem der letzte Satz des Films ist etwas unglücklich gewählt. Dies tritt jedoch nicht oft auf, weshalb es insgesamt nicht so sehr ins Gewicht fällt.

Alles in Allem sollte jeder, der sich zu Halloween einen Psycho-Horror ansehen möchte, «Das Schneckenhaus» auf keinen Fall verpassen. Es ist einer der gelungensten deutschen Fernseh-Filme der letzten Jahre.

Die ARD strahlt «Das Schneckenhaus» am Mittwoch, 31. Oktober 2007, um 20.15 Uhr als Erstausstrahlung aus.
29.10.2007 11:34 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/23163