«Abgehört» mit Ben Streubel
Seit 2002 moderiert Ben Streubel die SWR 3 - Nachtsendung "Luna". Damit ist er wohl eine der bekanntesten Nachteulen der Republik. Mit Quotenmeter.de sprach er über seinen Tagesablauf und besondere Geschichten der Nacht.
Ben, du moderierst seit 2002 die SWR 3 – Nachtsendung „Luna“ – was konntest du in diesen fünf Jahren lernen?
Ich habe gelernt, dass Nachtmenschen entspannter sind. Wir leben sozusagen in einer ganz eigenen Twilight Zone, in einer mehr oder weniger eigenen Welt. Wer tagsüber eher eine graue Maus ist, kann nachts mitunter richtig auftauen. Diese Menschen teilen mir im Radio ihre Gedanken mit, was sie tagsüber nicht machen würden.
Würdest du mir zustimmen, wenn ich sage, dass du Deutschlands bekannteste Nachteule bist?
Schön wäre es. Ich kenne da jetzt leider keine wissenschaftlichen Hochrechnungen. Immer mehr Sender – vor allem die Privaten – senden nachts nicht mehr live.
Ich vermute, dass du ein Fürsprecher der Live-Moderation zur nächtlichen Stunde bist. Wie argumentierst du?
Klar bin ich ein Fürsprecher, weil ich selbst nachts moderiere. Ich finde Sender, die nicht 24 Stunden live senden einfach unseriös. Deswegen kommt für mich inzwischen auch nur noch die ARD als Arbeitgeber in Frage. ARD-Sender senden nachts live – auch Bayern 3 mit der Übernahme des Programms von SWR 3. Radio definiert sich ja dadurch, dass zu jeder Zeit jemand da ist, der über Aktuelles informiert.
Als Programmchef eines Privatprogramms würde ich jetzt sagen: Bei uns ist nachts auch ein Nachrichtenredakteur da. Und ob ein Moderator Gewinnspiele live ankündigt oder nicht ist gerade egal.
Ich habe da schon einen höheren Anspruch an das Programm. Wenn der Automat läuft ist das für mich kein Radio mehr. Das kann ich zu Hause auch haben. Wenn ich den MP3-Player einschalte, dann laufen auch Songs hintereinander. Die Sender, die nicht live senden, machen sich selbst irgendwann überflüssig. Radio muss lebendig sein – mit Moderationen, mit Hörern und vielem mehr. Das was Retortenradios nachts abliefern finde ich einfach nur traurig.
Nachts wird ohnehin ganz anders Radio gehört – viel intensiver. Während das Radio untertags eher zum „Nebenzu“-Medium verkommen ist, das halt im Hintergrund läuft, hören die Menschen nachts genauer hin. Das müsste doch schön sein für dich…
Das ist in der Tat eine schöne Tatsache. Du hast Recht, dass wir Nachteulen ruhiger sind und diesen Medien mehr Aufmerksamkeit schenken. Man findet nachts viel besser zu sich selbst und das mag ich an diesen Stunden so gerne. Die Menschen sind offener. Udo Lindenberg hat mich einmal während einer meiner Sendungen angerufen – einfach um mal „Hallo“ zu sagen. Er hört regelmäßig SWR3 und daraus entstand sogar eine Freundschaft. So glaube ich, dass jeder die Situationen nachts in seinem Umfeld viel bewusster erlebt als am Tage und vieles auch hinterfragt.
Deine Sendung lebt von Interaktion. Welcher Anruf ist dir denn – von Udo Lindenberg abgesehen – ganz besonders in Erinnerung geblieben?
Es gab viele lustige Geschichten. Eine war aber ganz Besonders: Mich hat in meiner Sendung ein Junge, 18 Jahre alt, angerufen. Dieser hatte sich heimlich das Auto von Papa geschnappt und war mit seiner 17-jährigen Freundin in den Wald gefahren. Ein bisschen Kitzeln und so… Er hatte nur das Pech, dass er mit dem Auto im Schlamm stecken blieb und nicht mehr weiterkam. Was sollte er jetzt machen? Ruft er die Polizei an, würde es der Vater erfahren. Auch wenn er den ADAC anruft, wäre seine Spritztour ans Licht gekommen. Also hat er denjenigen angerufen, der eben im Radio zu hören war während seiner schönen Momente... den Benny-Bär…
Wie konntest du helfen?
Es hat sich wenige Minuten nach unserem Gespräch ein Bauer aus der Umgebung gemeldet, der sich mit seinem Traktor auf den Weg zum Wald machte. Wir haben die Aktion dann im Radio begleitet. Der Landwirt schaffte es in der Tat, das Auto aus dem Schlamm zu ziehen. Und das Schönste kommt zum Schluss: Kurze Zeit später meldete sich ein Tankwart aus dem Örtchen, der das Auto kostenlos durch seine Waschstrasse fuhr. Somit war dann auch der Schlamm von Papas Auto verschwunden. Ich habe ihm dann empfohlen, noch in der Nacht einen kleinen Zettel zu schreiben und ihn auf den Frühstückstisch zu legen: „Papa, ich habe eine Überraschung für dich. Schaue einmal in die Garage“. Dort hat der Papa dann wohl das frisch geputzte Auto gesehen und sich sicher gefreut.
Ohne zu wissen, was passiert war…
Ja, das ist wohl ein Luna-Geheimnis geblieben (lacht).
Gab es auch einmal Anrufe, die eher negativ waren? Meckerer oder dergleichen?
Nein, eigentlich nicht – ich kann mich jetzt an nichts erinnern. Die Menschen sind froh, dass im Radio überhaupt jemand bei ihnen ist. Luna besitzt ja fast ein eigenes Nachtmonopol in Deutschland. Wenn es dann mal negative Stimmen gab, dann nur wenn jemand ausgefallene Musikwünsche hatte, die ich ihm nicht erfüllen konnte.
Wann kommst du ins Bett?
Ich wohne in Stuttgart, muss also von Baden-Baden, wo unser Funkhaus steht, noch ein bisschen fahren... Bin dann gegen halb sechs zu Hause und dann gehts ins Bettchen. Meistens bis etwa 13.00 Uhr.
Ist aber auch nicht sonderlich lang.
Stimmt, aber länger kannst du nicht schlafen. Du hörst Geräusche von draußen, die Sonne stört – das geht ja nicht nur Dracula so, sondern auch uns Nachteulen.
Wie schnell kann man sich auf einen normalen Schlafrhythmus umstellen? Reicht da eine Woche Urlaub?
Mir reicht da schon mein Wochenende. In der Regel habe ich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag meine letzte Sendung in der Woche. Die erste Nacht bin ich meistens noch recht aufgewühlt. Da hat man um Mitternacht diesen Adrenalinschub, den man im Studio auch hätte, wenn man gleich Wetter und Verkehr liest. Ich schaue dann manchmal auch noch bei uns im Webradio, ob auch wirklich ein Kollege da ist und Luna macht oder ob man auf mich wartet (lacht). Aber in den beiden anderen Nächten geht das dann schon ganz gut.
Du hast es da auch angenehmer als die Kollegen, die Up von vier bis sechs Uhr moderieren.
Das stimmt. Ich kann man Stück schlafen. Ich glaube die meisten Up-Moderatoren schlafen in zwei Schichten. Einmal vor der Sendung und einmal nach der Sendung.
Diese extremen Arbeitszeiten sind für den Körper durchaus belastend. Nicht selten streichen Morning-Show-Hosts nach sechs, sieben Jahren die Segel, weil sie den Anforderungen nicht über so lange Dauer gewachsen sind. Hast du dir eine Grenze gesetzt?
Nein. Ich glaube, das hat auch viel damit zu tun, wen du auf Sendung verkörperst. Wenn du eine Kunstfigur darstellst, die mit deinem Ich gar nicht so viel zu tun hat, dann ist das wesentlich belastender. Da wirst du schnell müde. Meine Art zu moderieren ist aber eine ganz andere. Ich notiere mir zum Beispiel kaum etwas vor meinen Sendungen. Ich habe verschiedene Bilder im Kopf und die beschreibe ich in diesen vier Stunden. Dadurch entstehen meistens nette Geschichten. Außerdem: Ich arbeite nur vier Tage die Woche, das ist eine Ecke weniger schlimm als eine Fünf- oder gar Sechs-Tage-Woche, die es bei vielen Radiomachern ja auch gibt.
Wer hat eigentlich den Namen „Benni-Bär“ erfunden?
Führende Frauen Deutschlands (lacht). Es war glaube ich eine meiner Ex-Freundinnen und der Name hat mit meinem Wucherwuchs im Brustbereich zu tun. Ich habe das irgendwann mal on Air erzählt, und meine Hörer fanden das wohl ganz schnuckelig und haben mich dann auch immer so genannt..
Vielen Dank für das Interview.