Sollte Premiere eigene Serien produzieren?

Der Sender selbst hat dies klar abgelehnt. In den USA feiert der Bezahlsender HBO mit Serien wie «The Sopranos» aber große Erfolge. Würden eigene Serien dem Unternehmen vielleicht einen weiteren Schwung bringen? Fabian Riedner und Manuel Weis diskutieren.



Von Fabian Riedner

Am 28. Februar 1991 startete der Bezahlsender Premiere sein Programm, damals zunächst nur mit einem Kanal. Acht Jahre später verschmolzen die zwei Pay-TV-Plattformen Premiere und DF1 von Leo Kirch in Premiere World. Einige Jahre später konnte der Sender schwarze Zahlen schreiben und überträgt die wichtigsten Sportereignisse, davon viele exklusiv.



Jedoch ist Premiere wie schon seit 15 Jahren ein reiner Abspielsender, der nichts hervorgebracht hat. Zuletzt sah man beim Verlust der Bundesliga-Rechte, wie stark das Unternehmen geschwächt werden kann. Echte Originale kann die Fernsehplattform nicht vorweisen, da ohnehin sämtliche Programme eingekauft und mit einer entsprechenden Wartezeit im Free-TV ausgestrahlt werden. Zwar setzte man zuletzt auf erfolgreiche amerikanische Serien, diese laufen jedoch fast alle im Free-TV. Im Dezember 2007 startet man die letzten Folgen «Die Sopranos», aber warum sollte man Premiere abonnieren, wenn Warner Bros die DVD-Box bereits am 30. November 2007 veröffentlicht?



Aus diesem Grund muss die Aktiengesellschaft die Augen von der Rendite nehmen und sich auf eigene Programme fokussieren. Der US-Bezahlsender HBO startete 1972 als frei empfangbares Network, ehe man sich 1986 entschloss, das Programm zu verschlüsseln. Mitte der 90er Jahre legte man den Grundstein für viele Kultserien: Das Mafiaepos «The Sopranos» ging auf Sendung, das am Sonntagabend bis zu zehn Millionen Abonnenten erfreute. Die Bestattungsfirma Fisher & Söhne war in «Six Feet Under» zu sehen und Sarah Jessica Parker wurde mit «Sex and the City» weltbekannt. Neben diesen Serien produzierte HBO auch «Band of Brothers», «Deadwood» und «Rome». Die eigenproduzierten Serien weichen maßgeblich von der Norm ab, sie greifen Themen anders auf als die großen Networks und geben ihren Serien unbegrenzte Laufzeit. So dauern einzelne Folgen der Serien knapp zwanzig Minuten länger.



Blickt man auf den deutschen Markt so kann sich Premiere nur über Sport profilieren, jedoch musste man einen schweren Imageschaden hinnehmen, als arena sich überraschend die Bundesligarechte sichern konnte. Ein reiner Abspielsender kann durch eine neue Marke ausgetauscht werden, Originale bleiben jedoch bestehen. Leider ist Premiere kein Original.



Von Manuel Weis:

Die Gründe, warum eigenproduzierte Serien dem Pay-TV-Sender Premiere nicht im Geringsten weiterhelfen würden, liegen eigentlich auf der Hand: Es ist ein Fakt, dass das deutsche Publikum derzeit auf im eigenen Land hergestellte Serien nicht abfährt. Beispiele gefällig? «Deadline», «R.I.S.», «Die Familienanwältin»… Alles mehr oder weniger gut gemachte Serie, die beim Fernsehzuschauer in der jüngeren Vergangenheit durchfielen.



So oder so ähnlich würde auch eine von Premiere produzierte deutsche Serie aussehen. Wieso sollte sich der Abo-Sender aber gerade auf das Genre stürzen, das vom Publikum derzeit verschmäht wird? Richtig, das ergibt keinen Sinn. Natürlich kann man hier das Beispiel HBO und tolle Pay-TV-Serien wie «Die Sopranos» nennen. Bei dieser Argumentation vergisst man allerdings, dass Amerika in diesem Fall nicht mit Deutschland verglichen werden darf. In den USA gibt es kein Problem mit eigenproduzierten Serien - im Gegenteil.



Und: HBO kann wesentlich mehr Geld in den Hand nehmen, wie auch CBS mehr Geld ausgeben kann als Sat.1. Demnach ist es ein richtiger Schritt, dass Premiere sich viel mehr an internationalen Produktionen beteiligt und so eine frühere Ausstrahlung in der Bundesrepublik Deutschland sicherstellt. Und es ist ein guter Schachzug, dass man sich auf das stürzt, was derzeit gut ankommt: US-Serien. Dort hat Premiere erst kürzlich zugeschlagen - unter anderem wird die siebte «24»-Staffel als Deutschland-Premiere beim Bezahlsender laufen.



Ein wesentlich besserer Deal als eine deutsche Serie. Denn was im Free-TV schon kaum Menschen anzieht, das läuft im Pay-TV bis auf wenige Ausnahmen eher unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
26.11.2007 11:05 Uhr  •  Fabian Riedner und Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/23674