Die Kritiker: «Der goldene Kompass»

Story
Lyra Belacqua ist erst zwölf Jahre alt, kennt aber genau den Unterschied zwischen aufgepfropften Verhaltensmaßregeln und ihrem angeborenen Sinn für Recht und Wahrhaftigkeit. Das rebellische Waisenkind lebt am Jordan College in Oxford, gehört aber auch einer von vielen Parallelwelten an – unsichtbaren, unberührbaren Dimensionen, in denen sich die Menschheit unmerklich weiterentwickelt.

Doch Lyra ist in ihrer Welt niemals allein – stets wird sie von ihrem Dæmon, dem kleinen, wandelbaren Tier namens Pantalaimon begleitet. In unserer Welt wohnt die Seele still und unsichtbar im menschlichen Körper – in Lyras Welt ist der Dæmon ein lebenslanger Gefährte.

Doch Lyras Welt verändert sich. Die alles beherrschende Verwaltung namens Magisterium unterjocht die Bevölkerung – im Zuge dunkler Machenschaften werden zahlreiche Kinder von den geheimnisvollen Gobblern gekidnappt. Auch die Kinder des Seefahrer-Volkes der Gypter werden entführt, und sie berichten von Gerüchten, dass die Kinder in ein Forschungslabor im Norden verschleppt und dort unaussprechlichen Experimenten ausgesetzt werden.

Als Lyras bester Freund Roger verschwindet, schwört sie, ihn zu retten – und wenn sie bis ans Ende der Welt gehen muss. Lyras ebenso eleganter wie ungehobelter Onkel, der Forscher Lord Asriel, macht sich zur gleichen Zeit auf, um ein rätselhaftes, „Staub“ genanntes kosmisches Phänomen zu untersuchen, dessen Ursprung er in den Sphären des Nordlichts über dem eisigen Polarkreis vermutet.

Lyra will ihren Onkel unbedingt begleiten, doch der lehnt kategorisch ab. Eine zweite Chance bekommt sie, als eine Wissenschaftlerin aus der Stadt das College besucht: Die attraktive Forscherin und Weltreisende Mrs. Coulter zaubert Lyra aus ihrer bisherigen Umgebung fort und lockt sie mit Londoner Abenteuern.

Darsteller
Nicole Kidman («Die Dolmetscherin») ist Marisa Coulter
Daniel Craig («James Bond 007 – Casino Royale») ist Lord Asriel
Dakota Blue Richards («The Secret of Moonacre») ist Lyra Belacqua
Ben Walker («Sweeny Todd») ist Roger
Freddie Highmore («Charlie und die Schokoladenfabrik») ist Pantalaimon (voice)
Ian McKellen («Sakrileg – The Da Vinci Code») ist Iorek Byrnison (voice)
Eva Green («Königreich der Himmel») ist Serafina Pekkala
Jim Carter («Dinotopia») ist John Faa
Tom Courtenay («Letzte Runde») ist Farder Coram
Ian McShane («Wintersonnenwende») ist Ragnar Sturlusson (voice)
Sam Elliott («Wir waren Helden») ist Lee Scoresby

Kritik
Mit Spannung wurde die Romanverfilmung von «Der goldene Kompass» (OT: «His Dark Materials: Nothern Lights») erwartet, denn nach «Der Herr der Ringe» ist das bereits die zweite Trilogie von New Line Cinema und Warner Bros. Bereits 1995 veröffentlichte Autor Philip Pullman das erste Buch, binnen fünf Jahren folgten die zwei weiteren Teile «Das goldene Messer» und «Das Bernsteinteleskop», derzeit arbeitet Pullman an einer Fortsetzung unter dem Namen „The Book of Dust“. Das Drehbuch vertraute der erfolgreiche Autor dem Regisseur Chris Weitz an, der den Stoff um zirka 180 Seiten umsetzte. Weitz zeichnete unter anderen mit seinem Bruder Paul für «Reine Chefsache», «About a Boy» und die drei «American Pie»-Teile verantwortlich.

Wie es bei Romanverfilmungen üblich ist, müssen einige Handlungen stark gekürzt oder ausgelassen werden, vor diesem Problem stand auch Chris Weitz mit «Der golden Kompass». Die Dialoge fallen gegenüber dem Buch wesentlich kürzer und knackiger aus, jedoch fehlt beispielsweise bei Serafina Pekkala eine wirkliche Einführung. Warum sie Lyra hilft, wird im Film nicht deutlich. Wenn der Kinozuschauer den Film ansieht, wird er sich gegen Ende fragen, wie Lee Scoresby an ein zeppelinartiges Luftschiff kommt. Denn als die Helden aufbrechen, haben sie das Schiff noch nicht dabei.

Vor allem die letzten Minuten von «Der goldene Kompass» weichen stark von der Romanvorlage ab. Denn während das Buch mit einem dramatischen Paukenschlag endet, haben die Verantwortlichen bei Warner Bros ein Happy End geschaffen. Warum man das Ende so gestaltete und zu sehr an der Handlung kürzte ist fraglich, da das Werk nur eine Spieldauer von 105 Minuten hat. Zusätzliche fünfzehn bis dreißig Minuten hätten «Der goldene Kompass» noch aufgewertet.

Dakota Blue Richards, die mit diesem Film ihr Leinwanddebüt gab, geht in ihrer Rolle richtig gut auf. Man kann auch nicht sagen, dass eine Szene schlecht gespielt ist. Zwar kann Dakota zu Beginn der Kinoproduktion nicht überzeugen, aber das liegt an dem Drehbuch. Auch die erfahrenen Leinwandgesichter wie Nicole Kidman, Sam Elliott, Ian McKellen und Daniel Craig liefern eine gute Leistung ab. Im Gegensatz zu vielen deutschen Produktionen sprechen die Akteure mit Elan und Kraft in ihrer Stimme, die Synchronisation kann diese Atmosphäre mit Sicherheit übertragen.

Der Soundtrack, den Alexandre Desplat komponierte, kommt nicht an vergleichbare Hollywoodhymen heran. Denn es fehlt die Unverwechselbarkeit und das Einzigartige, wie das «Forrest Gump», «Indiana Jones» und «Fluch der Karibik» vorhanden ist. Dass Desplat nicht überzeugen kann ist verwunderlich, immerhin arrangierte er die Musik zu «The Queen» und «Syrianna». Technisch ist «Der goldenen Kompass» perfekt, die Spezialeffekte überragen alles bisher da gewesene und auch der fliegende Wechsel der Dæmon wurde gut und fließend inszeniert.

Betrachtet man «Der goldene Kompass» insgesamt, so fällt das Urteil positiv aus, wobei die Produktion einige Schwächen hat. Doch insgesamt ist die Adaption gut gelungen, auch wenn die Verantwortlichen zu viel vom Roman kürzten.

«Der goldene Kompass» ist ab Donnerstag, 6. Dezember 2007, in allen deutschen Kinos zu sehen.
30.11.2007 11:36 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/23771