Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger sorgt einmal wieder für Schlagzeilen. Diesmal wettert er gegen „Scheiß Privatfernsehen“ und die Kinderprogramme von Super RTL und RTL II. Doch weshalb eigentlich?
Wer sich im Online-Lexikon „Wikipedia“ über den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger informieren möchte und auf den Bereich „Kritik und Skandale“ klickt, findet eine lange Liste vor. Gleich acht Mal trat er in mehr oder weniger große Fettnäpfe – und seit dieser Woche kann die Liste um eine weitere Peinlichkeit erweitert werden.
Wohl inspiriert von der momentan hitzig geführten Debatte um Jugendkriminalität in Deutschland soll Oettinger über „Scheiß Privatfernsehen“ gewettert und eine Warnung ausgesprochen haben, die eigentlich sinnloser kaum hätte sein können. „Es gibt Programme, die in einigen Sendern verstärkt kommen, von denen ich erhebliche Gefahren für die Erziehung der Jugend ausgehen sehe“, sagte Oettinger bei einem Neujahrsempfang.
„Ich habe in der Tat mit Super RTL und RTL II zwei Sender angesprochen, bei denen ich eine Zunahme und damit eine für mich schädliche Entwicklung bei der Qualität der gezeigten Sendungen sehe“, gab Oettinger später zu. Doch warum trifft seine Medienschelte ausgerechnet diese beiden Sender, möchte man fragen. Gerade im Fall von Super RTL scheint die Kritik völlig fehl am Platze zu sein. „Oettingers Aussagen sind undifferenziert und unqualifiziert“, sagte Super RTL-Kommunikationschefin Sabine Kreft im Gespräch mit dem Online-Fernsehmagazin Quotenmeter.de.
Angesichts von Serien wie den «Schlümpfen» oder «SpongeBob Schwammkopf» stellt sich die Frage, wie Ministerpräsident Oettinger zu solchen Aussagen kommt. Im Falle des Kindersenders Super RTL gebe es „permanent Kontrollen“, machte Kreft deutlich und verwies zugleich darauf, dass der Jugendschutzauftrag sehr ernst genommen werde. Und in der Tat: In den vergangenen fünf Jahren hat es bei Super RTL keine einzige Beanstandung am Programm gegeben.
„Es tut weh, so etwas zu hören“, so die Kommunikationschefin von Super RTL weiter, die Günther Oettinger gegenüber Quotenmeter.de zugleich ein Gesprächsangebot machte. Der Sender wolle konstruktiv mit dem Ministerpräsidenten sprechen – er müsse jedoch sagen, mit welcher Serie im Programm er Probleme habe. Das dürfte Oettinger allerdings schwer fallen, besticht das Programm von Super RTL doch nun wirklich nicht durch einen hohen Gewaltanteil. Ähnlich verhält es sich im Fall von RTL II, wo man die Aussagen ebenfalls mit Verwunderung zur Kenntnis nahm.
Allmählich wird der Gegenwind für den CDU-Politiker stärker. „Es ist vollkommen unangemessen, den privaten Rundfunk zu beschimpfen und in der Funktion eines Ministerpräsidenten zum Boykott des Privatfernsehens aufzurufen“, sagte der kultur- und medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Christoph Waitz. Über die Landesmedienanstalten könnten problematische Inhalte von Fernsehsendungen des privaten Rundfunks bemängelt und beseitigt werden. Weiterhin sei es „unangemessen, bestimmte private Fernsehsender in die Haftung für Entgleisungen von Jugendlichen zu nehmen“. Dafür trägt die Gesellschaft als Ganzes die Verantwortung, so Waitz weiter.
Oettinger selbst ist inzwischen wieder ein wenig von seiner Sender-Schelte abgerückt und hat die ausdrücklichen Vorwürfe gegen Super RTL und RTL II nicht wiederholt. Doch ein weiterer Eintrag im Bereich „Kritik und Skandale“ ist dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten nach dem sinnlosen Wirbel der vergangenen Tage eigentlich so gut wie sicher.
10.01.2008 10:30 Uhr
• Alexander Krei
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