Seit November 2007 befinden sich die amerikanischen Film- und Serienautoren im Streik. Die Gewerkschaft Writers Guild of America verlangt eine angemessene Vergütung bei der Internetauswertung und eine höhere Bezahlung bei DVD-Verkäufen. Doch die Studios stellten sich bislang immer quer.
Obwohl der Super Bowl die amerikanischen Medien am Sonntag beherrschte, kam Bewegung in den amerikanischen Autorenstreik. Die Schreiberlinge, die für die amerikanischen Fernsehserien und Kinofilme schreiben, setzten sich für eine bessere Vergütung bei DVDs und der Internetauswertung ein. Zumindest die größten Eckpunkte wurden zwischen der Writers Guild of America und dem Verband der Studios geklärt, nun müssen die Parteien die Feinheiten besprechen.
„Es ist noch kein Vertrag unterschrieben“, sagte ein gut informierter Insider dem Branchenblatt Variety, „aber Freitag war ein guter Tag.“ Am Wochenende sollen sich WGA und die Alliance of Motion Pictures & Television Producers mit Anwälten zusammen gesetzt und über das neue Vergütungsmodell gesprochen haben.
Es muss Bewegung in den Autorenstreik kommen, denn Ende Februar findet nicht nur das wichtigste gesellschaftliche Ereignis statt – die Oscar-Verleihung –, sondern der 15. Februar 2008 gilt als Schlüsseldatum für die Pilot-Season. Bislang wurden kaum neue Serien bei den Fernsehstationen eingereicht und kaum ein Pilotfilm für eine Fernsehserie produziert. Deshalb sieht das Herbstprogramm für die Sender sehr mager aus, einziger Hoffnungsträger sind die Studios, die mit der Autorengewerkschaft einen separaten Deal ausgehandelt haben. Beispielsweise unterschrieb Oscar-Gewinner Paul Haggis einen Vertrag mit United Artists, damit er an neuen Filmen arbeiten kann.
Bereits im April 2007 kamen Spekulationen um einen Streik der Autoren auf, doch nicht von allen Produktionsfirmen wurde das Problem erkannt. Gary Scott Thompson, Erfinder und ausführender Produzent der NBC-Serie «Las Vegas» (Bild) ließ seine Mitarbeiter im Sommer durchgehend arbeiten, sodass man auch in dieser TV-Saison eine vollständige Staffel vorweisen kann. Genauso erging es den Mitarbeitern von «Alle hassen Chris», die Serie wurde bereits vor Streikbeginn im November komplett abgedreht.
Mitte Oktober zogen die Produzenten ihren Vorschlag zurück, die Autorenhonorare künftig aufzuschieben, bis die Produktions-, Distributions- und Marketingkosten eingefahren wurden. Die Autoren fürchteten allerdings bei einigen Formaten um ihre Bezahlung und lehnten dieses Vorhaben strikt ab. Obwohl man zu Gesprächen bereit war, konnte eine Arbeitsniederlegung nicht verhindert werden.
Am 05. November 2007 scheiterten die Gespräche zwischen Writers Guild of America und dem Produzentenverband AMPTP. Obwohl ein Schlichter bei den Verhandlungen anwesend war, ging die Alliance of Motion Pictures & Television Producers nicht auf die Autorengewerkschaft ein. Diese kam ihren Arbeitgeber entgehen, indem sie auf eine Erhöhung der DVD-Auswertung verzichten wollte. Außerdem gingen die US-Late-Night-Shows – mit Ausnahme von Ellen DeGeneres – in eine Winterpause. Aufgrund des Autorenstreiks konnten sie keine Eröffnungsmonologe anbieten, die für das Genre selbstverständlich sind.
Zwei Tage später beschlossen die Showrunner der Fernsehserien ebenfalls in den Streik zu treten. „Mir ist klar geworden, dass das Einzige, was ich als Showrunner tun kann, darin besteht, gar nichts zu tun“, teilte der Vorreiter Shawn Ryan in einem offenen Brief mit. Der Produzent von «The Shield» wolle auch keine Aufgaben erledigen, die nicht das Autorengeschäft betreffen. Mit diesem Schritt legte noch eine weitere Gruppe die Arbeit nieder, die Fernsehsender drohten Klagen an, da die Produzenten sich nicht im Streik befinden. Jedoch waren die Ankündigungen der TV-Stationen nur heiße Luft.
Anfang November wurde nicht nur bekannt, dass FOX seine Hitserie «24» verschiebt, sondern auch die Dreharbeiten zu vielen Serien wie «Desperate Housewives», «Two and a Half Men» und «Rules of Engagement» eingestellt wurden.
Den Produzenten Ed Zwick und Marshall Herskovitz wurde ein Angebot unterbreitet, ihre anstehende Internetserie «Quarterlife» ins Fernsehen zu bringen. Das US-Network NBC schlug zu und sicherte sich so sieben einstündige Folgen, mit denen man einen Teil des Programmes stopfen könnte. Wie sich aber später herausstellt, ging NBC als Gewinner des Alternativprogrammes hervor und erreicht mit seinen Sendungen «Deal or no Deal», «American Gladiators», «Medium» und den «Law & Order»-Serien (Bild) sensationelle Einschaltquoten.
Am 12. November schlugen die Showrunner vor, ihre Arbeit aufzunehmen, wenn die AMPTP wieder mit der WGA verhandeln wird. Nach knapp einer Woche wurden verhandelt und Ende November nahmen die Produzenten wieder ihre Arbeit auf. Jedoch gab es erneut keine Einigung bei den Verhandlungen.
Im Dezember stellten die fünf großen Networks ihr Programm für die Wintermonate vor und zeigten, dass man auch gut ohne gescriptete Serien leben kann. Alle Fernsehsender setzten vermehrt auf Reality-Shows, Wiederholungen und Filme. Der Marktführer CBS kündigte den Wechsel der Pay-TV-Serie «Dexter» ins Network-Fernsehen an. Auch NBC denkt an die Übernahme der Serien «Monk» und «Psych» seines Schwestersenders USA Network.
Mitte Dezember ging es richtig heiß her: Die Gewerkschaft der amerikanischen Film- und Fernsehregisseure kündigten eigene Verhandlungen mit dem Verband der Produzenten an. Im Januar kam es zu den Gesprächen und eine Einigung wurde innerhalb von wenigen Tagen erzielt. Noch am selben Tag reichte die Writers Guild of America eine Beschwerde beim Nation Labor Relations Board ein, da man sich gegen ernsthafte Gespräche weigert.
Damit David Lettermann wieder arbeiten kann, setzte er sich um die Weihnachtstage mit der Gewerkschaft zusammen und unterschrieb einen Vertrag, der die Forderungen der Autoren erfüllt. Anfang Januar kehrten nicht nur die von Lettermann produzierten Shows zurück, sondern alle US-Late-Night-Shows.
Die Writers Guild of America verweigerte den Golden Globe Awards eine Ausnahmeregelung, sodass die glamouröse Gala ins Wasser fiel. Die Einschaltquoten bei der Bekanntgabe der Gewinner waren vernichtend und ein herber Schlag für den Fernsehsender NBC. Auch die Oscar-Verleihung sei gefährdet, wobei allerdings in Hollywood kaum ein Star auf das wichtigste gesellschaftliche Ereignis verzichten will.
Mitte Januar kündigte ABC Studios (ehemals Touchstone Television) die Rahmenverträge mit rund 30 schreibenden und nicht-schreibenden Produzenten. Aufgrund des Autorenstreiks seien diese Mitarbeiter derzeit wertlos. Nach einigen Tagen zogen viele weitere Produktionsgesellschaften nach und schmissen dutzende Mitarbeiter raus.
Am 19. Januar ließ die Alliance of Motion Pictures & Television Producers verlauten, dass man wieder ernsthaft verhandeln möchte. Dieses Mal scheinen die Zeichen gut zu stehen, denn ein paar kleinere Film- und Fernsehstudios wie United Artists haben separate Verträge ausgehandelt. Mit einigen Wochen Vorsprung können diese nun neue Serien an die TV-Stationen einreichen. Das Pikante: Es gibt kaum Konkurrenz und die Fernsehsender werden sich um die Serien reißen. So können auch die Autoren an der ausgezeichneten Serie «Mad Men» arbeiten, die erst kürzlich einen Golden Globe bekam.
Derzeit haben die amerikanischen Autoren mit ihrem Streik einen riesigen finanziellen Schaden bei den US-Studios und in der Region von Los Angeles verursacht. Allerdings sympathisieren viele Menschen mit den Schreiberlingen, weil diese die Grundlagen für erfolgreiche Serien und Filme schaffen. Der US-Autorenstreik wird wohl allem Anschein nach in wenigen Tagen beendet sein, nun bleibt abzuwarten, welche Serien in diesem Fernsehjahr noch mit neuen Folgen auf die Bildschirme zurückkehren.
04.02.2008 11:20 Uhr
• Fabian Riedner
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Quelle: Variety, THR, NY Times
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