Die Kritiker: «Private Practice»

Story:
Es gibt Nachwuchs in der Oceanside Wellness Group: Dr. Addison Montgomery hat das Seattle Grace Hospital und damit ihr altes Leben zurückgelassen, um in Los Angeles ein neues Leben zu beginnen. Das Angebot ihrer besten Freundin Naomi Bennett, eine Stelle in ihrer Gemeinschaftspraxis als Gynäkologin anzunehmen, war passend wie nie. Die neuen Kollegen sind überrascht von Addisons plötzlichem Auftritt, denn Naomi informierte die anderen nicht über das neue Teammitglied. Schon am ersten Tag muss Dr. Montgomery unter Beweis stellen, dass sie zu Recht von Seattle nach Los Angeles umsiedelte.

Darsteller:
Kate Walsh («Grey’s Anatomy») ist Dr. Addison Montgomery
Audra McDonald («Law & Order: New York») Dr. Naomi Bennett
Tim Daly («The Sopranos») Dr. Pete Wilder
Amy Brenneman («Für Alle Fälle Amy») Dr. Violet Turner
Taye Diggs («Equilibrium») Dr. Sam Bennett
Paul Adelstein («Prison Break») Dr. Cooper Freedman
KaDee Strickland («American Gangster») Dr. Charlotte King
Chris Lowell («Veronica Mars») William "Dell" Parker

Kritik:
Wer «Private Practice» sieht und ein Spin-Off von «Grey’s Anatomy» erwartet, wird – zumindest optisch – vollkommen enttäuscht sein. «Private Practice» bedient sich an überwiegend warmen Farben und liebevoller Gestaltung der Sets, während bei der Mutterserie die Kulissen recht kühl herüberkommen. Das mag daran liegen, dass das Spin-Off in einer Privatpraxis und nicht in einem Krankenhaus spielt. Parallelen zu dem «CSI»-Franchise sind folglich nicht zu leugnen.

Die Schauspieler machen ihre Arbeit gut – mehr aber auch nicht. Die Akteure leben ihre Charaktere annehmbar aus, es ist nett anzuschauen. Wer aber schauspielerische Leistungen auf Oscar-Niveau erwartet, ist hier fehl am Platze. Am besten performte die Darstellerin einer Episodenrolle – so kurios es klingen mag. Moon Zappa spielt eine psychisch gestörte Verkäuferin, die durch einen Werbespot in ihre Vergangenheit befördert wird. Zappa geht völlig in ihrer Rolle auf und spielt den eigentlichen Hauptcast fast schon an die Wand. Da Quotenmeter.de die nur Originalfassung der ersten Episode vorlag, kann die Synchronisation nicht mit in die Bewertung einbezogen werden.

Die erste Szene, in der sich Dr. Montgomery von ihrem nun ehemaligen Chef verabschiedet und ihm zugleich die Vorzüge der neuen Kollegen als Rechtfertigung herunterbetet, wurde gut gelöst. Jeder der Ärzte der Ocean Wellness Group wird durch kurze Filmchen vorgestellt, Dr. Montgomery charakterisiert sie durch Voice-Over. Somit führt man auch kurz noch einmal die Zuschauer ein, die den Backdoor-Piloten in «Grey’s Anatomy» nicht gesehen haben. Damit ist es auch zweitrangig, ob man nun ein Fan von «Grey’s Anatomy» ist oder nicht.

Drei medizinische Fälle, der Abscheid in Seattle, die Ankunft in der neuen Praxis und folglich auch das Aufeinandertreffen mit den neuen Kollegen – für den eigentlichen Serienpiloten sehr viel Stoff, den man in 45 Minuten abarbeiten muss. Vielleicht wäre der Verzicht auf eine Patientengeschichte sinnvoller gewesen, als dass man mit Ach und Krach drei Geschichten einflechtet. Inhaltliche Parallelen zu «Grey’s Anatomy» sind deutlich erkennbar: Der Stilmix aus Drama und Comedy ist auch hier aufzufinden. Ist die erste Hälfte der Episode überwiegend auf komödiantische Elemente ausgelegt, wurde in der zweiten Hälfte sehr viel auf Dramatik und Gefühl gesetzt. Wie auch bei der Mutterserie: Hier sollte eigentlich für jeden etwas dabei sein.

Fazit: Wer es verpasst, muss nicht unbedingt traurig sein. Hochglanz-TV ist es bei Weitem nicht. «Private Practice» lebt eigentlich nur durch den Status „Spin-Off von «Grey’s Anatomy»“. Als eigenständige Serie ohne starkes Mutterformat hätte die Serie wahrscheinlich nicht den erfolgreichsten Drama-Neustart 2007/2008 hingelegt. Ein Flop ist «Private Practice» dennoch nicht – wie sich die Serie etablieren kann, bleibt abzuwarten. Es ist jedenfalls möglich, dass die weiteren Folgen der ersten Staffel der Serie durchaus einen Schub geben.

ProSieben zeigt die erste Staffel von «Private Practice» immer mittwochs um 22.15 Uhr.
11.02.2008 10:10 Uhr  •  Fabian Böhme Kurz-URL: qmde.de/25287