«Bruce»: Die Stimmen zur Premiere

Unter den zwei Millionen Zuschauern, die am Dienstag die Premiere der neuen ARD-Stylingshow «Bruce» sahen, waren auch einige Beobachter der Medienbranche. Am Tag danach gab sie ihre Meinungen zu Protokoll. Quotenmeter.de fasst die wichtigsten Stimmen zusammen.

Katharina Miklis, stern.de
"Die ersten Tränen fließen nach genau einer Minute. Ausnahmsweise ist es einmal nicht der temperamentvolle Bruce der flennt, sondern Christina. Die junge Wirtschaftsstudentin hat ein Problem und keine Scheu, es der ganzen Welt zu sagen: Ihre Brüste sind zu klein. Nie gucken die Jungs. So beginnt es, das neue Vorabendprogramm in der ARD. Titten, Tränen, Temperamente - Willkommen bei den Öffentlich-Rechtlichen.

[...] Reichen ein paar Tränen für die Quote? Reicht es für die ARD, den trendy Darnell in ein poppiges Loft mit Musikclip-Atmosphäre zu stecken und in gebrochenem Deutsch Sprüche klopfen zu lassen? Bruce Darnell hatte es doch selbst gesagt: "Wahre Schönheit kommt von Innen" - das gilt auch für die ARD."




Andreas Laux, Focus Online
"Der Niveauknicks, den die ARD am späten Nachmittag vor der Werbeindustrie macht und den sie mit «Bruce» unvermindert fortsetzt, muss mittlerweile auch die größten Anhänger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ängstigen. Während des Vorabends – zu der Zeit also, in der die Öffentlich-Rechtlichen Werbung senden dürfen – regiert im Ersten ausschließlich der Boulevard, oft genug die Gosse. Ist das wirklich die einzige Art Fernsehen, die sich auf dem kommerziellen Werbemarkt feilbieten lässt? Falls ja, dann kann das drohende Werbeverbot im gebührenfinanzierten Fernsehen kaum schnell genug kommen. Wer sich fragt warum, sollte «Bruce» schauen."

Tagesspiegel
"Gut, Darnell ist dafür bekannt, dass er immer „Drama, Drama“ will, das hat er schon als Jury-Mitglied bei «Germany’s Next Topmodel» auf ProSieben eingefordert. Aber statt eines großen Überraschungseffekts bekamen die Zuschauer gestern lediglich eine solide Vorher-Nachher-Sendung zu sehen. Christina war einfach schon zu hübsch."

Daniel Haas, Spiegel Online
Auch in seiner Solosendung ist er Samariter und Beichtvater, Heulsuse und Mater dolorosa in einem. Dass die von Selbstzweifeln geplagte Christina eigentlich bildhübsch ist, spielt deshalb keine so große Rolle. In Bruces Stilshow werden die ganz großen Konflikte an die Oberfläche projiziert: Selbstabwertung, Angst, der Verlust von Lebenssinn und -freude.

Dass sich diese Probleme per Make-up und Dessous-Shopping lösen lassen, gehört zum ästhetizistischen Konzept. In einer medialisierten Gesellschaft hängt das eigene Wohlbefinden immer auch vom Image, von einer über Looks und Moden bestimmten Selbstwahrnehmung ab.

[...] Das Schönste: Die Show dauert nur 25 Minuten, ein schneller Beauty-Tipp zum Mitschluchzen und Staunen. Über Bruce Darnell, der Brüste nicht vergrößern muss, um die Grenzen der Vorabendunterhaltung auszuweiten. Für ihn genügen Tränen, softe Sprüche und scharfe Anzüge."

Johanna Merhof, Welt Online
"«Bruce» ist nicht mehr als eine lahme Typberatung, die von Frauenzeitschriften und Frühstückfernsehen bereits seit Jahren am Fließband produziert wird. Der ganze Wirbel im Voraus wirkt im Nachhinein nur noch peinlich und lächerlich. Und davon abgesehen, dass es tatsächlich auch nur mäßig unterhaltsam war, der Beautyberatung beizuwohnen, ist es in einem Punkt sogar ärgerlich. Hier wird Lippenstift mit Lebenshilfe gleichgesetzt und genau die genormte Oberflächlichkeit propagiert, die Darnell in zahlreichen Interviews so vehement abstreitet."
13.02.2008 11:14 Uhr  •  Alexander Krei Kurz-URL: qmde.de/25337