Die Kritiker: «Zukunft ohne Menschen»

Inhalt:
Was würde eigentlich mit der Erde passieren, wenn alle Menschen der Erde auf einmal verschwinden? Die Dokumentation «Zukunft ohne Menschen» gibt auf diese Frage Lösungsansätze. Was passiert mit der zurückgelassenen Welt? Bereits in den ersten Tagen nach dem Verschwinden fällt bis auf wenige Ausnahmen weltweit der Strom aus, da dieser ohne menschliche Eingriffe nicht produziert werden kann. Die U-Bahn Tunnel füllen sich mit Wasser, die zurückgebliebenen Tiere beherrschen nun die Erde. Da den meisten Haustieren das Essen ausgeht, sterben sie.

Nach etwa einem Jahr beginnt die Natur, die Städteeinzunehmen. Fassaden von Häusern werden jetzt bereits durch die unglaubliche Kraft der Wurzeln zerstört. Außerdem gehen nach zwölf Monaten wahrscheinlich in Las Vegas die letzten Lichter aus, die bis jetzt durch Wasserkraft gewonnen werden konnten. Naturkatastrophen greifen ohne menschliche Abwehrsysteme direkt die Städte an, was fatale Auswirkungen hervorruft.

Nach fünf Jahren kommt auf der von dem Menschen scheinbar „perfektionierten“ Erde totales Dschungelfeeling auf. Monumente und Wahrzeichen verschwinden unter riesigen Bäumen und anderen Planzen. In der Gegend, in der zu Zeiten der Menschen noch Straßen waren, sind jetzt riesige, verwucherte Grünflächen zu bewundern.

Bis sich die ehemaligen Riesenstädte in wahre Geisterstädte verwandeln, bedarf es noch ein paar Jährchen. Einige Städte wie London und Amsterdam könnten hypothetisch im Wasser untergehen. Bereits nach 40 Jahren stehen nur noch Stahl- und Steinkonstruktionen, da andere Materialien wie Holz der Verwitterung zum Opfer fielen. Brücken brechen zusammen, Straßen zerfallen und nach ca. 200 Jahren könnte es sogar den Eifelturm erwischen. Nach 1000 Jahren ohne Menschen würde keine einzige Stadt mehr zu erkennen sein, ein einziges Meer aus natürlicher Vegetation hat sich gebildet.

Kritik:
Bei der Betrachtung der spektakulären History Channel-Dokumentation «Zukunft ohne Menschen – Was kommt nach uns?» muss man sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es sich um eine reine Hypothese handelt. Denn bei den atemberaubenden Bildern, die dem Zuschauer geboten werden, fällt es schwer, nicht zu denken, dass es sich um die Realität handelt.

In chronologischer Reihenfolge werden einzelne Stufen abgearbeitet, von dem ersten Tag nach dem Verschwinden der Menschheit bis zu 10.000 Jahre danach. Diese Entscheidung erweist sich als sehr gut, kann der Zuseher doch so genau nachvollziehen, was als erstes zerfallen würde und wie sich die Erde schrittweise entwickelt (Sukzession). Als gegen Ende der Dokumentation noch einmal die Entwicklung zusammengefasst dargestellt wird, kann man nur über die technische Leistung und die hervorragenden Bilder staunen. Diesen Gesichtspunkt betrachtend ist die Produktion, die erst 2008 fertiggestellt wurde, auf dem neuesten Stand.

Besonders positiv hervorzuheben sind die verschieden Sichtweisen. Es wird nicht nur auf das Zusammenstürzen von Gebäuden eingegangen, wie man es von einigen Entertainment-Dokus gewohnt ist, es wird auch zum Beispiel die Entwicklung der Tierpopulation und der Zerfall der „neuen“ Medien (Bücher, CDs, DVDs etc.) behandelt. Dabei erfährt der Zuschauer Erschreckendes: Alte, längst ausgestorbene Kulturen, wussten sich immer über Steinbemalungen und Ähnliches zu verständigen. Doch was ist mit der heute lebenden Gesellschaft? Alle Übertragungsmedien können dem Druck der natürlichen Verwitterung nicht standhalten. Alle Informationen wären gelöscht. Gerade auch diese philosophischen Anspielungen regen dem Zuschauer zum Nachdenken an.

Während der Zuschauer mit einigen interessanten Informationen vom Sprecher bereichert wird, kommen hin und wieder Spezialisten, Professoren und Geologen zu Wort, die kurz Stellung nehmen. Zum Glück sind diese Statements nicht zu ausufernd ausgefallen.

Manche Szenen wirken wie aus einem Spielfilm gegriffen. Das zeugt von einem sehr hohen Produktionsaufwand: Als zum Beispiel die Geisterstadt gezeigt wird, werden einem direkt Bilder aus «Children of Men» ins Gedächtnis gerufen – der Zukunftsvision von Alfonso Cuarón, die im beängstigenden Maße der Dokumentation gleicht. Gut ist ebenfalls, dass hier gar nicht erst die Frage gestellt wird, warum die Menschheit verschwunden ist und was mit ihr passiert ist. Es ist einfach ein Fakt und muss so hingenommen werden. Denn darauf baut schließlich die Dokumentation auf.

Was an der durchaus positiven Wahrnehmung der Dokumentation stört, ist die auf bombastisch getrimmte Musik. Zwar darf man von einer Dokumentation dieser Art keine exzellente Begleitmusik erwarten, dennoch wird des öfteren mit der Musikuntermalung übertrieben: Hauptsache es ist laut und scheppert. Hier wäre weniger mehr gewesen.

The History Channel zeigt «Zukunft ohne Menschen – Was kommt nach uns?» am Samstag, den 05. April 2008 um 20.00 Uhr in deutscher Erstausstrahlung.
03.04.2008 08:30 Uhr  •  Philipp Stendebach Kurz-URL: qmde.de/26404