Late Night ist zurück und Niels Ruf kann mehr Geld ausgeben

Am Freitagabend feiert Sat.1 ein Comeback der besonderen Art: Das Genre Late-Night kehrt zum Berlin Sender zurück. Die Chancen auf einen Erfolg sind möglicherweise jedoch nicht zu groß. Niels Ruf gab sich im Vorfeld im Gespräch mit Quotenmeter.de ziemlich gelassen.

Mehr als dreieinhalb Jahre pausierte ein Genre beim Fernsehsender Sat.1, das ihm in den Jahren zuvor ein unverwechselbares Gesicht gegeben hatte: Das Genre Late-Night, über das immer wieder gesagt wird, es passe überhaupt nicht nach Deutschland. Am 21. Oktober 2004 schloss der damalige Senderchef Schawinski dieses Kapitel, nachdem die Show «Anke Late Night» nur sehr schwache Quoten einfuhr. Einen kleinen Versuch eine solche Sendung zu etablieren, gab es dann aber doch noch einmal: 2007 gingen zwei Testsendungen einer Late-Night-Show-ähnlichen Sendung mit Hella von Sinnen auf den Sender. Wegen mieser Quoten wurde das Konzept aber nicht in Serie geschickt.

Jetzt soll es Niels Ruf richten, der beim Pay-TV-Sender Sat.1 Comedy bereits 49 Episoden seiner eigenen Late-Night-Show produziert hat. Ruf tritt damit in große Fußstapfen. Die Spuren reichen zurück bis ins Jahr 1995 als Harald Schmidt seine Late-Night-Show bei Sat.1 startete. Selbst über Schmidt und dessen Sendung wurde im Nachhinein oftmals nicht allzu gut gesprochen. Dass die Show aus wirtschaftlicher Sicht nie erfolgreich war, war zu hören. Und dass auch die Quoten nur in den allerletzten Tagen zufrieden stellend gewesen waren.

Nun ist die Gage eines Harald Schmidt sicherlich nicht mit der von Niels Ruf zu vergleichen, aber der Komiker und dessen Firma Weltruf müssen sich durchaus auf einen Kampf einstellen. Auf dem Sendeplatz um 23.15 Uhr wird gerne gespart – nicht umsonst setzt Sat.1 um diese Zeit vorwiegend auf billige Dokus oder Wiederholungen. Dies hat allerdings zur Folge, dass die Quoten zu dieser Zeit fast durchgängig weit unterhalb des Senderschnitts liegen. Obwohl diese Werte nicht mehr mit einer derart großen Gewichtung in den Tagesmarktanteil einfließen wie noch um 22.15 Uhr, ist eine erfolgreiche Late-Prime aber recht wichtig für den Erfolg eines großen Fernsehsenders.

Dessen dürfte sich auch Niels Ruf bewusst sein, der vorerst nur einmal pro Woche – nämlich am Freitagabend – auf Sendung gehen soll. Ausgerechnet am Freitag, wo die Zuschauern allem Anschein nach das Lachen fast komplett verlernt haben. „Schon so ein bisschen“ sei er nervös, erklärt der Entertainer im Quotenmeter.de-Interview. „Fühlt sich aber gut an", fügt er hinzu.



Ruf wurde 1973 in Worms geboren und tauchte im Fernsehen erstmals bei VIVA Zwei auf. In seiner Show «Kamikaze» ging es oftmals heiß her. Aus diesem Grund wurde sie recht bald in das Abendprogramm des Senders verschoben. "Seine Interviews und Kommentare nahmen respektlos und derb die aktuellen Hypes und Möchtegernstars aufs Korn und spielten – meist grenzwertig – mit Homophobie und Sexismus" beschreibt das Internetportal "Wikipedia.de" die damalige Sendung. Inzwischen ist der 34-Jährige ruhiger und vielleicht auch anständiger geworden. Seinen ganz speziellen Humor hat er jedoch nicht verloren, wie auch die Quotenmeter.de-Redaktion merkte.

Auf die großen Fußstapfen von Harald Schmidt und Anke Engelke in die er jetzt tritt angesprochen, antwortete der neue Sat.1-Moderator: "Treten ist das falsche Wort. Ich tanze darauf." Selbstbewusstsein pur wenige Stunden vor der Aufzeichnung der 50. Ruf-Show und der ersten, die in Sat.1 gesendet wird. Bislang war seine Show nur bei Sat.1 Comedy zu sehen. Was aber ändert sich im Vergleich zur Pay-TV-Version? "Wir haben jetzt etwas mehr Geld, davon habe ich mir gleich einmal einen neuen Schreibtisch mit eingebautem Aquarium gekauft. Hat ansonsten niemand. Schade, dass man damit nicht vor einem Eiscafé parken kann. Ansonsten gibt es mehr Einspielfilme und die Gäste dürfen sich auch einmal ein Taxi nehmen." Bisher hätte Ruf diese nach jeder Show selbst nach Hause fahren müssen; "da holt man sich ja doch schnell einmal einen Herpes weg", erklärt er.

Unklar ist nach wie vor wie groß das Potential einer Late-Night-Show in Deutschland ist. Man kann davon ausgehen, dass ein Host, der einen breiten Humor trifft, durchaus deutlich zweistellige Marktanteile holen kann. Stefan Raabs «TV Total» zeigt zudem, dass man das Genre Late-Night durchaus auch ein bisschen ausdehnen kann. Seine Sendung kam an diesem Donnerstag auf mehr als 18 Prozent Marktanteil. Welche Chancen räumt Niels Ruf diesem Genre in Deutschland ein? "Als Zuschauer habe ich es immer sehr gemocht, als Moderator macht es auch Spaß. Ich glaube sogar, dass es genug Sender für mehrere, tägliche Late-Nights in Deutschland gibt."

Eine mutige These, die Ruf sogar noch ausführt. Größere, kleinere, nette, fiese, spießige, wilde, brave Sender seien dies. "Die ARD bildet ja offenbar Donnerstags schon zum Late-Night-Host aus - und die wissen ja, wie der Hase läuft", erklärt er in Anspielung auf «Schmidt & Pocher». Auch diese Late-Night-Show läuft nur einmal wöchentlich - und obendrein künftig nur noch 19 Mal pro Jahr. Die klassische Late-Night geht eigentlich vier bis fünf Mal pro Woche auf Sendung. Auf die Frage, ob dieser Rhythmus überhaupt mit dem Terminkalender von Niels Ruf zu vereinbaren wäre, antwortete der Komiker allerdings ausweichend. "Sie brauchen es also täglich, ja? Gefällt mir!" scherzte er im Interview im Quotenmeter.de.

Neben den Quoten, die für eine Ausweitung natürlich oberhalb des Senderschnitts liegen müssen, kämpft Ruf in diesem Punkt aber noch gegen einen anderen Gegner: Nämlich gegen Stefan Raab, der bei ProSieben von Montag bis Donnerstag die Zeitschiene nach 23.00 Uhr mit einer Late-Night-Show belegt. Es ist nur schwer vorstellbar, dass der ProSiebenSat.1-Konzern auf seinen beiden größten Sendern zur gleichen Zeit dasselbe Genre anbieten möchte. Für echte Fans von Late-Night-Shows wäre dies aber wohl der wünschenswerteste Fall: Und gute Quoten sind im Zweifel immer ein überzeugendes Argument. Damit es zur Premiere auch gut losgehen kann, hat sich Niels Ruf Eva Padberg als Gast ins Berliner Studio eingeladen. "Wird also hübsch", verspricht der 34-Jährige. Es ist übrigens nicht der erste Besuch Padbergs im Ruf-Studio. Bereits im Mai 2007 besuchte sie seine Sendung.

Nicht alles wird also neu sein für den Moderator, der den Sprung vom Pay- ins Free-TV wagt. Ob er den Spagat zwischen Kultfigur und Mainstream schaffen wird, ist mehr als fraglich. Und ob seine Sendung Sat.1 wirklich wieder zum Late-Night-Sender Deutschlands macht, ist noch fraglicher. Ein Anfang ist aber jedenfalls durch dieses Experiment gemacht.
18.04.2008 11:15 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/26718