Sonntagsfragen an Guido Bolten

Er hat kabel eins vom klassischen TV-Image weggebracht und stattdessen vermehrt auf Magazine und Reportagen gesetzt: Im Gespräch mit Quotenmeter.de erklärt kabel eins-Geschäftsführer Guido Bolten, wie er zum neuerlichen Sparkurs der Sendergruppe steht und bezieht eine erste Stellung zum enttäuschenden Start der US-Serie «Damages».

Herr Bolten, möchten Sie das Interview mit einer guten oder schlechten Nachricht beginnen?
Mit einer guten.

Gerne. Sie hatten in der vergangenen TV-Saison bei den 14- bis 49-Jährigen exakt die gleichen Werte wie in der Saison 00/01. Neben VOX sind Sie damit der einzige Sender, der sich nicht verschlechtert hat.
Über welchen Zeitraum erstreckt sich für Sie eine TV-Saison? Für uns zählt am Ende der Jahres-Marktanteil - und hier haben wir 2007 mit 5,6 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen einen neuen Rekord aufgestellt. Im Moment liegen wir für 2008 bei 5,2 Prozent - da ist natürlich noch Luft nach oben drin.

Wir nehmen als Maßstab - getreu dem US-Maßstab - die Zeit vom 01. September bis 31. Mai. Kommen wir nun zur schlechten Nachricht: Sie haben bei allen Zuschauern massiv verloren: Von 5,5 Prozent auf 3,5 Prozent. Das ist heftig, oder?
Nein, denn es entspricht genau der Entwicklung, die kabel eins in den letzten sieben Jahren gemacht hat und auch machen wollte - nämlich in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen zu wachsen, dafür aber notgedrungenermaßen einen Teil der über 50-Jährigen zu verlieren. Wir sind Stück für Stück moderner geworden und haben uns längst vom angestaubten Classic-TV-Image verabschiedet. Und so wurden auch unsere Zuschauer eher jünger als älter.

Aus aktuellem Anlass müssen wir über ein eher unangenehmes Thema sprechen. Die ProSiebenSat.1 Group hat kürzlich sehr schlechte Quartalszahlen vorgelegt, Konzernchef Guillaume de Posch hat daraufhin einen weiteren Sparkurs angekündigt. Wie sehr wird der Sparkurs denn kabel eins betreffen? Ihr Primetime-Programm ist bereits eingekauft, dort kann man keinen Rotstift mehr ansetzen. Sind Sie also in der günstigsten Lage der betroffenen Sender?
Sie dürfen beruhigt sein, wir werden an relevanten Sendeplätzen nicht sparen und gleichermaßen unsere Programmressourcen effizient einsetzen. Bei der Programmqualität wird es bei mir keine Abstriche geben.

Aber allgemein: Wir sind der Meinung, Herr Bolten, dass gutes Fernsehen eben auch ein bisschen Geld kostet und man sich nicht zu Tode sparen darf. Sehen Sie das anders?
Effizienz und Kostenbewusstsein stehen nicht im Widerspruch zu hochwertigem Fernsehen. Unser Anspruch wird auch weiterhin sein, die Marke kabel eins auch weiterzuentwickeln.

Und noch etwas Aktuelles: Vergangenen Montag startete bei Ihnen die US-Serie «Damages», die Quoten waren aber wohl gar nicht nach Ihrem Geschmack. Sind Sie enttäuscht?
Natürlich sind wir enttäuscht, hoffen aber, dass die Zuschauer diese großartige, wenn auch nicht leichte Serie noch finden werden.

Arbeiten wir uns einmal von vorne nach hinten durch. Nachmittags zeigen Sie zunächst Sitcoms, die in der geschätzt 30. Wiederholung immer noch Topwerte holen. Erstaunt Sie das?
Es freut uns, weil wir den Zuschauern ihre Lieblingsprogramme bieten können, die sie nach wie vor gerne sehen. Wir sind mit dem durchgehenden Sitcom-Block bis 16.00 Uhr im Moment sehr gut aufgestellt, haben aber natürlich auch ein waches Auge auf die Programmstruktur und optimieren, wenn nötig.

Gibt es für diesen Bereich Nachschub?
Natürlich, keine Sorge. Aber im Moment haben wir hier zum Glück keinen Handlungsbedarf.

Es folgen dann die Nachrichten Ihres Senders. Es verwundert mich ein bisschen, dass Sie als aus dem Info-Bereich Kommender, den Nachrichten keinen prominenteren Sendeplatz geben...
Die Nachrichten läuten bei uns den Vorabend mit allen folgenden eigenproduzierten Formaten ein und haben hier einen guten Sendeplatz. Ich glaube auch ehrlich gesagt nicht, dass die Zuschauer einen «Tagesschau»-Ersatz bei uns suchen würden.

Zumal der ja bei Ihren Kollegen in Berlin auch nicht funktioniert. Wie zufrieden sind Sie denn mit Ihren News?
Ich bin doppelt zufrieden. Zum einen, weil wir mit den «kabel eins News» den ersten Überblick über das Wichtigste des Tages zeigen und mit Inge Posmyk und Norbert Anwander zwei kompetente Moderatoren haben. Und zum anderen, weil die Quoten sich sehr gut entwickeln - wir lagen im April bei einem Schnitt von 5,6 Prozent, das sah vor einem Jahr noch anders aus.

Das Prachtstück ist dann ihre Schiene mit «Abenteuer»-Formaten. Ist in diesem Bereich ein weiterer Ausbau geplant?
Unsere «Abenteuer»-Familie ist seit Jahren erfolgreich, es ist eine feste Marke, die der Zuschauer seit vielen Jahren kennt. Gerade haben wir mit «Abenteuer Weekend» eine weitere Farbe am Wochenende geschaffen, weitere Planungen gibt es aber derzeit nicht.

Leichte Sorgen macht aber Ihr Vorabend. Wie beurteilen Sie momentan die Leistung des «Fast Food Duells»?
Wir liegen hier seit Start im Schnitt bei 5,1 Prozent Marktanteil mit Spitzen bis zu 6,8 Prozent, Tendenz steigend. Ich glaube fest an dieses Format und bin mir sicher, dass wir mit ein paar inhaltlichen Optimierungen hier eine feste Größe am Vorabend etablieren können. Und hier nehmen wir uns auch die Zeit.

Ohnehin: In Ihren Magazinen geht es erstaunlich oft ums Thema Essen. Ist das ein derartiger Trend derzeit in Deutschland?
Ich würde es nicht als Trend bezeichnen, das Thema Essen war und ist schon immer beliebt bei den Zuschauern und ist sehr facettenreich. Das wird sicher auch immer ein beliebtes Thema bleiben, schließlich isst jeder zwischen drei und fünf Mal am Tag.

Vielen Dank fürs Erste. Am kommenden Sonntag spricht Guido Bolten mit uns über «Without a Trace» und die Quotenschwäche der US-Serie. Außerdem nimmt er Stellung zur Absetzung von «Las Vegas» und erklärt, warum er seine Ex-Antenne Bayern-Kollegin Katrin Müller-Hohenstein so sehr schätzt.
04.05.2008 09:43 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/27026