Ein halbes Jahr nach der Ausstrahlung einer umstrittenen «Tatort»-Folge haben sich die Alevitischen Gemeinden vom Vorwurf der Volksverhetzung distanziert.
Als das Erste Ende Dezember vergangenen Jahres die «Tatort»-Folge "Wem Ehre gebührt" ausstrahlte, kam es in der Folge zu hitzigen Diskussionen und Demonstrationen. Kritiker freuten sich darüber, dass Kommissarin Lindholm ein türkischstämmiger Kollege zur Seite steht und werteten den Film vorab als gelungenen Beitrag zur Integrationsdebatte.
Viele in Deutschland lebende Aleviten sahen das allerdings ganz anders: Die Anhänger dieser eher liberalen türkisch-islamischen Glaubensrichtung meinen, sie seien in dem «Tatort» falsch dargestellt worden und protestieren scharf gegen den Film. Inzwischen hat sich die Lage allerdings beruhigt. Gespräche zwischen dem NDR und der Alevitischen Gemeinde wurden forgesetzt. Nun hat man sich auf eine gemeinsame Erklärung verständigt.
Ali Toprak, Generalsekretär der Alevitischen Gemeinden in Deutschland: "Ich konnte mich davon überzeugen, dass der NDR/ARD mit dieser «Tatort»-Folge nicht vorsätzlich Vorurteile nähren wollte. Deshalb distanzieren wir uns vom Vorwurf der Volksverhetzung." Man bedauern es dennoch, dass der «Tatort» dazu geeignet war, ein jahrhundertealtes Ressentiment gegen unsere Glaubensgemeinschaft zu beleben."
NDR-Programmdirektor Volker Herres dankte den Vertretern der Alevitischen Gemeinden für die "ausgesprochen sachlichen und konstruktiven Gespräche". Herres weiter: "Vor dem historischen Hintergrund des Traumas der Verfolgung der Aleviten habe ich Verständnis für die Reaktionen nach der Ausstrahlung und bedaure die seinerzeit aufgetretenen Verletzungen."
In der «Tatort»-Folge sei es keinem der Filmemacher darum gegangen, Gefühle zu verletzen oder Vorurteile gegen die alevitische Glaubensgemeinschaft zu untermauern. Es handele sich bei dieser fiktionalen Darstellung um eine individuelle Tragödie, in der das Motiv der Handlung in keiner Weise einem religiösen Milieu zugeschrieben oder gar generalisiert werde.