Die Kritiker: «Der Mann, dem die Frauen vertrauen»

Story
Er ist Maler und hat einundzwanzig Jahre lang im selben Betrieb zur vollen Zufriedenheit seines Chefs gearbeitet. Was der Chef nicht wusste: Manchmal hat er die Kundinnen nach gewissenhaft erledigter Arbeit erdrosselt. Er ist Mitglied im Fußballverein seines Dorfes, im Schützenverein und im Kegelclub. Er sammelt Briefmarken, spielt Akkordeon und Klavier; bei Weihnachtsfeiern freuen sich alle, dass er selbstverfasste Gedichte vorträgt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Aber er ist ein Frauenmörder.

Er sieht sich selbst als ruhigen und zufriedenen Menschen, der Wert auf Ordnung und Sauberkeit legt. Er tanzt gern, hört am liebsten Volksmusik oder Schlager und liest Heimatromane. Er ist die Hauptperson in einem der spektakulärsten Mordprozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Dabei gesteht er, zwischen 1975 und 1993 sieben Frauen mit bloßen Händen ermordet zu haben. Die Rede ist von Horst David, dem „Würger von Regensburg“. Weder er, noch die renommiertesten Gerichtspsychologen der Bundesrepublik wissen, warum er es getan hat. Er sieht sich nicht als Triebtäter und hat die Taten auch nicht aus Geldgier begangen. Er hat sich nie bemüht, nach den Morden an Prostituierten oder älteren Frauen seine Spuren zu verwischen. Es seien immer „unglückliche Umstände“ gewesen.

Kritik
«Der Mann, dem die Frauen vertrauten» präsentiert in mitreißender Weise einen mindestens siebenfachen Mörder. Hier handelt es sich um eine Doku-Fiction, sprich: Wirkliche und durch Fakten nachweisbare Ereignisse wurden nachgestellt, unterbrochen durch Interviews von Ermittlern, Zeugen und Personen aus dem Umfeld des Horst David. Man folgt den Ermittlern in ihrer Gedankenführung und somit offenbaren sich die Taten, bzw. deren Hintergründe dem Zuschauer erst Stück für Stück, was für eine gewisse Spannung sorgt. Das Problem, wie man einen solchen Stoff präsentieren soll (also als nachgestellten Spielfilm, als reine Dokumentation mit Off-Sprecher, oder eben als Mischform der beiden Gattungen) wurde hier ideal gelöst.

Dem Film ist vor allem hoch anzurechnen, dass man auf Gewaltexzesse verzichtet hat. Wenn David reihenweise Münchner Edelprostituierte erdrosselt, zeigt man das nicht ausschweifend und blutig, sondern so dezent wie möglich. Bei den Taten, sieht man primär fast immer nur Davids Gesicht im Close-Up, also seine Reaktion. Das hängt auch damit zusammen, dass die eigentlichen Verbrechen nicht im Vordergrund der Doku-Fiction stehen, sondern vielmehr die Art und Weise, mit der David mit ihnen umgeht und trotzdem sein bieder-bürgerliches Alltagsleben aufrecht erhalten kann. Psychologisch gesehen ist das eine hoch interessante Frage. Wie kann ein Mensch, der zu solchen Dingen fähig ist, gleichzeitig ein vollkommen „normales“ Leben in der Gesellschaft führen? Eine Frage, auf die der Film keine Antwort gibt. Muss er auch nicht. Diese Denkansätze sollen beim Zuschauer stattfinden und auf psychoanalytische Fachsimpelei wurde verzichtet.

Das Sujet ist packend und zeitlos, die Darstellung überzeugend und man konzentriert sich überwiegend auf das Wesentliche. Nur leider kommt es ab und zu einigen Längen, vor allem in einigen eher redundanten Interviews, in denen zum x-ten Mal Details aus Davids Privatleben geschildert werden. Doch das passiert nicht häufig. Somit ist «Der Mann, dem die Frauen vertrauten» also eine packende Doku-Fiction, die man nicht verpassen sollte.

Die ARD strahlt «Der Mann, dem die Frauen vertrauen» am Freitag, 1. August 2008, um 21.45 Uhr aus.
31.07.2008 13:03 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/28868