Sonntagsfragen an Jeanette Biedermann

Sie ist der neue Telenovela-Star von Sat.1: Jeanette Biedermann, die durch «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» bekannt wurde, spielt darin Anna, das schüchternste Mädchen der Welt. Für Quotenmeter.de opferte sie eine Drehpause und sprach über das neue Projekt, ihre eigenen Erfahrungen mit der Liebe und "Power-Serien-Gucking".

Jeanette, aus aktuellem Anlass dreht sich die erste Frage nicht um «Anna und die Liebe», sondern um den enormen Stress bei der Produktion von täglichen Serien. Christine Klimt verließ «Alles was zählt» wegen eines Burn-Out-Syndroms – sie war dem Druck und etlichen 13-Stunden-Drehtagen nicht mehr gewachsen. Wie bewältigst du so etwas?
Ich glaube, dass da jeder Mensch anders ist. Einer bewältigt das besser, der andere nicht so gut. Jeder hat seine eigene Taktik mit einm solchen Pensum fertig zu werden. Aber es ist natürlich richtig, dass die Produktion einer täglichen Serie einen schon ordentlich einspannt.

Du dürftest diese Situation aber noch von «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» kennen…
Bei «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» war das alles ein bisschen anders. Ich war eine von vielen Hauptfiguren, da wurde man hin und wieder auch ein bisschen entlastet. Ich hatte auch mal eine Woche, in der man nicht ganz so viele Szenen hatte. Bei «Anna und die Liebe» taucht meine Rolle, die Anna, fast in jedem Bild auf. Deswegen sind für mich Drehtage mit einer Länge von 13 oder 14 Stunden die Regel. Die Arbeit bei einer Telenovela ist aber ohnehin anders als bei einer normalen Soap.

Was ist denn anders?
Ich finde, dass eine Telenovela wie ein einjähriger Film ist. Ich habe «Anna und die Liebe» von Anfang an mit begleitet und die Entwicklung meiner Figur genau mit verfolgt. Das war natürlich bei «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» nicht möglich.

Als du gefragt wurdest, ob du bei «Anna und die Liebe» die Hauptrolle übernehmen willst – musstest du da lange überlegen? Immerhin ist es eine große Belastung, andererseits hat Alexandra Neldel durch «Verliebt in Berlin» einen wahren Karrieresprung gemacht.
Das lief ein bisschen anders ab. Sat.1 kam auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, eine neue Telenovela zu drehen. Und dann haben wir gemeinsam begonnen, das Projekt zu entwickeln. Das war für mich eine sehr interessante Erfahrung. Nach «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» habe ich viele Filme gedreht und ich glaube, dass es da Gemeinsamkeiten gibt – nicht umsonst sage ich ja immer wieder, dass eine Telenovela ein einjähriger Film ist. Sie hat aber den Vorteil, viel, viel Platz für die Entwicklung eines Charakters zu lassen. Alle unsere Charaktere haben viel Spielraum, den die Schauspieler ausnutzen können.

Also musstest du nicht sonderlich lange überlegen…
Nein, überhaupt nicht. Eine Telenovela ist sehr interessant, das war mir von vorn herein klar.

Du hast gesagt, dass du mit erlebt hast, wie die Telenovela zu dem geworden ist, was sie am heutigen Tage ist. Welche Ideen und Entwicklungen konntest du selbst mit einbringen?
Das kann man so nicht beantworten. Wir haben immer wieder verschiedene Wünsche geäußert, die die Drehbuchautoren dann so gut wie es ging umgesetzt haben. Das Endprodukt ist aber jetzt nicht ein Werk, an dem Einzelpersonen geschraubt haben, es ist eine Teamarbeit.

Du hattest zuvor schon einmal eine Anfrage bezüglich einer Telenovela bekommen: Eigentlich hättest du die Hauptrolle in «Lotta in Love» spielen sollen. Bist du jetzt froh, dass du damals keine Zeit hattest?
Ich weiß nicht, was geworden wäre, wenn das damals geklappt hätte. Das ist schwer zu sagen, weil ich im Nachhinein nicht über etwas urteilen kann, das ich gar nicht gemacht habe.

Jetzt spielst du die Rolle der Anna Polauke. Dass Anna sehr schüchtern ist, dürfte bereits bekannt sein. Welche Charaktereigenschaften hat sie noch?
Anna ist ein sehr kreativer Mensch. Sie kann toll zeichnen, hat tolle Ideen. Sie ist außerdem ein sehr warmherziger Mensch, der nie intrigiert oder böse Gedanken im Kopf hat – ganz im Gegenteil zu ihrer Schwester. Aber Anna hat auch das Talent, sich immer in irgendwelche Katastrophen zu begeben…

Ich finde, dass Anna ein sehr zartes Mädchen ist, liebevoll und beschützenswert. Wie viel Jeanette steckt denn in Anna? Oder wie viel Anna steckt in Jeanette?
Privat bin ich auch anders als in der Öffentlichkeit. Ich glaube, es wäre seltsam, wenn ich bei einem Auftritt auf der Bühne die ersten drei Lieder vor mich hinstottern würde. Da schlüpft man also auch in eine Rolle. Im Gegensatz zu Anna bin ich zum Beispiel aber überhaupt nicht schüchtern, das ist wirklich an mir vorbeigegangen. In der Pubertät gab es mal eine Phase, wo ich ansatzweise so etwas wie schüchtern war, aber das hielt nicht lange an. Was Anna und mich hingegen verbindet, ist die Kreativität.

Anna ist sensibel. Du auch?
Ja. Ich bin sensibel. Ein guter Schauspieler braucht diese sensible Ader auch, weil er sich sonst nicht so gut in die Gedanken und Gefühle der jeweiligen Rolle hineinversetzen kann.

Für eine Telenovela ist es immer wichtig, auch eine gute Nebengeschichte zu haben – neben der eigentlichen Liebesgeschichte. Welche Story gefällt dir bei «Anna und die Liebe» am Besten?
Das ist ganz, ganz schwer. Das Gesamtkunstwerk macht den Reiz unserer Telenovela aus – es gibt da nicht die eine Geschichte, die so viel besser ist als die anderen. Kein Charakter, kein Handlungsstrang darf fehlen, weil es das Gesamtbild kaputt machen würde. Alles trägt zum Erscheinungsbild von «Anna und die Liebe» bei.

Glaubst du in der heutigen Zeit eigentlich noch an die ganz große, wahre Liebe? An eine Partnerschaft, die ein ganzes Leben lang hält?
Das liegt an einem selbst – ich glaube schon noch daran. Man sollte den Glauben an die große, wahre Liebe nie aufgeben.

In einer Telenovela beginnt die große Liebe immer mit dem sogenannten Magic Moment, der Sequenz, in der das Mädchen den Jungen mit großen Augen anstarrt und sich eben in ihn verliebt. Hast du so etwas in Wirklichkeit schon einmal erlebt?
Ich glaube, dass ich das schon öfter erlebt habe, aber das nimmt man in der Realität nicht so wahr. Es kommt immer wieder vor, dass man einem Menschen begegnet, der einen auf eine ganz bestimmte Art und Weise fasziniert. Ein Mensch, mit dem man mehr Zeit verbringen möchte, den man einfach toll findet. Ich glaube aber, dass erwachsene Menschen dazu neigen, ein solches Gefühl nicht zuzulassen. Als Teenie schwärmt jeder einmal für seinen Prinzen – später ist das anders.

Was eigentlich schade ist…
Das ist aber nicht nur konkret in meinem Fall so: Man hinterfragt solche Gedanken und Gefühle einfach zu viel: Was wäre denn, wenn das eine oder das andere jetzt so ist. Man macht sich auch zu viele Sorgen, warum das jetzt nicht passen könnte.

Da hat man es in der Märchenwelt einer Telenovela schon leichter… begibst du dich privat eigentlich gerne in Serienwelten? Schaust du gerne solche Formate?
Ich habe das Problem, dass ich bei Serien in der Regel nicht mitkomme, weil ich sie nicht regelmäßig sehen kann. Deswegen mache ich an freien Tagen gerne ein „Power-Serien-Gucking“. Ich mag US-Serien wie «King of Queens» oder «Charmed», aber auch deutsche Formate wie «Stromberg» oder «Pastewka». Natürlich habe ich auch «Verliebt in Berlin» so gut wie es ging verfolgt. Und wenn ich mal einen ganz stressigen Tag hatte, dann entspanne ich mich bei einer Folge «Die Waltons».

In Sachen «Verliebt in Berlin»: Warst du eher für David oder Rokko als Lisas Ehemann?
Diese Entscheidung ging ein bisschen an mir vorbei, weil ich in dieser Zeit viel unterwegs war. Ich finde, dass ist Lisas Entscheidung gewesen, da will ich mich nicht einmischen (grinst).

«Verliebt in Berlin» hatte tolle Quoten – das wäre auch für Euch wichtig, weil es ein Kriterium ist, ob ihr weitermachen dürft oder nicht. In wie weit spukt dies schon bei dir im Gedächtnis umher?
Gar nicht. Ich bin ein kreativer Mensch, ich arbeite nicht für Zahlen. Es ist schön, wenn unsere Serie erfolgreich ist, aber ich bin nicht weniger stolz darauf, wenn es nicht so ist. Ich freue mich darüber, was hier alles entstanden ist, mit wie viel Elan die Menschen hier an diesem Produkt arbeiten. Das ist wirklich der Wahnsinn.

Wie verstehst du dich mit deinem „Love Interest“ – deiner großen Liebe in der Serie – die von Roy Peter Link gespielt wird?
Super. Wir verstehen uns hier alle richtig gut. Das Team war schon nach ein oder zwei Wochen abends gemeinsam unterwegs, das ist wirklich klasse. Und es ist auch wichtig für uns, weil wir jetzt ein Jahr oder länger zusammen arbeiten.

Eigentlich wollte ich danach gar nicht fragen – du sagtest gerade aber: „oder länger“ – ist denn eine Fortsetzung über die geplanten 250 Folgen nicht ausgeschlossen?
Mal sehen. Ich lebe in der Gegenwart und schließe eigentlich nie etwas aus. Wir müssen einfach abwarten und schauen, was die Zukunft bringt.

Zum Abschluss noch kurze und knappe Sonntagsfragen, die etwas mehr über dich verraten sollen.
Welches ist dein aktuelles Lieblingslied?

Meine eigenen. Ich komme kaum dazu andere Musik zu hören, da ich gerade mein neues Album aufnehme. Daran kann ich auch nichts ändern: Ich höre zur Zeit nur meine eigene Musik und ich sehe auch nur «Anna und die Liebe» im Fernsehen. Ganz ehrlich: Ich freue mich aber schon wieder auf die Zeit, in der ich als normaler Konsument durch den Plattenladen schlendern kann (grinst).

Welches Set gefällt dir bei «Anna und die Liebe» am Besten?
Ich bin von allen Sets beeindruckt – so etwas habe ich wirklich noch nicht gesehen. Die Architektur ist super interessant. Natürlich bin ich aber Annas Zimmer emotional am Meisten verbunden – es ist einfach am kuscheligsten und die vielen Schneekugeln geben diesem Raum ein ganz besonderes Etwas.

Wo würdest du jetzt am liebsten Urlaub machen?
Boah! Fiese Frage! Du weißt, dass ich erst im nächsten Jahr wieder Urlaub machen kann. Dann ist es mir aber egal wo. Ob auf Mallorca oder sonst wo. Hauptsache ich kann dann schlafen, lesen, essen, baden, schlafen, lesen, essen, baden, schlafen, lesen…

Klang gerade durchaus quengelig. Jeanette, jetzt eine unfiese Frage: Hast du eine Lieblingsfarbe?
Schwarz – aber das ist keine Farbe. Ich mag punk-pink, rot und stechendes blau. Eben alles, was knallig ist.

Hast du ein Lieblingsbuch?
„The Dirt“ - das ist eine wahre Rock’n’Roll-Bibel. Zur Zeit lese ich, wenn ich dazu komme, übrigens „Der Schwarm“ von Frank Schätzing, auch wenn das schon ein bisschen älter ist.

Jeanette, danke für das Interview. Ich wünsche dir alles Gute für die Zeit bei «Anna und die Liebe».
03.08.2008 10:15 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/28913