Die Kritiker: «Gernstls große Deutschlandreise»

Inhalt: 1. Von Sylt zur Elbe

Der Startschuss für «Gernstls große Deutschlandreise» fällt am nördlichsten Punkt Deutschlands, am Ellenbogen auf Sylt.

Dort, wo es doppelt so viele Hotelbetten wie Einwohner gibt, trifft Gernstl "Mallorcamuffel, die auf schlechtes Wetter stehen" und an der Abbruchkante vom "Blanken Hans" - so wird die tobende Nordsee im Volksmund genannt - einen pensionierten Küstenschutzexperten, der nicht glaubt, dass Sylt in den nächsten tausend Jahren aufgrund steigender Meeresspiegel verschwinden könnte.

Vor eisigen Stürmen flüchtet das Team per Autozug nach Nordfriesland. Dort macht Gernstl auf dem Marktplatz in Heide Bekanntschaft mit einer Dame, die Operationsbesteck verkauft und ohne Umschweife klarmacht, dass Männer bei ihr "nur kommen und gehen" dürfen. Obwohl - bei den Bayern "ohne Bauch" könnte sie sich möglicherweise mehr vorstellen.

Um den kleinen Unterschied zwischen Mann und Frau geht es auch auf der Halbinsel Krautsand an der Elbe. Dort lebt ein Bildhauer und Holzschnitzer, dessen Männerfiguren deutlich günstiger sind als das weibliche Pendant - weil "die Frauen eben prinzipiell ein bisschen wertvoller sind".

Kritik
Fast zwei Jahre lang hat die Produktion von «Gernstls große Deutschlandreise» gedauert. Insgesamt wurden fünfzehn Folgen produziert, die eine Fahrt an der Grenze Deutschlands entlang dokumentieren. Das Ergebnis der megaherz-Produktion ist aber enttäuschend. Statt eines interessanten Berichtes über die Landschaften, Grenzen und Leute folgt eine Art „Urlaubstagebuch“. Franz X. Gernstl fährt mit seinem roten Bus durch die Republik und redet mit Menschen – und lässt sich dabei filmen. Dabei geht der Moderator völlig ungewohnte Wege: Die Interviewpartner hocken nicht mal am gleichen Tisch und deshalb ist die Kommunikation nicht gerade einfach. Deshalb stört es irgendwann, wenn der Moderator nachfragt – weil er von seinen Interviewpartnern einfach viel zu weit weg steht.

Auch sonst kann die Produktion des Bayerischen Fernsehen kaum punkten: Schon die Begrüßung auf Sylt geht völlig daneben. Es gibt keine Grußworte, sondern einfach nur eine Aufzählung von Fakten. Vor allem die Eröffnung wirkt amateurhaft, da die Kamera ruckelt und das ganze Szenario an einem Urlaubsfilm erinnert.

Neben dem laienhaften Wortschatz von Gernstl („Wir reisen linksherum“ statt „Die Reise findet gegen den Uhrzeiger statt) lässt der Inhalt stark zu wünschen übrig. Im Vordergrund stehen meist Menschen, die völlig normal sind und nur selten ein beeindruckendes Leben haben. Oftmals werden aber viel zu lange Interviews geführt oder das Grundthema wie ein Hutladen sind langweilig erzählt.

Ein großer Pluspunkt ist natürlich Franz X. Gernstl, der sich in Bayern großer Beliebtheit erfreut. Jedoch wirkt er zeitweise hochnäsig. Aber auch die guten Aufnahmen der Landschaft bringen den bayerischen Bundesbürgern die gesamte Bundesrepublik näher. Doch insgesamt muss man sagen, dass das Ergebnis für zwei Jahre Produktionszeit viel zu mager ist.

Das Bayerische Fernsehen zeigt «Gernstls große Deutschlandreise», 7. August 2008, jeweils donnerstags und samstags um 20.15 Uhr.
05.08.2008 15:04 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/28959