Einfallslosigkeit und Schadenfreude

Autor Alexander Görke sah sich am Dienstag «Elton vs. Simon» an. Die Sendung ist für Görke nicht sehenswert, wie er erzählt.

Christian Ulmen hätte allen Grund dafür, sich über die Programmplanung des Senders mit der roten Sieben zu ärgern. Seine preisgekrönte Serie «Dr. Psycho», in der ersten Staffel nicht gerade Garant für brillante Quoten im Abendprogramm, muss sich bei der aktuellen Staffen mit einem granzwertigen Lead-In-Programm abfinden. Nicht genug damit, dass Gülcan & Co. die Bauernhofidylle zur besten Sendezeit beschmutzen. Im Anschluss daran gerät das ohnehin trudelnde Niveau geradewegs in einen Strudel, welcher es unbarmherzig hinabreisst.

Elton, besser bekannt als der dicke Showpraktikant von Stefan Raab bei «TV Total», und Simon Gosejohann, Sketch-Clown aus der «Comedystreet», messen sich in allerlei Spielchen, irgendwo zwischen harmlosen Verrücktheiten, pubertären Mutproben und dem Dschungelcamp, reloaded. Wer zuerst vier Spiele für sich entscheiden kann, ist der Sieger des Abends und hat die Freude, seinen Gegner einer „Bestrafung“ zu unterziehen. Dieser muss dann in Eiswasser baden oder durch dreckige stinkende Socken gefilterten Kaffee trinken. In der Regel verliert Simon.

Der Zuschauer fühlt sich zeitweilig zurückversetzt in alte «Jackass»-Zeiten, mit der Ausnahme, dass echte Skandale ausbleiben. Wenn rohe Eier um die Wette getrunken werden oder am lautesten gerülpst wird, erinnert das eher an Menschen, denen man sich nach kurzem Kopfschütteln abwendet, als an Amerikanern, die sich kurzerhand ihren Hodensack ans eigene Bein tackern. Moderiert wird der fröhliche, nach Aufsehen lechzende Kindergeburtstag von Johanna Klum, die zwar nett anzusehen, aber grausam in ihrer Unbeholfenheit anzuhören ist. Ihre Moderationsfähigkeiten spielen dabei sogar noch in tieferer Liga als jene von «DSDS»-Moderationsmaschine Marco Schreyl.




Dabei war die Idee von «Elton vs. Simon» nicht grundsätzlich zum Scheitern verurteilt. Bereits vor vier Jahren schickte ProSieben die beiden Chaoten am späten Abend ins Rennen um die Zuschauergunst mit der Frage „Wer kann länger wach bleiben?“. Eine zusammen geschnittene halbe Stunde lang alberten beide herum, bis Simon entschlief und dafür auf einem Grundschulhof übernachten musste. In den letzten Jahren folgten weitere Episoden, in denen es darum ging, am meisten zuzunehmen, abzunehmen oder länger angekettet zu bleiben. Nicht das Spiel selbst, sondern die phantasievolle Umsetzung sorgte für spontane Lacher. Die neue Staffel voller Mini-Spiele hingegen setzt in der doppelten Sendezeit nur noch auf Einfallslosigkeit und Schadenfreude.

An diesem Dienstagabend gab es die übliche Magerkost. Nachdem beide Kontrahenten anstrebten, durch gezielte Würfe möglichst viele Bälle auf dem Klettanzug des jeweils anderen ins Ziel zu bringen, versuchten sie sich in Perücke und Pelz gehüllt als Bordsteinschwalben. Zumindest bot letzteres den beiden die Möglichkeit, allerlei aufgestaute anzügliche Sprüche lustvoll in die Nacht zu prusten. Um endlich die masochistisch veranlagten Zuschauer bedienen zu können, hampelten beide unter einer elektrisch geladenen Limbostange umher. Schließlich, nach dem Besuch einer Stuntschule, wurden elektronische Gitarren in zwei Teile verschlagen, bevor der Sieger des stumpfsinnigen Fünfkampfs einmal mehr Elton hieß. Simon musste zur Strafe mit verbundenen Augen zwischen Mäusefallen und Stacheldraht einen Käse finden.

Sexuelle Anspielungen, Witze über Ostdeutsche, gelangweilte gegenseitige Neckereien, ein zur Schau getragener entblößter Bierbauch – nichts ist zu schlicht, nichts ist neu. Unterhaltungswert? Nahe am Nullpunkt. Spannung? Fehlanzeige. Wer’s mag. Christian Ulmen ist nicht zu beneiden.

06.08.2008 14:12 Uhr  •  Alexander Görke Kurz-URL: qmde.de/28990