Die Kritiker: «Geheime Helfer»

Inhalt
Die Sat.1-Doku «Geheime Helfer» begleitet ein interessantes und innovatives Projekt: Ein reicher Unternehmer namens Christoph Kleuters verwandelt sich in der ersten Folge der Serie für eine Woche in einen Hartz-IV-Empfänger und lernt die Menschen kennen, die wirklich arm sind und im realen Leben Arbeitslosengeld empfangen. Am Ende des Experiments entscheidet der Unternehmer, wem er finanziell unter die Arme greift, um einer Familie den Start in ein mögliches neues Leben zu ermöglichen.

Unternehmer Kleuters, um den sich die Doku dreht, kommt selber aus eher ärmlichen Verhältnissen und lebte auf dem Bauernhof, fing schon als Kind mit harter körperlicher Arbeit an. Er möchte diese Situationen nie mehr erleben. Jahrelang hatte er auch noch als reicher Geschäftsführer die Angst vor dem finanziellen Totalabsturz. In Gelsenkirchen, der Stadt mit der höchsten Arbeitslosenquote in NRW, geht Kleuters auf die Suche nach Familien, die sich trotzdem für die Gesellschaft einsetzen, obwohl sie selbst von Hartz IV leben.

Und nun beginnt auch für Kleuters das Experiment: Ihm stehen ab jetzt nur noch 11,40 Euro pro Tag zur Verfügung – der Satz, mit dem ein Hartz-IV-Empfänger auskommen muss. Als geschiedener langzeitarbeitsloser Buchhalter mit neuer Identität gibt er sich nun aus, um nicht erkannt zu werden. Schließlich lernt Kleuters die Familie Hribernigg kennen. Der reiche Unternehmer erhält einen intimen Einblick in das Leben dieser Menschen. Er ist beeindruckt von der Herzlichkeit und Offenheit der Hriberniggs, die mit ihm trotz ihrer finanziellen Knappheit ihre Mahlzeiten teilen.

In einer nächsten Begegnung als Undercover-Millionär trifft Christoph Kleuters Venetia Horontzas, die ehrenamtliche Leiterin einer Kinder- und Jugendeinrichtung in Gelsenkirchen-Schalke. Er verschafft sich einen Eindruck des Hauses und lernt die Kinder kennen, die Tag für Tag einen Teil ihres Lebens hier verbringen. Am Ende der Woche verwandelt sich Kleuters wieder in den reichen Unternehmer zurück und muss sich entscheiden, wen er finanziell unterstützt. Schließlich muss er die zuvor getroffenen Menschen auch mit der Tatsache konfrontieren, dass er sich mit falscher Identität ausgegeben hat, um einen Eindruck ihres Lebensalltags zu bekommen.

Kritik
Diese Doku lebt natürlich von ihrer einzigartigen und innovativen Idee, die auf dem britischen Originalformat «The Secret Millionaire» basiert. Der Zuschauer wird mitgenommen auf eine Reise, bei der man charismatische und sympathische Menschen kennenlernt, die trotz ihrer finanziellen Engpässe der Gesellschaft helfen. Die Schicksale dieser Leute werden intensiv beleuchtet, was positiv herauszustellen ist, denn es wird weniger darauf eingegangen, wie Kleuters als Harzt-IV-Empfänger selber eine Woche zurechtkommt, sondern eben sehr stark, wie die Familien leben, die er kennen lernt.

Vielleicht eher unfreiwillig offenbart die Dokumentation aber auch die starken sozialen Unterschiede zwischen arm und reich: Während die Hartz-IV-Familie herzlich, offen und menschlich und in starkem Zusammenhalt miteinander umgeht, ist der reiche Geschäftsmann Kleuters zurückhaltend, eher kühl, sachlich und wenig emotional – der eigentlich größte Kritikpunkt an dieser Doku. Dieser Kontrast ist aber die vielleicht wichtigste Erkenntnis, die man als Zuschauer mitnimmt. Am Schluss bleibt eine emotionale und zu fast keiner Zeit langweilige Doku, die auf einer interessanten Idee aufbaut und starke Charaktere beleuchtet. Gutes, für manche Menschen vielleicht aufgrund de perfiden Idee etwas Pietätloses und moralisch inkorrektes Fernsehen, das emotional berührt, aufwühlt und zum Nachdenken anregt.

Sat.1 zeigt die Doku-Serie «Geheime Helfer» immer mittwochs um 20.15 Uhr, wenn keine Champions League-Übertragung gezeigt wird.
23.09.2008 11:47 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/29929